Optik

Warum sind Alpenflüsse oft blau oder türkis?

Stand
Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Audio herunterladen (3,9 MB | MP3)

Eigenfarbe des Wassers ist nur bei großen Wassermengen erkennbar

Es gibt zwei Gründe, warum Wasser blau erscheinen kann. Die erste Möglichkeit ist: Das Wasser ist tief und mächtig. Wir denken oft, Wasser ist farblos, aber das stimmt nicht ganz. Wasser hat tatsächlich eine Eigenfarbe, es schluckt tendenziell die roten Lichtanteile und ist deshalb ganz schwach blau. Das macht sich aber nur bei großen Wassermengen bemerkbar – etwa in einem tiefen See oder im Meer. Bei wenig Wasser – etwa dem Wasser in einem Glas oder einer Flasche – macht sich diese Eigenfarbe noch nicht bemerkbar.

Schwebteilchen im Wasser beeinflussen die Flussfarbe

Die Eigenfarbe erklärt deshalb auch nicht die oft blau, manchmal leuchtend türkis-blaue Farbe von Gebirgsflüssen. Die hat eine andere Ursache. In welcher Farbe Flüsse erscheinen, hängt nämlich weniger von ihrer Tiefe ab als von der Zusammensetzung des Wassers, also von den Schwebteilchen, die er mitschleppt. Viele große Flüsse erscheinen eher braun, weil sie viel Schlamm transportieren. Wenn in ihnen Algen leben, bekommen sie oft einen Grünton.

Bewegtes Wasser, Licht und Wellen im Gebirgsbach Soča in Slowenien: In welcher Farbe Flüsse erscheinen, hängt vor allem auch von der Zusammensetzung des Wassers ab, also von den Schwebteilchen, die er mitschleppt.

Gletschermilch sorgt in Gebirgsflüssen für Farbe

Bei Alpenflüssen dagegen ist es oft etwas anders. Sie kommen aus den Bergen, haben eine starke Fließgeschwindigkeit, da bilden sich kaum Algen. Außerdem ist im Flussbett wenig Schlamm, denn wenn sich Schlamm bildet, wird der schnell vom Fluss abgetragen. Deshalb besteht das Flussbett eher aus Kies und Geröll.

Kein Schlamm, keine Algen – dafür enthalten die Flüsse oft etwas anderes, nämlich feinste Gesteinsteilchen, die sogenannte Gletschermilch. Die entsteht, wenn die Gletscher abschmelzen. Die Gletscher in den Hochalpen schieben sich langsam über das Gestein, schleifen es und nehmen dabei kleinste Gesteinspartikel auf. Wenn der Gletscher abschmilzt, entlässt er diese Gesteinsteilchen ins abfließende Wasser und damit in die Flüsse.

Da die Nord- und Südalpen zu einem großen Teil aus Kalksteinen bestehen, enthalten die Flüsse viele solche Kalkteilchen; die meisten sind viel kleiner als die Ton- und Sandpartikel, aus denen sich Schlamm zusammensetzt.

Kalkteilchen im Fluss brechen das Sonnenlicht

Die vielen winzigen Kalkteilchen im Flusswasser brechen nun das einfallende Sonnenlicht. Das weiße Sonnenlicht setzt sich aus den Spektralfarben – den Farben des Regenbogens – zusammen. Aber die einzelnen Farben werden, wenn sie auf Teilchen im Wasser stoßen, unterschiedlich stark gebrochen. Die blauen Lichtanteile brechen am stärksten – und die Folge ist, dass bei denen die Wahrscheinlichkeit am größten ist, dass sie so gebrochen werden, dass sie wieder aus dem Wasser austreten und in unser Auge fallen. Die roten Lichtanteile bleiben dagegen eher im Wasser. Deshalb erscheint im Ergebnis das Wasser blau, oft leuchtend türkis.

Lichtbrechung sorgt für Himmelsblau und verleiht "Blautopf" Farbe

Das Phänomen ähnelt dem des blauen Himmels. Auch das Blau des Himmels kommt von der Lichtbrechnung – das habe ich in der Folge "Warum ist der Himmel blau?" ausführlicher erklärt. Die Erklärung funktioniert analog auch für blaue Gewässer wie die blauen Alpenflüsse – oder den berühmten Blautopf in Blaubeuren. Bei dem kommt sogar beides zusammen: Der ist relativ tief – 21 Meter – und das Wasser enthält viele Kalkteilchen.

Der Blautopf ist eine Karstquelle, das heißt, hier kommt frisches Quellwasser direkt aus der Schwäbischen Alb. Und die besteht auch aus Kalkstein, deshalb sind da so viele Tropfsteinhöhlen. Das Quellwasser nimmt auf seinem Weg durchs Gebirge also jede Menge winzige Kalkteilchen auf – und die verleihen dem Blautopf seine leuchtend blaue Farbe.

Physik Warum ist der Regenbogen ein Bogen?

Man kann das darauf zurückführen, dass Wassertropfen rund sind. Ein Regenbogen entsteht, wenn die Luft leicht neblig ist – und man muss die Sonne im Rücken haben. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Derzeit gefragt

Redewendung Man sagt: "Das kommt mir spanisch vor." Warum nicht italienisch oder französisch?

Als Karl V. im Jahr 1519 zum König von Deutschland gewählt wurde, zog er mit seinem spanischen Hofstaat nach Deutschland. Zur Verwunderung der Deutschen. Karl sprach nicht gern Deutsch und wenn, dann nur mit seinem Pferd. Von Rolf-Bernhard Essig

Linguistik Wie hat sich die Grammatik von Sprachen entwickelt?

Die Sprachentwicklung sieht man anhand von Spuren. Die Vergangenheitsform lautete zum Beispiel früher: "Ich reden tat", die heute zu dem Wort "redete" mit Endung verschliffen ist. Von Gábor Paál. Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Hygiene Wie sollte man Perlatoren und den Duschkopf reinigen?

Kalk ist eine gute Grundlage für mikrobielles Wachstum und schafft eine große Oberfläche. Mit der Säure, die man benutzt, um den Kalk wegzumachen, holt man die Mikroben heraus. Von Markus Egert | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Redensart Warum haben Adelige "blaues Blut"?

Der Ausdruck "blaues Blut" hat seinen Ursprung wohl in Spanien ("sangre azul"). Das hat mit den Adern zu tun, die bläulich durch die Haut schimmern. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Redewendung Woher kommt die Redewendung "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing"?

Minnesänger zogen früher von Hof zu Hof, um mit Singen für ihren Unterhalt zu sorgen. Und da war es besser, den Grafen oder Fürsten, dem der Hof gehörte, nicht zu verärgern. Von Rolf-Bernhard Essig

Sexualität Wie entsteht Homosexualität?

Eine endgültige Erklärung gibt es noch nicht, aber es sieht so aus, dass Homosexualität zwar in gewisser Weise angeboren ist, aber trotzdem nicht direkt vererbt wird. Von Gábor Paál | Dieser Beitrag steht unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Wetter Warum hagelt es meistens tagsüber und nicht nachts?

Theoretisch kann es zwar nachts hageln, aber es ist in der Tat eher selten. Hagel entsteht völlig anders als Schnee. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Sprachgeschichte Woher kommt: "Dem fällt kein Zacken aus der Krone"?

Ursprünglich geht es hier um den Brautkranz. Der Brautkranz ist ja oft mit schönen Steinen oder Perlen geziert. Da galt es als besonders übles Zeichen, wenn ein Stein aus dieser Brautkrone herausfiel. Von Rolf-Bernhard Essig