Archäologie

Wurde Jericho tatsächlich durch Trompeten zum Einsturz gebracht, wie die Bibel sagt?

Stand
Autor/in
Wolfgang Zwickel

Unterschied zwischen Text und Archäologie

Man muss hier unterscheiden zwischen Textuntersuchung und Archäologie: Der Text wurde nicht in der Zeit um 1200 v. Chr. geschrieben, also zurzeit der Landnahme, sondern rund 600 Jahre später. Das sieht man schon allein daran, dass die Grenze Israels am Jordan lag, denn sonst würde das gar nicht nach Jericho verlagert werden. Während es in der Zeit um 1200 auch nur im Ostjordanland Stämme gab, nämlich Gad und Teile von Manasseh und Reuben, sodass die Außengrenze des Stämmeverbundes Israels ganz woanders lag.

Es ist also ein relativ junger Text, der deutlich machen will: Dieses Land ist euch von Gott geschenkt worden. – Bei den archäologischen Grabungen um 1909 in Jericho fand man eine eingestürzte Mauer und sagte: Da sind wir bei Josua, damit haben eine absolute Datierung; das ist 1200 v. Chr. Später hat sich gezeigt, dass man sich um rund 1000 Jahre geirrt hat, denn das ist eine Mauer, die aus der Zeit 2300 v. Chr. stammt, also sehr viel älter ist.

Die Mauern von Jericho. Trümmer der Mauer, entdeckt bei den Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 1909 in Israel
Die Mauern von Jericho. Trümmer der Mauer, entdeckt bei den Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 1909 in Israel

Jericho: in der Zeit der Landnahme unbesiedelt

Jericho war in der Zeit, als die Landnahme stattgefunden hat, überhaupt nicht besiedelt. Es ist ein Ort, der um 1300 v. Chr. aufgegeben wurde und dann erst wieder ab 1100 neu besiedelt wurde.

Diese Texte wollten aber nie historische Texte sein. Wir denken heute immer stark als Historiker. Das war bis zur Aufklärung überhaupt nicht der Fall. Gehen Sie in ein Museum und schauen sich ein Bild an, z. B. eine Geburtsgeschichte, die im 13., 14. oder 15. Jahrhundert gemalt wurde. Da haben Sie die biblische Geburtsgeschichte und dahinter eine italienische Stadt und Maria und Joseph tragen Kleider, die für die damalige Zeit in der Gegen typisch war und keine orientalische Kleidung. Die Leute haben also immer von ihrer Zeit her gedacht und nicht von der Vergangenheit her, weil sie dieses Wissen auch gar nicht mehr hatten.

Also keine Trompeten vor Jericho und auch keine Posaunen.

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Wolfgang Zwickel

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Das Wort kommt aus der hebräischen Bibel, also dem "Alten Testament“, und zwar aus dem zweiten Satz. Der erste lautet bekanntlich: Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. "Bereschit bara Elohim et haSchamaim we‘et ha‘arez“, und dann geht es gleich weiter: va ha‘arez hajita tohu vavohu. Und die Erde war wüst und leer. Dieses "wüst und leer“ ist somit nichts anderes die Lutherübersetzung des biblischen "Tohuwabohu“ ("b“ und "v“ werden im Hebräischen durch den gleichen Buchstaben dargestellt)
"Tohu“ bedeutet so viel wie "leer“, "vohu“ entspricht dem deutschen Begriff öde oder eben wüst. Und das "wa“ heißt einfach nur "und“. Also eigentlich steht da, strenggenommen nicht: Die Erde war wüst und leer, sondern umgekehrt: leer und wüst. Aber die Freiheit hat sich Luther genommen.
Diesen Ursprung des Ausdrucks kennen heute viele nicht mehr – heute ist Tohuwabohu einfach ein Synonym für Chaos – was ja in der Bibel auch gemeint war: Die Welt war völlig unsortiert. Es gab keine Trennung von Land und Wasser, noch nicht einmal von Licht und Finsternis. Das war das Tohuwabohu der Bibel.
Sprachlich interessant ist auch, dass der Bibeltext zwei klanglich ähnliche Wörter verwendet, eben "tohu“ und "bohu“. Das ist ein sprachliches Stilmittel, ein "Homoioteleuton“ – das kennen wir im Deutschen auch in Ausdrücken wie: "Klein, aber fein“, "richtig und wichtig“, "Lug und Trug. Aber diesen Gleichklang von Tohuwavohu ins Deutsche zu übertragen, das hat selbst der sprachverliebte Martin Luther nicht geschafft. Auf "wüst“ reimt sich nun mal nichts Passendes. Wenn man es drauf anlegt, könnte man texten: Die Erde war öde und schnöde … aber das trifft nicht wirklich den Zustand des Tohubabohu. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

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