Luftfahrt

GPS-Spoofing:Täuschungsmethode erschwert Piloten die Navigation

Stand
Autor/in
Stefan Troendle
Stefan Troendle, Reporter und Redakteur bei SWR Wissen aktuell und SWR Kultur Impuls.
Onlinefassung
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Eine perfide Täuschungsmethode - das GPS-Spoofing - erschwert Pilotinnen und Piloten zunehmend die Navigation. So nennt man das Aussenden falscher GPS-Signale, das die ursprünglichen Satelliten-Signale überstrahlt. Die Luftfahrtbranche fordert Maßnahmen dagegen.

Aufgrund der Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten haben solche Aktivitäten, die auch Verkehrsflugzeuge vom Kurs abbringen können, in der Nähe von Krisengebieten stark zugenommen.

Das Problem betrifft alle Fluglinien weltweit: insbesondere die, die oft im Nahen Osten unterwegs sind oder in Osteuropa – wie Air Baltic aus Lettland. Dort wissen die Piloten und Pilotinnen, dass in bestimmten Gebieten oft das GPS-Signal ausfällt, das für bestimmte Navigationssysteme gebraucht wird.

Gestörte Navigation: Spoofing überdeckt ursprüngliches GPS-Signal mit falschen Informationen

Es wird gestört, von wem, ist unklar. Jamming heißt, das Signal ist weg – ein Problem, das in der Nähe von Krisengebieten vorkommt und das die Schifffahrt ebenso betrifft. Eine andere Art der Störung ist allerdings viel gefährlicher: Den Piloten im Cockpit wird vorgemacht, sie seien ganz wo anders.

Spoofing bedeutet, dass jemand versucht, Daten mit einem bösartigen Signal zu überdecken, also mit falschen Informationen, um damit falsche Reaktionen auszulösen.

Krištops meint, die Navigationsdaten, die eigentlich vom Satelliten ins Cockpit kommen. Das Problem bei Spoofing: Piloten und Pilotinnen können nur schwer erkennen, ob und wie sie im Cockpit gehackt wurden.

Wenn es wirklich sehr gut gemachtes Spoofing ist, dann weiß der Angreifer, welches Ziel er hat, das heißt er hat sich einen konkreten Flieger ausgesucht. Er weiß die Position des Fliegers und versucht dann, durch gezieltes Verfälschen des GPS-Signals diese Position abdriften zu lassen. Das sind so Attacken: Wenn die wirklich gut gemacht sind, sind die nahezu nicht zu erkennen.

In Krisenzeiten werden Flugzeuge häufig mit GPS-Störsignalen befeuert - sogenanntem GPS-Spoofing. Das stört die Navigation. Flugzeuge können von ihrem ursprünglichen Kurs abgebracht werden.
In Krisenzeiten werden Flugzeuge häufig mit GPS-Störsignalen befeuert - sogenanntem GPS-Spoofing. Das stört die Navigation. Flugzeuge können von ihrem ursprünglichen Kurs abgebracht werden.

Verzögerte Zeitsignale können die Navigation per GPS stören

Weil die Systeme offen und unverschlüsselt sind, können Angriffe auf mehrere Arten durchgeführt werden. Die einfachste Attacke für Spoofing wäre eine sogenannte Replay-Attacke: Ich nehme einfach das Zeitsignal, das ein Satellit aussendet auf und spiele es mit einer gewissen Verzögerung ab. Schon habe ich die Position leicht verfälscht.

Genauso ist aber auch die absichtliche Übermittlung falscher Navigationsdaten möglich. Flugkapitän Jānis Krištops erklärt, was in so einem Fall passiert:

Wenn man sich betroffene Flüge auf einer Plattform wie Flugradar 24 anschaut, dann sieht man, dass die auf einmal weit weg springen, auch wenn sie normal weiterfliegen. Das Flugzeug ist natürlich nicht in der Lage, 240 Meilen in einer halben Sekunde zurückzulegen.

Sogar die digitalen Karten im Cockpit, die moving maps, können dann umspringen.

GPS-Störsignale können die Navigation im Flugverkehr massiv beeinträchtigen. Pilotinnen und Piloten müssen diese Signale erkennen und dürfen sich davon nicht irritieren lassen.
GPS-Störsignale können die Navigation im Flugverkehr massiv beeinträchtigen. Pilotinnen und Piloten müssen diese Signale erkennen und dürfen sich davon nicht irritieren lassen.

GPS-Navigation: Falsche Höhendaten können Piloten und Pilotinnen irritieren

Eine weitere Möglichkeit für Angreifer: Den Cockpitinstrumenten werden falsche Höhendaten übermittelt. Prinzipiell wird die Höhe zwar über den Luftdruck gemessen, aber bestimmte Warnsysteme wie das für Bodenannäherung – wichtig für Flüge im Gebirge – bekommen sie via GPS. Niklas Ahrens erinnert sich an einen Flug über die Emirate:

In Flugfläche 370, das heißt auf elf Kilometern Höhe, schreit das Flugzeug plötzlich „Terrain – Pull Up“ (Boden – Hochziehen) und da ist halt kein Berg, das weiß man. Das Verfahren sagt, wenn man über einer gewissen Flughöhe ist, dann kann da kein Berg sein, dann ignoriere diese Warnung. Das Problem ist, wenn man weiter gespooft wird, dann schreit das System quasi so lange, bis man es ausschaltet oder gelandet ist.

GPS-Spoofing soll durch neue Sicherheitssysteme besser erkannt werden

Und dererlei Attacken nehmen zu. Die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA will die Fluglinien besser schützen.

Wenn ein Flugzeug heute gespooft wird, heute, dann gibt es keine Möglichkeit, das zu entdecken. In naher Zukunft wissen wir aber, wie man das kann.

Zum Beispiel, indem die verschiedenen Navigationssysteme im Cockpit – es gibt mehrere – alle Daten automatisch abgleichen und bei Unstimmigkeiten Alarm auslösen, damit der Pilot oder die Pilotin ein anderes System nutzen kann. Das geht heute teilweise schon – ist aber abhängig vom Flugzeugtyp. Riskant ist Spoofing auf jeden Fall, sagt Cyrille Rosay:

Man könnte sich vorstellen, dass, wenn man so in eine virtuelle Position versetzt wird und nicht aufpasst, das Flugzeug das dann korrigiert, wieder auf den richtigen Kurs will und man dann so unberechtigt in fremden Luftraum eindringt.

Wenn das in der Nähe der iranischen Grenze passiert, kann so etwas tatsächlich gefährlich werden. Der Iran hat bekanntlich schon ein ausländisches Passagierflugzeug abgeschossen. Auch viele andere Spoofing Problemzonen liegen im Nahen Osten vom Irak über Ägypten bis nach Israel.

Es gibt Problemzonen, also Regionen, wo Flugzeuge besonders häufig bei der Navigation mit GPS-Störsignalen gestört werden.
Es gibt Problemzonen, also Regionen, wo Flugzeuge besonders häufig bei der Navigation mit GPS-Störsignalen gestört werden.

Urheber der GPS-Spoofing-Attacken bislang unklar

Wer die falschen Daten verschickt, ist bislang unklar. In Deutschland wären Probleme durch Spoofing undenkbar, sagt Robert Ertler von der Deutschen Flugsicherung. Jedes Verkehrsflugzeug habe mindestens zwei weitere Navigationssysteme an Bord und Fluglotsen würden die Flugzeuge auf dem Radar sehen:

Es ist in genau so einem Fall dann ganz wichtig, dass man dann ein anderes System, was komplett unabhängig von dem läuft, nutzen kann und dann auch eins zu eins darstellen kann, wo man ist und dass man auch lokalisiert wird.

Aber im Ausland gibt es oft keine teuren Funkfeuer, die ein Flugzeug anpeilen kann. Auch die Radarabdeckung lässt zu wünschen übrig. Deswegen setzen EASA und Pilotenvereinigung auf bessere Ausbildung und darauf, dass die verschiedenen Hersteller Gegenmaßnahmen entwickeln. Ein Patentrezept gibt es leider nicht, sagt Cyrille Rosay:

Wir möchten, dass sich die Situation verbessert. Aber ich denke, der beste Weg, die Situation zu verbessern, ist, die Kriege zu beenden – wenn die vorbei sind, verhält sich das GPS wieder normal.

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