Je früher eine Krebserkrankung festgestellt wird, desto eher kann man etwas gegen sie unternehmen. Deshalb gibt es in Deutschland eine gesetzliche Vorsorge auf fünf verschiedene Krebsarten: Darm- und Hautkrebs, Brust- und Gebärmutterhalskrebs und Prostatakrebs.
Aktuell wirbt die Versicherungsgruppe HanseMerkur mit einer Versicherungspolice, die einen jährlichen Bluttest auf Krebs enthält. In einer Recherche stößt der BR jedoch auf zweifelhafte Zusammenhänge, etwa was die Aussagekraft einer dem Test zugrundeliegenden Studie angeht. Wie weit ist die Forschung bei Bluttests auf Krebs tatsächlich?
Tests zur Früherkennung müssen viele Anforderungen erfüllen
Um sinnvoll in der Vorsorge eingesetzt werden zu können, muss ein Test zur Früherkennung von Krebs viele Anforderungen erfüllen, sagt Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdiensts am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg:
Der Nutzen eines Tests zur Früherkennung definiert sich laut Weg-Remers dadurch, dass Krebspatienten aufgrund einer rechtzeitigen Früherkennung tatsächlich länger leben. Die gleichen Anforderungen gelten auch für Bluttests zur Krebsfrüherkennung, von denen einige derzeit erforscht werden. Denn Krebszellen hinterlassen Spuren im Blut: Beispielsweise kleine Bruchstücke ihres Erbguts oder veränderte Bausteine der Zellen.
Es gibt bereits vielversprechende Tests
Besonders weit entwickelt ist derzeit der sogenannte Galleri-Test. Der Bluttest soll Tumorzellen von über 50 verschiedenen Krebsarten anhand von Bruchstücken ihres Erbguts erkennen können. In Großbritannien läuft derzeit eine groß angelegte Studie mit 140.000 Freiwilligen dazu. In den USA dürfen Ärztinnen und Ärzte den Galleri-Test sogar schon durchführen.
Ein weiterer Test, dessen Erprobung allerdings noch weniger weit fortgeschritten ist, wurde im vergangenen Jahr von einer schwedischen Forschungsgruppe vorgestellt. Dieser Test soll 14 verschiedene Krebsarten aufspüren können, und zwar anhand von Zuckerbausteinen auf der Oberfläche der Krebszellen. Im Gegensatz zu gesunden Zellen liegen diese in einer veränderten Form vor.
Zeit ist ein entscheidender Faktor bei der Beurteilung der Tests
Um den Nutzen der Tests richtig abwägen zu können, sind allerdings umfassende klinische Studien nötig. Und das braucht Zeit:
Bluttests werden bereits zum Therapiemonitoring eingesetzt
Es gibt jedoch einen Bereich, in dem Krebs-Bluttests bereits jetzt sinnvoll eingesetzt werden können: Nämlich dann, wenn der Krebs schon längst bekannt ist und behandelt wird. Ein Bluttest ist dann ein schnelles und einfaches Mittel, um den Behandlungserfolg zu überprüfen.
Ein solches Therapiemonitoring werde beispielsweise bei Lungenkrebs angewandt, so Weg-Remers. Dabei müsse man den Tumor des Patienten oder der Patienten allerdings bereits gut kennen und den entsprechenden Marker im Tumor und im Blut zuvor schon nachgewiesen haben, erklärt die Heidelberger Krebsspezialistin.
In Zukunft von den Tests profitieren könnten laut Weg-Remers auch Menschen, die ein familiäres Risiko für bestimmte Krebsarten haben. Bei allen anderen Menschen überwiegen derzeit jedoch noch die Nachteile der Tests. Dazu gehört das Risiko eines falsch-positiven Befundes – das heißt, der Test schlägt Alarm, die untersuchte Person hat aber keinen Krebs.
Das hat eine enorme psychische Belastung zur Folge. Doch auch wenn der Test korrekt einen Tumor anzeigt, ist das manchmal problematisch, so die Heidelberger Krebsspezialistin Susanne Weg-Remers:
Bei den Bluttests auf Krebs fehlen noch viele Daten
All diese Nutzen und Risiken müssen gegeneinander abgewogen werden, bevor ein Test zur Krebsfrüherkennung tatsächlich in der Vorsorge zum Einsatz kommt. Bis es bei den Bluttests auf Krebs so weit ist, müssen noch viele Daten gesammelt werden. Krebsspezialistin Weg-Remers sieht in den Bluttests derzeit keine Alternative zur gesetzlichen Krebsfrüherkennung.