Neue Untersuchungen zeigen, dass schon prähistorische Tiere Krankheiten und Verletzungen hatten. Durch moderne Technologien können Paläontolog*innen Rückschlüsse auf Körperbau und Lebensweise, aber auch genetische Defekte und Abnormalitäten in der Erscheinung ziehen - und zeigen damit, dass selbst gigantische Landtiere vor Millionen Jahren schon sowas wie Schnupfen hatten.
Gendefekte und Jagdunfälle machten Dinos krank
In einer aktuellen Studie haben sich Forschende der Chinesischen Universität Hongkong die Skelette dreier Abelisauriden angeschaut. Das sind fleischfressende Raubsaurier mit sehr kurzen oder keinen Armen.
Das Forscher-Team untersuchte Fehlbildungen von Schwanzwirbeln und Schienbeinen. Diese entstanden durch angeborene Fehlbildungen oder starke Gelenkentzündungen und haben wahrscheinlich dafür gesorgt, dass sich diese räuberischen Dinos mit Rückenschmerzen herumschlagen mussten.
Solche Fehlbildungen waren überwiegend genetisch bedingt, konnten aber auch durch Umwelteinflüsse während der embryonalen Entwicklung im Ei verursacht werden, wie durch zu hohe Temperaturen oder einen zu geringen Sauerstoffgehalt.
Auch kam es gerade bei fleischfressenden Sauriern zu Knochen- und Kiefernbrüchen, aber auch zu Zahnproblemen, sagt Prof. Dr. Rainer Schoch vom Naturkundemuseum Stuttgart. "Große räuberische Dinosaurier, zum Beispiel Tyrannosaurus Rex, haben natürlich kein ungefährliches Leben geführt. Die mussten große Beute erlegen und haben dabei oft Knochenbrüche erlitten dadurch, dass die sich gewehrt hat." Solche Verletzungen schränkten die Saurier beim Jagen erheblich ein.
Auch ein besonders unglücklicher Hadrosaurier, der in New Jersey, USA entdeckt wurde, litt unter den Folgen einer Verletzung. Der Pflanzenfresser, dessen Art oft als Kühe der Kreidezeit bezeichnet wird, infizierte sich laut einer Studie mit einer bakteriellen Arthritis. Hierdurch bildeten sich Wucherungen am Unterarmknochen.
Methoden der Paläontologie, um Krankheiten festzustellen
Woher aber stammt unser Wissen über solche Details aus dem Leben der Dinosaurier? Paläontolog*innen nutzen hauptsächlich CT-Scans (Computertomographie). Damit werden Bilder von Gewebestrukturen der Fossilien ausgegeben. Genau wie bei CT-Untersuchungen am Menschen werden die Fossilien dabei Röntgenstrahlung ausgesetzt, nur dass die Strahlung wesentlich stärker ist, um durch uralte Gesteinsschichten zu dringen.
Auch mit sogenannten Dünnschliffen der Dinosaurierknochen lassen sich verschiedene Details aus dem Leben des Tieres erkennen: So kann man zum Beispiel sehen, in welcher Lebensphase es war, also zum Beispiel in der Pubertät oder schon älter. Auch ob ein Dino geschlechtsreif war oder nicht, können die Expert*innen in den Knochen der ausgestorbenen Arten ablesen.
Welche Leiden hatten Dinosaurier noch?
- Bei einigen Sauropoden, das waren langhalsige Pflanzenfresser, wurden Spuren von Atemwegserkrankungen festgestellt. Eine Luftsackentzündung führte wohl bei einigen Diplodociden zu Gewichtsverlust, Fieber und Atemnot. Die Sauropoden steckten sich offenbar bei Flugsauriern an. Auch heute noch ist die Luftsackentzündung eine verbreitete Erkrankung bei Vögeln. Immerhin sind die am nächsten verwandt mit den Dinosauriern. Krankheiten, die wir bei heutigen Vögeln finden, sind also eigentlich Dinosaurier-Krankheiten.
- Der in Berlin ausgestellte Tyrannosaurus "Tristan Otto" weist Verdickungen an den Rippen auf. Die könnten durch verheilte Knochenbrüche entstanden sein. Auch sein Gebiss deutet auf Entzündungen im Unterkiefer hin, die Tristan das Jagen zu Lebzeiten erschwert haben könnten.
Evolution der Krankheiten
Um bestimmte Krankheitsbilder festzustellen, reicht manchmal auch schon ein Blick mit dem bloßen Auge. So konnten Prof. Schoch und seine Kolleg*innen bei einer 240 Millionen Jahre alten Ur-Schildkröte eine Form von Knochenkrebs erkennen, die so auch beim Menschen vorkommt. Der Fund lieferte den frühesten Nachweis von Knochenkrebs an einem Landwirbeltier überhaupt. Wie hoch das evolutionäre Alter bestimmter Krankheitsbilder ist, erstaunt oft auch Mediziner*innen.
Weil heute aber nur noch die fossilen Knochen der Dinos untersucht werden können, kann nicht auf Erkrankungen des Weichgewebes geschlossen werden. Über manche Eigenschaften und auch Krankheiten der Saurier wird man also nie etwas erfahren. Auch ob verschiedene Saurierarten anfälliger oder weniger anfälliger für bestimmte Erkrankungen waren, können Forschende nicht genau sagen.
Trotzdem können durch die Zusammenarbeit verschiedener Wissenschaftsbereiche Krankheiten wie Arthritis oder Krebs besser verstanden und eingeordnet werden. Weil die Krankheitsbilder so ähnlich zu heutigen Erkrankungen sind, wird durch diese "Evolution der Krankheiten" deutlich, wie ähnlich sich die meisten Landwirbel- und säugetiere sind.