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Die Zukunft der Zoos – Tierrechte und Artenschutz im Konflikt

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Marc Bädorf
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Luca Sumfleth
Candy Sauer

Ein großes Gehege für Giraffen, Elefanten und Zebras, ohne Gitterstäbe, eine Schirmakazie - und schon fühlen sich die Besucher wie in der afrikanischen Savanne. Die Tiere auch?

Zoos: wollen Bildungseinrichtung sein und Artenschutz betreiben

Giraffen, Raubkatzen, Elefanten oder Eisbären sind die große Attraktion der Zoos und locken zahlreiche Gäste an: Der VDZ, der Verband der Zoologischen Gärten, berichtete vor der Covid-19-Pandemie von stetig steigenden Besucherzahlen. Auch 2019 war ein Rekordjahr. Drei von vier Familien geben an, mindestens einmal im Jahr in den Zoo zu gehen.

Der Zoo soll allerdings nicht nur unterhalten. Besucher schätzen ihn als Bildungseinrichtung und auch für seine Rolle im Artenschutz genießt er einen guten Ruf. Letzteres sei so bedeutend, dass viele Zoos selbst vor dem Vergleich zur Arche Noah nicht scheuen. Experten und Expertinnen sind sich über den Wert der Zoos beim Schutz bedrohter Arten in einigen Aspekten zwar uneinig. Eine sakrale Bedeutung kommt den Zoos allerdings nicht zu.

Menagerien: Zoologischer Vorläufer für die Elite

Dass das Ausstellen von Tieren breite Bevölkerungsschichten begeistern soll, war nicht immer so. Elefanten und Löwen wurden bereits im Mittelalter in sogenannten Menagerien gehalten, doch waren diese an Adelssitze angeschlossen und nur höheren Schichten zugänglich. Im 19. Jahrhundert öffneten sich dann die ersten Zoologischen Gärten für das Bürgertum. An das Wohl der Tiere wurde damals wenig gedacht.

Auch heute wird die Haltung nach wie vor bemängelt. Die Tierschutzorganisation PETA kritisiert die Haltung sogar grundsätzlich, spricht von „Gefängnissen für Tiere“, in denen die Entwicklung zahlreicher Verhaltensstörungen nachgewiesen sei.

Ein Tiger im Zoologischen Garten Berlin. Das Foto stammt aus dem Jahr 2005 – heute haben sich die Bedingungen für die Tiere in Zoos oft verbessert. Kritiker bemängeln dennoch, eine artgerechte Haltung sei grundsätzlich nicht möglich, die Tiere entwickeln Verhaltensstörungen.
Ein Tiger im Zoologischen Garten Berlin. Das Foto stammt aus dem Jahr 2005 – heute haben sich die Bedingungen für die Tiere in Zoos oft verbessert. Kritiker bemängeln dennoch, eine artgerechte Haltung sei grundsätzlich nicht möglich, die Tiere entwickeln Verhaltensstörungen.

Artgerechte Haltung durch Investitionen? Zoos treiben Modernisierung voran

Die Zoos hingegen berichten vom großen Wandel. Die Zeiten vom gekachelten Raum, in dem das traurige Tier von links nach rechts tigert, seien heute vorbei. Große Modernisierungsprojekte wurden in den letzten Jahren aufgefahren, um die Gehege möglichst tiergerecht  und naturnah zu gestalten. Allein der Leipziger Zoo investiert mit Unterstützung des Freistaat Sachsens im Zeitraum vom Jahr 2000 bis 2025 etwa 250 Millionen Euro. Mit der Gestaltung möglichst naturnaher Gehege will man für Artenschutz begeistern, erklärt der Präsident des VDZ Jörg Junhold. Auch die Kulturkreise, aus denen die Tiere kommen, sollen vermittelt werden. Schließlich, so Junhold, habe der Zoo einen gesellschaftlichen Bildungsauftrag.

Auf der 6.000 Quadratmeter großen Kiwara-Savanne im Leipziger Zoo versammeln sich Spitzmaulnashörner, Geparden und Stachelschweine. Das Gehege soll dem natürlichen Habitat der Tiere möglichst nahe kommen. Kosten: 7,3 Millionen Euro.
Auf der 6.000 Quadratmeter großen Kiwara-Savanne im Leipziger Zoo versammeln sich Spitzmaulnashörner, Geparden und Stachelschweine. Das Gehege soll dem natürlichen Habitat der Tiere möglichst nahe kommen. Kosten: 7,3 Millionen Euro.

WWF sieht in Kooperation mit Zoos Potenzial für Auswilderung bedrohter Arten

Der WWF unterstützt dieses Vorhaben und kooperiert mit dem VDZ. Die Idee: Wer sich im Zoo von den gezeigten Tieren begeistern lässt, ist auch bereit, für Artenschutzprogramme zu spenden. Erfolge wurden bereits verzeichnet. Der Umweltschutzorganisation gelang die Auswilderung mehrerer in zoologischen Gärten geborener Wisente. Ein anderer bekannter Fall: Das Przewalski-Pferd, das über mehrere Jahrzehnte ausschließlich in Zoos überleben konnte und heute wieder durch die freie Wildbahn trabt.

Kritiker sehen im Artenschutz keine Rechtfertigung für die Haltung

Andere Stimmen zeichnen ein weniger positives Bild. PETA kritisiert, dass staatliche Subventionen für Zoos falsch platziert sind. Sie könnten vor Ort eine viel größere Wirkung für den Artenschutz haben. Vor allem beliebte Tierarten wie Bären oder Orang-Utans verlieren in Gefangenschaft ohnehin ihre Instinkte und sind somit nach der Auswilderung gar nicht überlebensfähig.

Auch Volker Sommer, Anthropologe vom University College London, hält die Leistung der Zoos im Artenschutz für überschaubar. Die Bilanz der letzten 50 Jahre: Im Schnitt konnte eine Art pro Jahr vor dem Aussterben bewahrt werden. Das macht nach Schätzungen nur 0,003 der heute bedrohten Arten. Die meisten Tiere in Gefangenschaft seien aber gar nicht bedroht, so Sommer. Damit sei der Artenschutz ein vorgeschobenes Argument, um die Unterhaltung der zahlenden Gäste zu rechtfertigen.

Der Zoo als Bildungseinrichtung? Die Meinungen gehen auseinander

Doch nicht nur was den Artenschutz angeht, gehen die Meinungen auseinander. Auch die Rolle der Zoos als Bildungseinrichtung erscheint in der Wissenschaft strittig. Während einige Studie belegen, dass Zoo-Besucher und -Besucherinnen nach bereits einem Tag mehr Wissen über Tiere und Artenvielfalt haben, konnten andere Studien diesen Effekt nicht nachweisen.

Alternativen zum klassischen Zoo versprechen mehr Tierwohl

Was die Haltung der Tiere anbelangt: Vieles scheint sich in den Zoos durch die Investitionen der letzten Jahre verbessert zu haben. Die Lebenserwartung ist bei vielen Tieren sogar höher als in der Natur. Zudem stehen auch Alternativen zum klassischen Zoo parat.

Eine dieser Ideen verwirklicht man seit 1976 in Baden-Württemberg. Der Affenberg Salem hält circa 200 Berberaffen in einem 20 ha großen und auf die Bedürfnisse der Affen angepassten Freigehege. Hier können die Besucher den Tieren ganz ohne Gitter nahekommen. Auffällige Verhaltensweisen sollen die Affen nicht zeigen. Eine erfolgreiche Auswilderung sei in den 1980er-Jahren bereits geglückt.

Ein Berberaffen-Jährling sitzt auf dem Affenberg in Salem auf einem Baum und nagt an einer Karotte.
Ein Berberaffen-Jährling nagt auf dem Affenberg in Salem an einer Karotte. 200 Affen werden hier auf 20 Hektar gehalten. Wie in der freien Wildbahn lebt die Makakenart hier in Gruppen. Eine Auswilderung im Gehege geborener Affen in Marokko war in den 1980er-Jahren erfolgreich.

Haltung von Tieren muss zunehmend gerechtfertigt werden

Auch beim Affenberg in Salem bleibt jedoch die Grundsatzfrage, ob das Halten von Tieren, insbesondere großer Säugetiere, in Gefangenschaft überhaupt akzeptabel ist. Dass das Überleben einiger Arten in Gehegen gesichert werden kann, lässt sich nicht bestreiten. Fraglich bleibe aber, ob es die Blicke der Besucher und Besucherinnen dazu braucht, meint die Kunsthistorikerin Dr. Christina May. Der Zoo, so May, habe jedoch auch kulturell einen großen Wert, die Haltung von Tieren zu Unterhaltungszwecken reiche weit in die Geschichte zurück.

Eben diese Haltung muss jedoch zunehmend gerechtfertigt werden. Dabei den eleganten Spagat zwischen der Nachfrage nach Unterhaltung und sinnvollem Artenschutz zu schaffen, scheint nicht leicht. Den ebenfalls bedrohten Heide-Sandlaufkäfer zumindest findet man in Zoos bisher eher selten. Sein Unterhaltungswert scheint gering.  

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