Eine neue Studie aus Japan zeigt: Angebote in der Gemeinschaft können im Alter das Risiko von Gebrechlichkeit vermindern und die Gesundheit fördern.
Steigende Lebenserwartung in Deutschland
Die durchschnittliche Lebenserwartung ist in Deutschland in den letzten 60 Jahren um knapp 12 Jahre gestiegen: heute beträgt sie für Frauen durchschnittlich 83, für Männer 78 Jahre. Ein langes Leben bedeutet jedoch nicht automatisch ein gesundes Leben – seit Jahren wächst die Zahl der Pflegebedürftigen, also der Menschen, die wegen gesundheitlichen Beeinträchtigungen dauerhaft Hilfe benötigen.
Mit zunehmendem Alter steigt auch das Risiko schwerer Erkrankungen oder einer Pflegebedürftigkeit. Um das Risiko dessen zu vermindern, hilft es beispielsweise, auf eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung zu achten. Ein Faktor wird jedoch häufig vergessen: die Bedeutung von sozialen Beziehungen.
Professionelle Pflege dient der Prävention
In Deutschland sind um die fünf Millionen Menschen pflegebedürftig – bis zum Jahr 2055 sind laut Berechnungen des Statistischen Bundesamts insbesondere aufgrund einer steigenden Lebenserwartung nochmal rund zwei Millionen mehr zu erwarten.
Laut Prof. Dr. Cornelia Mahler, Direktorin der Abteilung Pflegewissenschaft an der Uni Tübingen ist Prävention eine Kernaufgabe professioneller Pflege von älteren Menschen. Menschen sollen Wege gezeigt werden, wie sie weiterhin ein selbstbestimmtes Leben führen können und Unterstützung für die Umsetzung bekommen.
Im Fokus steht dabei, zu verhindern, dass körperliche und mentale Fähigkeiten zurückgehen – auch als Gebrechlichkeit bekannt. Gerade in rapide alternden Gesellschaften ist es dabei eine wichtige Aufgabe, Gebrechlichkeit zu verhindern und die Unabhängigkeit der Betroffenen so lange wie möglich zu bewahren.
Studie aus Japan untersucht Gebrechlichkeit und Gesundheit
Die weltweit am stärksten alternde Gesellschaft hat Japan. Dort haben Forschende in der Stadt Osaka fünf Jahre lang Daten von Menschen über 65 gesammelt und nach Gebrechlichkeit und Gesundheitsstand ausgewertet.
In ihrer neu veröffentlichten Studie haben sich die Forschenden der Osaka Metropolitan University angeschaut, welche Art der Versorgung den Beginn von Gebrechlichkeit herauszögern kann. Dabei nahmen sie die Daten von Personen, die sich im Übergang zu einem leichten Pflegestadium befanden, und ordneten ihre Gebrechlichkeit im Lauf der fünf Jahre ein. Während ein Teil der Personen gemeinschaftliche Tagesangebote besuchte, hatte der andere Teil einen persönlichen Assistenzdienst, der bei täglichen Aufgaben half.
Das Ergebnis: Persönliche Assistenzdienste konnten das Stadium der Gebrechlichkeit nicht beeinflussen oder verzögern, gemeinschaftliche Tagesangebote das Risiko der Gebrechlichkeit allerdings um bis zu 40% vermindern. Die Forschenden raten deshalb:
Soziale Partizipation & gesundes Altern
Schon 2021 zeigte eine Auswertung derselben Daten: soziale Partizipation fördert gesundes Altern. Vorteile davon, sich in der Gemeinschaft zu engagieren, können über verschiedene Arten des Engagements und der sozialen Teilhabe erreicht werden– von Nachbarschaftsaktivitäten zu Ehrenamt bis hin zu verschiedenen Hobbys.
Wie das soziale Umfeld auf unsere Gesundheit wirkt
Fakt ist: soziale Kontakte haben einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden. Einsamkeit und der Mangel an sozialen Kontakten können auf Dauer sogar krank machen. Nachweislich ist diese Isolation vergleichbar mit der körperlichen Schädigung, die beispielsweise beim Rauchen von täglich 15 Zigaretten entsteht.
Soziale Kontakte im Alter
Soziale Kontakte werden im Alter häufig immer weniger und viele tun sich schwer damit, neue soziale Kontakte zu knüpfen. So hat eine Londoner Langzeitstudie gezeigt, dass erhöhte soziale Kontakte im Alter ab 60 Jahren eine mögliche Demenz verzögern oder sogar verhindern können.
Wer im Alter von 60 fast täglich Freunde trifft, erkrankt um 12 Prozent weniger wahrscheinlich an Demenz als jemand, der nur alle ein oder zwei Monate Freunde sieht – so die Studie. Auch Schlaganfall-Patienten kommen besser mit kognitiven Einschränkungen durch den Schlaganfall zurecht, wenn sie sozialen Gruppen angehören.
Wechselwirkung zwischen Sozialen Kontakten und Bewegung
Die in Japan durchgeführte Studie zeigt aber auch: Wer durch sozialen Anschluss oder soziale Kontakte außer Haus geht und beispielsweise eine Tageseinrichtung besucht, bewegt sich mehr. Dasselbe gilt auch für das Besuchen von Freunden oder Aktivitäten wie Ehrenamt oder Hobbys.
Pflegewissenschaftlerin Cornelia Mahler von der Uni Tübingen betont: „Nicht nur soziale Kontakte sind für die Gesundheit sehr wichtig. Es ist auch die soziale Teilhabe, sich als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen, die in allen Lebensphasen eine hohe Bedeutung für die Gesundheit hat. Gerade für ältere Personen ist es wichtig, einen Grund zu haben, um aus dem Haus zu gehen.“
Ob für mehr Bewegung oder die psychische Gesundheit: Gemeinschaft verbessert das Wohlbefinden - auch und vor allem im Alter.