Bald im Supermarkt

Neue Siegel für Lebensmittel 2024 – was sie bedeuten und was nicht

Stand

Von Autor/in Janina Schreiber, Tobias Koch

"Herkunftszeichen Deutschland" und "Tierhaltungskennzeichnung" sind neue Lebensmittel-Siegel ab dem kommenden Jahr. Was davon verpflichtend ist.

Fleisch aus guter Haltung – brauchen wir das staatliche Tierwohllabel? I Ökochecker SWR

Wie ging es dem Tier, dessen Fleisch gerade in den Einkaufswagen wandert, zu Lebzeiten? Kriterien, um das zu erahnen, sind unter anderem die Herkunft und die Haltungsform.

Freiwilliges Siegel von Lebensmittelherstellern und -handel

Zum Thema Herkunft gibt es ab 2024 ein neues, freiwilliges Label: Ein kleiner Traktor, auf einem schwarz-rot-goldenen Acker. Drumherum steht in Großbuchstaben: "Gutes aus deutscher Landwirtschaft". Es soll zeigen, wenn ein Produkt komplett in Deutschland hergestellt wurde. Das gilt für Fleisch von Schweinen, Rindern und Geflügel, genauso wie für Obst und Gemüse oder Eier und Milch.

Neben Aldi haben sich auch Rewe, Edeka und die Schwarz-Gruppe mit Marken wie Lidl und Kaufland mit der Land- und Ernährungswirtschaft auf dieses Siegel geeinigt. Es kostet den Einzelhandel Geld - laut Bauernverband aber nur einen geringen Satz. Die Erzeuger erhoffen sich für Produkte mit dem Siegel eine höhere Zahlungsbereitschaft der Kunden.

Verwirrung durch viele verschiedene Siegel für Lebensmittel

In deutschen Supermärkten gibt es bereits zahlreiche Siegel auf Verpackungen. Eines der bekanntesten dürfte das Label "Haltungsform" sein – von Stufe 1 bis 4. Neben diesem farbigen Label, das der Handel freiwillig bereits vor Jahren eingeführt hatte, gibt es in Zukunft ein schwarz-weißes, staatliches Label. Es wird bereits 2024 zu sehen sein, ab Herbst 2025 ist es dann verpflichtend - allerdings zunächst nur für frisches, unverarbeitetes deutsches Schweinefleisch.  

Stufe 1 ist Mindeststandard mit wenig Platz, kaum Tageslicht. Stufe 5 ist Bio, dazwischen gibt es Varianten mit mehr Platz, mehr Licht und bei Stufe 4 auch Auslauf. Bisher ist die Angabe der Haltungsform für Schweinefleisch aus deutscher Produktion noch freiwillig, ab September 2025 Pflicht - und die Angaben sollen auch überprüft werden. Produkte aus anderen EU-Ländern oder Drittstaaten können aber freiwillig gekennzeichnet werden.

So sieht die staatliche Tierhaltungskennzeichnung aus.
So sieht die staatliche Tierhaltungskennzeichnung aus.

Kritiker: Siegel bedeutet nicht mehr Tierwohl

Leonie Nette von der deutschen Umwelthilfe empfiehlt Verbrauchern, denen Tierschutz wichtig ist, auf Bio-Produkte zu setzen. Sie weist außerdem darauf hin, dass bei der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung ab 2025 nur die Haltung überprüft werde, nicht aber die Fütterung, Schlachtung und der Transport.

Das ist etwas, was private Siegel auszeichnen. Das staatliche Tierwohlsiegel schafft in erster Linie eine Vergleichbarkeit, trotzdem können private Siegel noch einen Mehrwert in den Produkten schaffen.

Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geht es bei dem staatlichen Siegel darum, die Verbraucherinnen und Verbraucher neutral über die Haltungsform der Tiere zu informieren. Es handele sich nicht um ein wertendes Label.

Andreas Winkler vom Verein Foodwatch kritisiert den reinen Informationsgehalt auch beim privaten "Herkunftszeichen Deutschland". Es bedeute nicht zwangsläufig mehr Tierwohl - auch wenn die Fleisch- und Lebensmittelindustrie das gerne so verkaufe:

Tiere leiden in deutschen Ställen genauso unter Schmerzen und Krankheiten wie Tiere in anderen EU-Ländern. Also 'Herkunft Deutschland' ist bei der Tierhaltung mitnichten ein Qualitätssiegel.

Weinheim

Kennzeichnungspflicht ab Herbst Tierwohllabel für Schweinefleisch: Aufwand für Weinheimer Landwirt

Ab Herbst soll Schweinefleisch aus der Massentierhaltung gekennzeichnet werden. Für einen Weinheimer Landwirt bedeutet das einiges mehr an Aufwand - und wird teuer, sagt er.

Ernährungsreport 2023: "Gemüse und Obst bleiben billiger als Fleisch"

Was kaufen und was essen wir? Dazu hat das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft den Ernährungsreport 2023 vorgestellt. Früher galt: Wem wenig Geld für Essen zur Verfügung steht, ernährt sich automatisch weniger gesund. Der Präsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner, Prof. Johannes Georg Wechsler, sieht dabei jetzt eine positive Änderung. "Es ist eine Trendwende in den Supermärkten erkennbar, nämlich dass Produkte zuckerärmer werden und Preise angepasst werden. Trotzdem brauchen wir weiterhin Aufklärung. Und ich bin dem Ministerium sehr dankbar, darauf hinzuweisen, dass Gemüse, Obst und Salat immer noch billiger sind als Fleisch", so Prof. Wechsler. Dass sich trotzdem immer noch viele Menschen für fleischreiche Fertiggerichte entscheiden, ist für ihn kein Zeichen von Faulheit. "Es ist eher eine Gewohnheit der Menschen. Und man darf nicht vergessen: Es war auch mal ein Luxus, sich Fleisch leisten zu können", meint der Internist. Wieviel sich inzwischen bei der Kennzeichnung von Lebensmittel getan hat, erklärt Prof. Wechsler im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Stefan Eich.