Verschiedene Parfum-Flaschen stehen auf einem Tisch. Welches Parfum ist am besten?

Synthetisch oder natürlich

Welches Parfum ist das Beste für Mensch und Umwelt?

Stand
Autor/in
Dina Dada
Onlinefassung
Sabrina Reichert

In Parfum können über 100 verschiedene Substanzen stecken. Wie problematisch sind die Inhaltsstoffe für unsere Gesundheit und die Umwelt? Und wie gut sind natürliche Inhaltsstoffe?

Parfum kaufen - wie gefährlich sind die Inhaltsstoffe für uns und die Umwelt? I Ökochecker SWR

Woraus besteht Parfum?

Parfum besteht in der Regel zu mindestens 80 Prozent aus Alkohol. Der Alkohol dient dabei vor allem als Lösungsmittel für die ätherischen Öle und sorgt dafür, dass sich die Duftstoffe besser entfalten können. Das Herz eines Parfums ist jedoch die Duftessenz. Je nachdem, ob es sich um ein Eau de Cologne, Eau de Toilette oder Eau de Parfum handelt, besteht das Parfum aus drei bis 15 Prozent Duftöl. Je mehr Öl, umso kostbarer das Parfum. Denn in diesem Öl sind die Duftstoffe - zum Beispiel aus Kräutern oder Blüten - konzentriert.

Wie wird Duftöl für Parfum gewonnen?

Eine traditionelle Methode, um Duftöl für Parfüm zu gewinnen, ist die sogenannte Wasserdampf-Destillation. Dafür werden beispielsweise Blüten oder Kräuter zusammen mit Wasser in einem Kessel erhitzt bis das Wasser verdampft. Die begehrten Duftstoffe gelangen mit dem Wasserdampf nach oben in das Kühlrohr. Hier kondensiert der Dampf und eine Mischung aus Duftölessenz und Wasser setzt sich ab. Entzieht man dieser Flüssigkeit das Wasser, bleibt die reine Duftölessenz übrig. So lassen sich reine ätherische Öle gewinnen, zum Beispiel aus Lavendel oder Patchouli - einer Pflanze, die oft für Parfum zum Einsatz kommt. Um ein Kilogramm Essenz mit dieser Methode zu gewinnen, werden ca. 150 kg Lavendelblüten und mehr als 300 kg Patchouliblätter benötigt. 

Welche Inhaltsstoffe kann Parfum haben?

Für die Komposition eines Parfums können die Hersteller aus mehr als 3.000 verschiedenen Substanzen wählen. In einem einzelnen Parfum können über 100 verschiedene Substanzen landen. Dabei kommen zum einen natürliche Rohstoffe zum Einsatz, zum anderen aber auch künstlich hergestellte.

Der Bedarf an natürlichen Rohstoffen ist nach wie vor groß, denn es gibt Traditionsdüfte, die seit Jahrzehnten auf die gleiche Art und Weise hergestellt werden. Besonders beliebt sind zum Beispiel Rohstoffe wie Adlerholz, Weihrauch oder türkische Rosenblätter.

Inhaltsstoffe von Parfums

Julia Riedmeier ist Expertin für Luxusmarkenmanagement mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Sie erklärt, worauf beim Kauf geachtet werden kann.

Ein generelles Problem, das sich dabei stellt: Es ist quasi unmöglich mithilfe der Verpackung herauszufinden, woher die genutzten Rohstoffe kommen und welche sich überhaupt in dem Parfum befinden. Während es im Kosmetikbereich gesetzlich vorgeschrieben ist, Inhaltsstoffe vollständig auf die Verpackung zu drucken, muss die Parfumindustrie die einzelnen Zutaten ihrer Duft-Rezeptur nicht offenlegen. Auf der Inhaltsstoffliste müssen nur die Stoffe aufgeführt werden, auf die Menschen negativ reagieren könnten. Dazu gehören Allergene oder UV-Filter.

Wirtschafts-Wissenschaftlerin Julia Riedmeier steht vor einer dunklen Wand. Welches Parfum ist das beste?
Julia Riedmeier weiß: auf Parfum-Verpackungen stehen nicht immer alle Inhaltsstoffe.

Was erlaubt ist und wo die gesundheitsschädliche Wirkung zu groß ist, wird von der EU immer wieder angepasst. Zuletzt beim synthetischen Stoff „Lilial“, der nach Maiglöckchen riecht und mittlerweile verboten ist. Dieser steht in Verdacht, der Fortpflanzung zu schaden. 

Natürliche Inhaltsstoffe von Parfum können gefährdet sein

Natürliche Rohstoffe wie Blütenblätter, Hölzer, Gräser oder Harze zählen zu den ursprünglichsten Inhaltsstoffen von Parfum. Aber mit der Zeit und mit steigendem Bedarf können die Pflanzenarten, die für die Rohstoffe benötigt werden, gefährdet werden, erklärt Riedmeier. Viele der natürlichen Rohstoffe seien sehr umkämpft und nur in fern abgelegenen Gegenden zu finden. Adlerholz - auch als Oud bekannt -gehört beispielsweise zu den gefährdeten Pflanzenarten. Somit ist das Holz laut Riedmeier zwar essenzieller Bestandteil der Parfumindustrie, auf der anderen Seite aber auch gefährdet. 

Das Duftholz Oud entsteht, wenn der Aquilaria-Baum verwundet und mit einem Pilz infiziert wird. Als Abwehrmechanismus produziert der Baum ein süßlich riechendes Harz. Die steigende Nachfrage von Oud führt zu Raubbau in Südostasien, oft wird das Holz illegal gehandelt. Inzwischen sind die Wildbestände nahezu ausgerottet und daher sind sie seit 1995 Teil des sogenannten CITES-Verzeichnisses, ein Naturschutzregister für gefährdete Tiere und Pflanzen. CITES steht für "Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora".

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass sehr viel mehr gefährdete Pflanzen in der Parfumbranche genutzt werden als offiziell bestätigt. Bei dem Boswellia-Baum, der Weihrauch hervorbringt, nahm man zum Beispiel schon 1998 an, er sei gefährdet. Doch noch immer ist er nicht Teil des CITES-Verzeichnisses für gefährdete Arten. Das liegt daran, dass Populationsstudien in abgelegenen, umkämpften Gebieten der Welt oft nicht möglich sind und somit schlicht die konkrete Datenlage zum Bestand des Baumes fehlt.

Die Krone eines Boswellia-Baumes erhebt sich über andere Bäume. Welches Parfum ist das beste?
Der Boswellia-Baum produziert Weihrauch und war vermutlich 1998 schon gefährdet.

Sind synthetische Düfte besser als natürliche?

Die Parfum-Branche experimentiert inzwischen auch immer mehr mit Düften, die frei von gefährdeten Pflanzen sind. Mit dem sogenannten "Head-Space-Verfahren" können natürliche Duftkomponenten beispielsweise im Labor nachgebaut. Dabei wird der Duft einer Pflanze gewonnen, ohne sie zu ernten. Die verschiedenen Moleküle des Dufts werden dabei ausgelesen und schließlich im Labor reproduziert.

Ob synthetische Düfte nachhaltiger sind als natürliche oder nicht, lässt sich so einfach allerdings nicht sagen. Synthetische Stoffe bieten mehr Kreationsmöglichkeiten und gefährden keine Pflanzenarten. Aber auch synthetische Duftstoffe können problematisch sein.

Ein Beispiel: Der würzige Duft aus der Drüse des Moschus-Hirschs darf seit 2003 in der EU nicht mehr verwendet werden, weil die Hirsche nahezu ausgestorben sind. Die künstlichen Alternativen, sogenannte "polyzyklische Moschusverbindungen" stehen aber wiederum im Verdacht, Organschäden auszulösen. Einmal in die Umwelt gebracht, werden sie außerdem nicht wieder abgebaut. In Untersuchungen fand man Spuren davon im Meerwasser nahe der Küste und auch in Flüssen. Einige dieser Stoffe sind bereits auf EU-Ebene verboten worden, andere werden noch überprüft. Sie können also auch weiterhin in Parfums stecken.

Worauf kann bei Parfum konkret geachtet werden?

Julia Riedmeier rät dazu, gezielt nach Informationen zur Nachhaltigkeit und zur Produktionskette der Parfum-Hersteller zu suchen. Außerdem sei es sinnvoll, immer kritisch zu hinterfragen, ob die Aussagen der Hersteller zu natürlichen Inhaltsstoffen und umweltfreundlichen Düften vielleicht nur ein Marketing-Tool sein könnten.

Viele Dufthersteller haben sich 2020 auf eine einheitliche Nachhaltigkeits-Agenda verständigt - die IFRA-IOFI Sustainability Charter / Nachhaltigkeitscharta. Eines der Ziele darin ist, ökologischer zu produzieren, z.B. indem Biodiversität gefördert und nachhaltiger Rohstoffanbau betrieben wird. Das Problem: Die Agenda ist eine Selbstverpflichtung und wird daher nicht extern kontrolliert. Vor allem bei großen Herstellern fehle es deshalb weiter oft an Transparenz.  

Erstes Zwischenfazit: Parfum ist ein flüssiges Gemisch aus vielen Unbekannten und "natürlich" heißt in diesem Fall nicht automatisch auch umweltfreundlich.  

Natürliches und nachhaltiges Parfum in einem?

Der kanadische Parfumeur Ted Young-Ing hat es zu seiner ganz persönlichen Herausforderung gemacht, ein Parfum zu entwickeln, das 100 Prozent natürlich und nachhaltig ist. Laut ihm dauert es normalerweise ein Jahr, bis er ein Parfum kreiert hat. Ted verwendet für seine "Naturparfums" nur direkte Pflanzenextrakte und verzichtet komplett auf künstliche, im Labor generierte Stoffe. Für ihn spiele dabei besonders die Assoziation, die klassische, uns bekannte Düfte in uns wecken, eine Rolle. Außerdem merkt er an, dass Zutaten aus dem Labor viel Müll produzieren.

Ob durch die Nutzung natürlicher Pflanzenextrakte weniger Müll entsteht, lässt sich nur schwer beurteilen. Fakt ist aber: In der konventionellen Parfumherstellung entsteht oft tonnenweise zum Teil toxischer Müll. Und die synthetisch nachgebauten Duftstoffe sind oft erdölbasiert und nicht biologisch abbaubar. 

Die Düfte, die Ted für seine "Naturparfums" nutzt, werden direkt in den Anbauländern extrahiert. Das verkleinere den ökologischen Fußabdruck, weil weniger Rohstoff, weniger Gewicht bis nach Deutschland transportiert werden muss. Und Ted sagt, so bleibe die Lieferkette für ihn möglichst übersichtlich. 

Parfumeur Ted Young-Ing steht in seinem Büro. Welches Parfum ist am besten?
Parfumeur Ted Young-Ing möchte Parfum herstellen, das natürlich und nachhaltig ist.

Manche Pflanzen sind nicht überall gefährdet

Laut eigener Aussage arbeitet Teds Team direkt mit den Kleinbauern und Produzenten zusammen. Dadurch wisse er genau, wie sie Landwirtschaft betreiben, dass sie nachhaltig arbeiten und ihre Arbeiter gut bezahlen.

Das internationale Naturschutzregister CITES erfasst nicht nur gefährdete Arten, sondern zertifiziert auch nachhaltigen und ethisch korrekten Anbau vor Ort. Der geschieht oft in extra angelegten Plantagen, die von Kleinbauern bewirtschaftet werden. Dieser Plantagen-Anbau stellt sicher, dass die verbliebenen Wildbestände der Art geschützt werden. Eine Anbauweise, auf die auch Teds Team setzt.

Er erklärt außerdem, dass bestimmte Inhaltsstoffe in manchen Regionen gefährdet sind, in anderen wiederum nicht. Als Beispiel nennt er den Wacholder. Dieser sei in England gefährdet, in Spanien aber nicht.

Andere gefährdete Stoffe, wie Oud, kommen in Teds Rezepturen gar nicht vor, da es an guten, nachhaltigen Alternativen mangelt.  

Gibt es Bio-Parfum?

Auch wenn Teds Liebe zur Parfumkunst unverkennbar ist - "Naturparfum" ist kein gesetzlich geschützter Begriff. Teds Kundschaft muss also auf sein Wort vertrauen. Die Pflanzen, die er für die Produktion verwendet, sind laut eigener Aussage nur zum Teil bio-zertifiziert. Er lege nicht besonderen Wert auf Bio-Rohstoffe, erklärt der Parfumeur, da es für die meisten Bauern sehr schwierig sei, rein biologisch zu arbeiten und das Ergebnis in seinen Augen nicht unbedingt besser oder nachhaltiger ist. Gleiches gilt bei ihm für den Einsatz von Pestiziden. Ted meint: "… es gibt sehr nachhaltige Wege des traditionellen Anbaus."

Fakt ist: Zertifizierte Bio-Rohstoffe werden ohne chemische Pflanzenschutzmittel gewonnen. Und auch das Züchten von genetisch veränderten Pflanzen ist im Bioanbau verboten. Bio-zertifizierte Parfums sind aber noch eher die Ausnahme - so etwas wie die Nische in der Nische. 

Lohnen sich natürliche Parfum-Alternativen wirklich?

Laut Umweltbundesamt kann das globale Siegel "Cosmos" ein guter Orientierungspunkt sein. Unter diesem Label sind zertifizierte Bio- und Naturkosmetik Parfums zentral organisiert. Sie enthalten garantiert nur Inhaltsstoffe, die von echten Pflanzen gewonnen und nicht synthetisch hergestellt werden. Leider sind auch die nicht alle unbedingt umweltfreundlich.  

Zum Beispiel Orangenschalenöl. Das besteht überwiegend aus dem Stoff Limonen. 

Limonen ist in der internationalen Gefahrstoffverordnung gelistet. Hier heißt es, der Stoff könne allergische Hautreaktionen verursachen. Außerdem sei er sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung. Bedenkliche Stoffe dieser Art müssen auf der Inhaltsstoffliste deklariert werden - sind also auch in Parfums gut identifizierbar. 

Die meisten Naturkosmetik-Siegel verbieten neben synthetischen Inhaltsstoffen auch den Einsatz tierischer Inhaltsstoffe. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann zusätzlich auf die folgenden vier vegan-Labels setzen: Die Veganblume der englischen Vegan Society, den springenden Hasen von cruelty free international, den Hasen mit den rosa Ohren von PETA oder den Hasen mit der schützenden Hand vom Tierschutzbund. Hier sind die Richtlinien und Kontrollen am strengsten. 

Die vier Veganlables von Vegan Society, cruelty free international, PETA und vom Tierschutzbund sind im Viereck angeordnet. Welches parfum ist das beste?
Bei diesen vier Lables sind die Richtlinien am strengsten.

Creme-Parfums und Duftöle

Beim Thema Naturkosmetik stößt man auch häufig auf Creme-Parfums oder Duftöle. Die kommen auch ohne Alkohol aus. Da Alkohol die Haut austrocknet und die Schleimhäute reizen kann, hat das vor allem gesundheitliche Vorteile.

Aber: Der Alkohol für Parfum wird vor allem durch die Vergärung von Mais gewonnen. Für den Anbau des Mais ist wiederum viel Land und Wasser nötig. Daher haben die alkoholfreien Alternativen vermutlich auch einen ökologischen Vorteil. Zu diesen Alternativen gibt es laut Umweltbundesamt allerdings noch keine konkreten Ökobilanzen. Deshalb lässt sich der ökologische Fußabdruck noch nicht final einschätzen. 

Fazit

Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist es nur sehr schwer herauszufinden, was alles in einem Parfum drinsteckt. Nur weil natürliche Rohstoffe verwendet wurden, heißt das leider noch lange nicht, dass der Duft auch nachhaltig ist. Denn die Parfumindustrie trägt dazu bei, dass mittlerweile einige Pflanzen vom Aussterben bedroht sind. Wenn sich grundsätzlich etwas ändern soll, muss sich der Druck auf die Branche erhöhen. Das heißt: Wir können häufiger nachfragen und Informationen bei den Herstellern einfordern. Denn beim Thema Parfum, und das hat sich sehr eindeutig gezeigt, braucht es dringend mehr Transparenz. 

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