Egal ob Knie, Rücken, Nervenschmerzen: Chronische Schmerzen betreffen 10-20 Prozent der deutschen Bevölkerung. An der Uni Heidelberg erforscht Rohini Kuner deren Grundlagen: Wie sie entstehen und wie sie möglicherweise behandelt werden könnten. Für diese Arbeit erhält sie den hoch dotierten Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis. Sie und neun weitere Spitzenforscherinnen und –forscher erhalten jeweils 2,5 Millionen Euro, die sie frei verwenden dürfen.
Schmerz hat verschiedene Ursachen
Rohini Kuners Fachgebiet ist die grundlegende Erforschung von chronischen Schmerzen. Eine Schwierigkeit: Chronische Schmerzen haben nicht nur eine Ursache - Schmerz ist nicht gleich Schmerz.
Was sie bei Schmerzen in der Schulter tun können
Schmerzen - ein Alarmsystem des Körpers
Schmerzen haben eigentlich eine wichtige Funktion. Sie sind wie ein Alarmsystem des Körpers. Bei ständigem Fehlalarm jedoch warnt es zwar nicht mehr, es stört nur noch, und zwar massiv. Rohini Kuner und ihr Team versuchen zu verstehen, wie aus dem Schutz eine Krankheit wird. Ein wichtiger Aspekt dabei: Die einzelnen Nerven und das ganze Nervensystem können sich verändern. Ein Beispiel: Bei einer Verletzung schüttet das betroffene Gewebe Signalstoffe aus. Sie zeigen: Hier gibt es ein Problem. Wenn eine Nervenzelle ein Schmerzsignal erkennt, leitet sie diese Information weiter.
Wir spüren Schmerzen. Bei regelmäßigen Schmerzen können sich die Nerven verändern. Sie werden empfindlicher. Zum Teil bleibt das so, auch wenn es nur noch weniger Schmerzsignale gibt. Der Schmerz bleibt stark, weil die Nerven sich verändert haben und sensibler sind. Rohini Kuner untersucht, wie sich das Nervensystem bei chronischen Schmerzen verändert und welche molekulare Mechanismen dahinter stecken.
Portrait der Leibniz-Preisträgerin Rohini Kuner
Wahrnehmung von Schmerzen auch abhängig von psychischen und soziaen Faktoren
Dabei geht es nicht nur um die körperlichen Abläufe bei chronischen Schmerzen: Emotionen, die Psyche und soziale Aspekte entscheiden ebenfalls, wie Betroffene ihre Schmerzen wahrnehmen. Im Sonderforschungsbereich „Chronische Schmerzen“ in Heidelberg arbeiten daher verschiedene Fachrichtungen zusammen. Das Ziel: Die Grundlagenforschung von Rohini Kuner soll einen Nutzen für betroffene Patienten bringen.
Die klinische Forschung könne dann, so Kuner, die in der Grundlagenforschung gewonnenen Erkenntnisse als Basis benutzen, um diese zum Beispiel in Bildgebungsversuche zu integrieren, "um genau herauszufinden auf der individuellen Basis, was für Veränderungen bei dem Patienten vorkommen. "
Rohini Kuner macht nicht Forschung, sie ist Forscherin
Rohini Kuner lebt mit ihrer Familie etwas außerhalb von Heidelberg, sie liebt ihren Garten und ihre Tiere. Dass der botanische Garten direkt neben ihrem Institut liegt, ist für sie ein Glücksfall.
Für Rohini Kuner gab es nie einen anderen Weg als die Wissenschaft. Direkt nach dem Bachelor ging sie für eine Promotion in die USA, um umgehend mit der Forschung beginnen zu können. In den 90ern verschlug es sie nach Deutschland, sie fühlte sich wohl und blieb. Eine Trennung zwischen Arbeit und Privatleben sei nicht möglich, aber auch nicht nötig, so Kuner. Sie mache keine Forschung, sie sei Forscherin.
Leibniz-Preis soll helfen, neue Behandlungsmethoden und Medikamente gegen chronische Schmerzen zu entwickeln
Die Ehrung mit dem Leibnizpreis ist für Rohini Kuner auch eine Anerkennung für ihr Team und das ganze Forschungsfeld. Das Preisgeld gebe ihr die Freiheit, auch langwierige Projekte anzugehen.
Bereits jetzt gebe es spannende neue Ziele für mögliche Medikamente und neue Behandlungsmethoden. Rohini Kuner ist zuversichtlich, dass die nächsten Jahre deutliche Fortschritte bei der Behandlung von chronischen Schmerzen bringen werden.