Tierleid auf Kosten eines sozialen Hypes
Manche Katzen und Hunde werden beispielsweise für bessere Fotos in Frischhaltefolie gepackt oder geschminkt. In sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder YouTube bringt das Klicks und Reichweite.
Doch nicht nur Katzen und Hunde sind davon betroffen, sondern auch Vögel, Hamster und Schildkröten werden zu Hauptdarstellern. Was die Konsumierenden dieser Videos und Bilder möglicherweise unterhaltend und lustig finden, bedeutet für die Tiere selbst nicht selten Tierleid.
Die Videos sind verboten – trotzdem wird es gemacht
Tierrechtler*innen sehen dieses Problem schon länger. Doch obwohl solche Darstellungen verboten sind, landen täglich Millionen neuer Darstellungen im Netz. Mit Social Media hat die Beliebtheit von Tieren in den sozialen Medien zugenommen und damit auch Tierqual. Oft reichen kleine Dinge. Das weiß auch Lea Schmitz, Pressesprecherin beim Deutschen Tierschutzbund:
Manchmal werden auch stolz „nur“ sogenannte Qualzuchten präsentiert. Hunde ohne Schwänze und mit riesigen Lefzen oder Katzen ohne Fell und Tasthaare. "So schläft und schnarcht der Mops", heisst es in einem anderen Video. Mitunter aber wird Tieren vor laufender Kamera auch schlimmstes Leid angetan, bis hin zum Tod durch Ertränken oder Verbrennen.
Doch: Wo hört das harmlose Zeigen von Tieren und deren typisches Verhalten auf und wo fängt Tierqual an? Wiebke Plasse von der Welttierschutzgesellschaft in München ist der Meinung, dass Tiere in Situationen gedrängt und gezwängt, in denen sie sich eigentlich nicht wohlfühlen und das werde belustigend dargestellt:
Drei Formen von Tierleid im Netz
Die Welttierschutzgesellschaft unterscheidet dabei drei Darstellungsformen von Tierleid, die in den sozialen Medien zu finden sind.
Erstens, die eindeutige Tierqual. Das heißt, wenn Tiere absichtlich gequält, ihnen Schaden zugefügt oder sie gar vor laufender Kamera getötet werden. Zum zweiten der sogenannte Verdacht auf Tierleid, bei dem nicht sofort klar ersichtlich ist, ob es sich um Tierqual handelt.
Und zum dritten und damit die häufigste Form: Der respektlose Umgang mit Haustieren. Eine ganz besonders perfide Art der Darstellung, wird dabei immer beliebter: die inszenierte Tierrettung. Vor allem sogenannte Pet-Influencer generieren damit hohe Klickzahlen und Werbeeinnahmen.
Die inszenierte Tierrettung
Bei der inszenierten Tierrettung werden die Tiere in eine Situation gebracht, die so wirkt als seien sie in Gefahr oder kurz vor dem Tod, um dann in einer HeldInnentat gerettet zu werden. Seitens der Nutzerinnen und Nutzer wird das als tolle Story gerne geliked und geteilt. So eine vermeintliche HeldenInnentat lässt sich aber anhand bestimmter Indizien erkennen.
Aufklärung: Tierschutzgesellschaft macht auf Tierquälerei aufmerksam
Die Welttierschutzgesellschaft ist in Sachen Tierquälerei schon seit längerem besonders aktiv. Oft ist es der Schrei nach Aufmerksamkeit, nach Likes und Klickzahlen, die die Nutzerin, den Nutzer, dazu verleiten, solche Videos oder Bilder zu posten. Oft sind es auch sogenannte Challenges, eine Art Wettbewerb im Netz, bereits gepostete Inhalte durch noch drastischere Darstelllungen zu übertreffen.
Nicht selten spielt auch Geld von Sponsoren eine Rolle, die auf hohe Klickraten schielen. Meist ist es aber auch pure Unkenntnis, dass man den Tieren überhaupt Leid antut. Die Welttierschutzgesellschaft hat daher eine Informationskampagne unter dem Titel „Stopp Tierleid in den sozialen Medien“ ins Leben gerufen und auch einen Leitfaden dazu erstellt.
Damit will der Verein zum einen die Sensibilität der Anbieter wie Youtube, Facebook oder Google schärfen, da in deren Regularien Tierleid und -qual bislang kaum eine Rolle spielt. Aber auch die Nutzerinnen und Nutzer sollen umfassend aufgeklärt und informiert werden, Tiere nicht als Schauobjekte zu missbrauchen oder solche Inhalte zu liken. Dennoch müsse auch der Gesetzgeber müsse endlich handeln.
Der Verein fordert Politik zum Handeln auf
Die Welttierschutzgesellschaft sieht auch, dass sich in der Politik etwas ändern muss. Dafür würden sie Mitglieder des Bundestages ansprechen, weil das Thema sehr vielfältig sei und über mehrere Ressorts hinausgehe: „Das betrifft natürlich den Tierschutzbereich, aber auch den rechtspolitischen und netzpolitischen Bereich. Es geht darum, dass die Bundesregierung und der Bundestag entsprechende Gesetzesänderungen einbringt.“
Vor allem müsste der Paragraph 131 des Strafgesetzbuches novelliert werden, fordert Wiebke Plasse, Leiterin der Kommunikation des Welttierschutzes. Dieser verbietet zwar bereits die „verherrlichende oder verharmlosende Darstellung gegenüber Menschen und menschenähnlichen Wesen“ auch im Netz, aber noch nicht gegenüber Tieren. Die Folge der Novellierung: die Netzwerke wären endlich verpflichtet, von sich aus zu prüfen, zu handeln, zu löschen und anzuzeigen. Schon jetzt können aber auch Nutzer selbst tätig werden, wenn ihnen solche Inhalte auffallen. In nahezu allen Netzwerken können Inhalte gemeldet werden.
Wiebke Plasse macht auch noch einmal aufmerksam auf eine Petition, die bereits über 150.000 Menschen unterschrieben haben. Dies sei ein starkes Signal in die Richtung der sozialen Netzwerke.