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SWR Kultur Gespräch

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Persönlichkeiten aus dem Kulturleben, die etwas zu sagen haben. Irgendwann sind sie alle im SWR KULTUR Gespräch. Und erklären, wie sie den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken. Gegen den Krieg arbeiten. Diskriminierung verhindern wollen. Oder einfach Kunst machen. Und was das alles mit ihrem eigenen Leben zu tun hat.

  • Joséphine Sagna: „Ich will Schwarze Frauen empowern“

    „Grundsätzlich geht’s in meinen Arbeiten um die Identifikationsfrage einer Schwarzen Frau in einer weißen Mehrheitsgesellschaft“. Joséphine Sagnas Gemälde Schwarzer Frauen sind groß, laut, leuchtend, farbig, expressiv, emotional. Ein gesellschaftspolitisches Statement. Und pures Empowerment. Sie heißen „teach optimism“, „smash it“, „all eyes on me” oder „on my terms“. Joséphine Sagna, 1989 in Stuttgart geboren und in Ulm aufgewachsen, sagt über sich selbst: „Ich bin keine Künstlerin, die vorsichtig arbeitet“. Sie lebt und arbeitet in Südfrankreich.

  • Tijan Sila: „Meine Erfahrung mit Krieg ist der Verlust von Vertrauen“

    Was macht die Erfahrung von Krieg und Gewalt mit jungen Menschen? Und welche Folgen hat sie ein Leben lang? Der Autor Tijan Sila, geboren in Bosnien, erlebte als Jugendlicher die Kriege in Ex-Jugoslawien. 1994 flüchtete die Familie während der Belagerung Sarajevos nach Deutschland. Da war er 12. Schon in seinem Debüt-Roman „Tierchen Unlimited“ und zuletzt wieder in „Radio Sarajevo“ beschreibt er „die Geschichte meiner Kindheit und meines Krieges“: zwischen Blauhelmen und Bon Jovi. Tijan Sila wuchs dann in Landau auf, spielte in einer Punkband und ist heute Berufsschullehrer in Kaiserslautern.

  • Nora Krug: „Wir können auch im Kleinen Widerstand leisten“

    „Heimat“ heißt die Graphic Novel, in der sich Nora Krug mit der NS-Geschichte ihrer Familie beschäftigt. Sie ging nach dem Studium nach New York, heiratete in eine jüdische Familie und lebt seit 20 Jahren in den USA. Zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine erscheint die deutsche Ausgabe von „Im Krieg: Zwei illustrierte Tagebücher aus Kiew und St. Petersburg“. Dafür begleitete sie ein Jahr lang eine ukrainische Journalistin und einen russischen Künstler. Beide fragte sie einmal wöchentlich, was dieser Krieg für sie bedeutet. Nora Krug wuchs in Karlsruhe auf.

  • Nils Pickert: „Die Emanzipation des Mannes steht nach wie vor aus“

    „Jungen verdienen mehr als das, was ihnen momentan angeboten wird“, schreibt Nils Pickert in seinem Buch „Prinzessinnenjungs“. Er kritisiert Männlichkeitsnormierungen jeder Art: Auch Jungen, meint er, dürften Röcke tragen. Für seinen fünfjährigen Sohn hat er das selbst in der Öffentlichkeit getan - weil der Kleine ein Vorbild brauche.

  • Hannah Cooke: „Ich wünschte, wir könnten das Patriarchat einfach hinter uns lassen“

    Kann eine Frau im Kunstbetrieb nur Erfolg haben, wenn sie kinderlos bleibt? In ihrer Arbeit „Ada vs. Abramović“ kritisiert die Karlsruher Künstlerin Hannah Cooke ihre weltberühmte Kollegin Marina Abramović, nachdem die Performance-Künstlerin im Interview erklärte, Kinder würden Künstlerinnen daran hindern, genauso erfolgreich zu sein wie Männer. In einem Reenactment sitzt sie ihr gegenüber, hält ihre Tochter Ada im Arm und stillt sie. Damit wurde sie für den „Mother Art Prize“ nominiert. Auch den männlich geprägten Genie-Kult der Kunst, zum Beispiel bei Picasso, befragt sie in ihren Arbeiten.

  • Elke Gryglewski: „Antisemitismus ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“

    „Die NS-Zeit hat sich bei uns bis in die vierte Generation ausgewirkt“, erklärt die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen. Deshalb sei Geschichtsarbeit zur Shoah nicht an eigenes Erleben geknüpft und auch nicht von Herkunft abhängig: „Die Grundlage ist Wissen, eine Frage der Ansprache“. Als Politikwissenschaftlerin hat Elke Gryglewski unter anderem über das Verhältnis muslimischer Jugendlicher zur NS-Diktatur geforscht. Die steigende Zahl von Anschlägen auf Gedenkstätten zeigt für sie, dass „die Forderung der Rechten nach einer anderen Erinnerungskultur salonfähiger wird.“

  • Matthias Brandt: „Man muss manchmal Dinge tun, vor denen man Angst hat“

    Die deutsche Sprache ist Matthias Brandts Beruf – als Schauspieler, Autor und Sprecher. Daher ist es nur konsequent, dass er 2024 mit der Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland-Pfalz für „Verdienste um die deutsche Sprache" ausgezeichnet wird.
    Das Fernsehpublikum kennt Matthias Brandt aus zahlreichen Filmen, zuletzt aus Christian Petzolds „Roter Himmel“ und als Polizeiruf-Kommissar Hanns von Meuffels. Seine beiden Bücher „Raumpatrouille“ und „Blackbird“ wurden Bestseller, seine Stimme prägte viele Hörbuch-Produktionen, immer ausgezeichnet durch Humor und eine Spur Melancholie.

  • Birgit Weyhe: „Ich habe gelernt, dass ich noch besser zuhören muss“

    Was bedeutet kulturelle Aneignung? Die Graphic-Novel-Autorin Birgit Weyhe geht der Frage in ihrem Werk „Rude Girl“ nach. Sie erzählt die Geschichte von Priscilla Layne, einer afroamerikanischen Germanistik-Professorin mit karibischen Wurzeln. Zugleich fragt sie: Kann sie als weiße deutsche Autorin diese Geschichte erzählen? In „Madgermanes“ hatte sie bereits über mosambikanische Vertragsarbeiter*innen in der DDR geschrieben. Ihre Kindheit verbrachte Birgit Weyhe in Uganda. Heute zählt sie zu den wichtigsten Zeichnerinnen Deutschlands. Für ihre Graphic Novels wurde sie mehrfach ausgezeichnet.

  • Lara-Sophie Milagro: „Schauspiel ist eine Überlebensstrategie für mich.“

    „Sich nicht erklären zu müssen, ist das größte Privileg“ – sagt die afrodeutsche Schauspielerin Lara-Sophie Milagro. Sie wuchs in Bremen auf, war in den 1980er Jahren die einzige Schwarze an ihrer Schule und bekam trotz bester Noten eine Realschulempfehlung. Nach dem Schauspielstudium in London erhielt sie lauter stereotype Rollen. Lady Macbeth? Als Schwarze könne sie so was nicht spielen. Rassismus im Kulturbetrieb ist für sie ein strukturelles Problem: „Die Struktur ist sexistisch und rassistisch und sorgt dafür, dass sich das System am Leben erhält. Außer man tut aktiv etwas dagegen.“

  • Ewald Frie: „Ich will die Unselbstverständlichkeit der Gegenwart zeigen“

    Wie bewältigt man Krisen? Im Kriegs- und Katastrophenjahr 2023 veröffentlichte der Tübinger Historiker Ewald Frie mit einem Kollegen den Band „Krisen anders denken“. Und fragt, wie Menschen früher mit Bedrohungen umgingen. Optimismus, Solidarität und Glauben, meint er, seien Muster, die auch wir anwenden können. Ewald Frie ist mit Landwirtschaft aufgewachsen: „Ein Hof und elf Geschwister“. Er hat sie interviewt und erzählt die Geschichte seiner Familie als stillen Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland – wie die Welt seiner Eltern unterging. Dafür erhielt er den Deutschen Sachbuchpreis.

  • Zum Tod von Wolfgang Schäuble - „Vater des Einheitsvertrags"

    Am 26.12.2023 verstarb der frühere Präsident des Deutschen Bundestages Wolfgang Schäuble. Er gilt als „Vater des Einheitsvertrags". Zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit 2020 hat Schäuble im SWR2 Zeitgenossen-Gespräch auf diese Zeit zurückgeblickt.

  • Judith Hermann: „Der Erfolg hat mich vorsichtiger gemacht“

    Als 1996 Judith Hermanns erster Erzählband „Sommerhaus, später“ erschien, interessierten sich Publikum und Kritik zunächst kaum für das Buch. Als das Debüt von Marcel Reich-Ranicki im Literarischen Quartett ausgiebig besprochen wurde, begann eine erstaunliche Literaturlaufbahn: Preise - darunter der Kleist-Preis und der Friedrich-Hölderlin-Preis - Lob und heftige Verrisse. In diesem Jahr kam mit "Daheim" Hermanns neuer Roman heraus, der nicht nur das Publikum, sondern auch die Kritik begeisterte.

  • Kristin Jahn: „Glaube gibt mir Mut, aber auch Demut“

    Kristin Jahn ist in einer Gegend aufgewachsen, die zu den am wenigsten religiösen Regionen Europas zählt – Thüringen. Kirchliches Leben war und ist dort etwas für Minderheiten. Auch Kristin Jahn studierte zunächst Literaturwissenschaft und hatte, „was den Glauben angeht, immer mehr Fragen als Antworten“. Vielleicht deshalb ihr zweites Studium: evangelische Theologie. Danach war sie Pfarrerin der Stadtkirche Lutherstadt Wittenberg. Jetzt ist sie Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags. Und fragt sich, „was Kirche verändern muss, um relevant zu bleiben“.

  • Sylka Scholz: „Man wundert sich, warum die Heilige Familie noch ein Rollenmodell ist“

    Die Heilige Familie ist so etwas wie unser Urbild der Kernfamilie: Mutter, Vater, Kind. Wie sehr prägt die Weihnachtsszene unsere Vorstellung von Familie? Und wie sehr weicht sie, wegen der unehelichen Geburt, davon ab? Die Soziologin Sylka Scholz beschäftigt sich mit dem Wandel der Familienbilder: von Regenbogen, Co-Parenting und Patchwork bis Alleinerziehend. Gerade im Osten Deutschlands, wo sie forscht, wurden im Sozialismus die Modelle von Versorger versus Hausfrau aufgelöst. Was bedeutet das für die Vorstellungen von Männlichkeit? Auch das ist ein Schwerpunkt Ihrer Forschung.

  • Pierre Stutz: „Ich war auf der Flucht vor meinen homosexuellen Begabungen“

    „Ich teile mein Leben mit, um anderen Mut zu machen“. Der katholische Theologe und Bestsellerautor Pierre Stutz stellte die Weichen nach einer Lebenskrise neu: Er arbeitete nicht mehr für die katholische Kirche – allerdings ohne auszutreten – und heiratete seinen Lebensgefährten. 2022 zählte er zu den Prominenten, die ihre queere Identität in der Aktion „#OutInChurch: für eine Kirche ohne Angst“ öffentlich machten. „Heute darf ich endlich zu mir stehen“. Seine mehr als 40 Bücher haben eine Auflage von einer Million Exemplare. Seine Autobiografie nennt er „Wie ich der wurde, den ich mag“.

  • Hannes Jaenicke: „Ohne Götz George wäre ich heute nicht da, wo ich bin“

    Er ist viel mehr als einer der bekanntesten deutschen Schauspieler: Hannes Jaenicke ist auch Tierschützer und unermüdlicher Streiter für die Umwelt. Mit seiner preisgekrönten ZDF-Reihe „Hannes Jaenicke im Einsatz“ porträtiert er bedrohte Tierarten, prangert Umweltzerstörung an und zeigt die Folgen des Klimawandels. Doch selbst in seinen hocherfolgreichen Amsterdam-Krimis für die ARD, die er als sein „Baby“ bezeichnet, spielen Umweltthemen eine wichtige Rolle.

  • Alona Karavai: „Meine Generation kennt keine sicheren Zeiten“

    Die Kuratorin und Kulturmanagerin Alona Karavai floh 2014 aus Donezk, acht Jahre vor dem russischen Angriff auf die ganze Ukraine – als der Krieg im Donbas begann und ihre Heimatregion zerstört wurde. Sie studierte später an der TU Kaiserslautern, gründete eine NGO und betreibt im Südwesten der Ukraine eine Artist Residence als Flucht- und Ausstellungsort. So trotzt sie einem Feldzug, der auch der ukrainischen Kultur gilt. Und rettet vom Krieg bedrohte Kunst. 2023 erhielt sie dafür den Kairos-Preis. „Wir haben viel verloren. Nach dem Krieg werden wir da stehen, wo wir vor 40 Jahren waren.“

  • Safiye Can: „Ich bin in die Welt geworfen worden als Dichterin“

    „Lest Gedichte!“ Lautet ihr Motto. Den Aufkleber von Safiye Can heften Leser*innen an Laptops, Autos und Laternenpfähle. Als Lyrikerin ist sie eine Bestsellerautorin: Ihr Gedichtband „Rose und Nachtigall“ ist inzwischen in der achten Auflage erschienen. Poesie und Politik gehen bei ihr als Autorin Hand in Hand: Die studierte Philosophin schreibt Liebesgedichte, aber auch über Diskriminierung von Frauen und Rassismus. Das Gefühl ausgegrenzt zu werden, kennt sie. Safiye Cans Eltern sind aus der Türkei nach Deutschland eingewandert. Ihre Familie hat eine tscherkessische Migrationsgeschichte.

  • Julian Rosefeldt: „Es geht darum, den Mythos mit der Realität abzugleichen“

    „Eine Art von tragischem Humor“, so nennt der Filmkünstler Julian Rosefeldt eines seiner Stilmittel. Zum Beispiel, wenn eine Figur der Goldenen Zwanziger im Film „Deep Gold“ hinter den Kulissen ein Dixi-Klo benutzt. Oder wenn er in „Manifesto“, womit er weltberühmt wurde, Texte der Dadaisten von Cate Blanchett als Grabrede vortragen lässt. Oder zum Mythos des deutschen Walds eine Motorsäge aufheult. Und in „Euphoria“ Obdachlose über Vorteile des Neoliberalismus diskutieren. Mit seinen Filminstallationen für Museen von Melbourne bis New York will er stets „die Mythenmaschine dekonstruieren“.

  • Eva von Redecker: „Unser Freiheitsbegriff scheitert an der Weltlage“

    „Revolution für das Leben“ nennt Eva von Redecker ihre „Philosophie der neuen Protestformen“. Unser bisheriger, liberaler Freiheitsbegriff, meint sie, sei für das Anthropozän ungeeignet. Angesichts weltweiter ökologischer Krisen plädiert sie für solidarische Formen des Handelns, auch im Umgang mit der Natur: Regenieren statt Ausbeuten, Pflegen statt Beherrschen, Teilhaben statt Verwerten. „Bleibefreiheit“ ist für sie die Lösung. Aufgewachsen auf dem Biobauernhof ihrer Eltern, lebt sie heute wieder auf dem Land: „Ich bin kreativ, weil ich die Bindungen zu meiner Herkunft nie gekappt habe.“

  • Karina Urbach: „Der Antisemitismus von links hat mich entsetzt“

    „Wie die Nazis das Kochbuch meiner Großmutter raubten“: Karina Urbach erzählt, wie der Bestseller ihrer Großmutter Alice, einer Wiener Jüdin, nach dem Anschluss Österreichs unter dem Namen Rudolf Rösch erschien – auch geistiges Eigentum wurde arisiert. Dabei wollte sie eigentlich über ihren Vater Otto Urbach schreiben. Er kam 1945 als US-Spionageoffizier nach Deutschland und deckte Nachkriegsnetzwerke der SS auf. Der Antisemitismus von links nach dem Terroranschlag der Hamas beunruhigt die Historikerin: „Dass man danach noch Leute hat, die das relativieren wollen, hat mich wirklich entsetzt“.

  • Elisabeth Bronfen: „Mich interessieren die Ränder dessen, was wir begreifen können.“

    Wie viel Shakespeare steckt im Netflix-Boom unserer Tage? Warum müssen Frauen in der Kunst so oft sterben - von Richard Wagners Isolde bis zur Femme fatale im Film noir? Und was verraten uns Zombie- und Vampir-Filme über unseren Umgang mit der Corona-Pandemie? Die Fragen, die die Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen stellt, sind ungewöhnlich, manchmal unheimlich und immer originell. Und sie überschreitet dabei Grenzen, zwischen Literatur, Oper und Film. Und auch zwischen Europa und den USA, denn Elisabeth Bronfen lehrt an der Universität Zürich und an der New York University.

  • Irina Scherbakowa: „Wenn Putin gewinnt, haben wir alle verloren“

    Die Mitbegründerin der Menschenrechtsorganisation „Memorial“ gilt als unermüdliche Kämpferin für ein demokratisches Russland. Als Historikerin setzt sie sich dafür ein, die Verbrechen der Sowjet-Ära aufzuarbeiten. Dafür ist sie mehrfach ausgezeichnet worden, zuletzt 2022 mit dem Friedensnobelpreis. Irina Scherbakowa lebt heute in Deutschland und Israel. Der russische Krieg gegen die Ukraine ist für die Jüdin und Tochter eines Kriegsversehrten eine Zäsur: „Ich kann gar nicht sagen, was das für mich und meine Generation bedeutet“. Dass auch in Deutschland Menschen der Propaganda des Kreml anhingen, ist für sie schwer erträglich: „Solange Putin da ist, werde ich niemals zurückgehen.“

  • Barbi Marković: „Humor ist für mich ein Mittel, um nachzudenken“

    Barbi Marković, 1980 in Belgrad geboren, erzählt die Geschichte einer verlorenen Generation. Junge Menschen treffen im Nachkriegs-Serbien in „Die verschissene Zeit“ auf gleichgültige Alte, brutale Computerspielfiguren oder einen verrückten Forscher. Zugleich sind sie „Superheldinnen“ - sie entwickeln Superkräfte, führen einen irrwitzigen Selbstbefreiungskampf und nutzen dafür den „Blitz des Schicksals“. Hinter der Groteske und dem Jux lauert bei Marković stets der Abgrund. Auch in ihrem neuen Roman „Minihorror“ wird ein Paar ständig vom Grauen heimgesucht. Die Autorin lebt seit 2006 in Wien.

  • Mina Saidze: „Deutschland ist ein digitales Hinterland“

    Geboren wurde die KI-Spezialistin, Big-Data-Analystin und Expertin für Algorithmen-Ethik Mina Saidze 1993 in Hamburg. Als Tochter afghanischer Einwanderer und politischer Aktivisten fühlte sie sich „oft wie ein Ausreißer im Datensatz, da ich nicht ins Bild des neuen Deutschlands passte“. Seit Jahren verfolgt die 30-Jährige das Ziel, mehr Diversität in die IT- und Tech-Branche zu bringen. Als Gründerin von Inclusive Tech setzt sie außerdem auf eine Demokratisierung von Wissen – nicht nur Nerds sollen etwas von Künstlicher Intelligenz verstehen: „Ich bilde eine Brücke zwischen Menschen und Tech.“

  • Aron Boks: „Nackt in die DDR, ich hab’s gemacht“

    Die DDR war für Aron Boks, geboren 1997 in Wernigerode, lange Zeit kein Thema. Bis seine Großmutter ihm ein Bild seines Urgroßonkels Willi Sitte zeigte, einem der umstrittensten Maler des sozialistischen Realismus. Als regimetreuer Kulturpolitiker verhinderte dieser in der DDR etliche Künstlerkarrieren, unter anderem die von A.R. Penck. Im Zweiten Weltkrieg desertierte der Kommunist Sitte von der Wehrmacht und schloss sich italienischen Partisanen an. So begann Aron Boks zu recherchieren über die DDR-Vergangenheit seiner Familie - und zur Frage: „Was hat die ganze Geschichte mit mir zu tun?“

  • Helena Janeczek: „Auschwitz wird reduzierbar auf ein Mutter-Tochter-Verhältnis“

    „Mit historischem Personal zu operieren, ist ein Risiko“, sagt die Schriftstellerin Helena Janeczek. Genau dieses Risiko geht sie ein, wenn sie Romane über reale Personen schreibt und ihnen Gedanken und Gefühle zuschreibt, zum Beispiel der Kriegsreporterin Gerda Taro im Roman „Das Mädchen mit der Leica“. 2018 bekam sie dafür den wichtigsten italienischen Literaturpreis „Premio Strega“. Helena Janeczek, geboren 1964 in München als Tochter polnisch-jüdischer Eltern, lebt in Mailand und beschäftigt sich als Autorin vornehmlich mit persönlichen Geschichten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.

  • Senthuran Varatharajah: „Ich fühle mich nicht mehr bedroht als sonst.“

    Wie ein Naturereignis hat Senthuran Varatharajah 2016 mit seinem Debutroman „Vor der Zunahme der Zeichen“ – über Brüche in migrantischen Biografien – die deutsche Literaturszene betreten. Heimat, sagt der aus Sri Lanka stammende Schriftsteller, sei für ihn ein Ort der Fremde: eine Kategorie, die keine Rolle spiele. In seinem aktuellen Roman „Rot (Hunger)“ beschreibt der studierte Theologe und Philosoph eine brutale Form der Sehnsucht: Einen monströsen Kriminalfall, in dem der Täter das Opfer, wie zuvor vereinbart, tötet, zerteilt und Teile davon isst, erzählt er als Liebesgeschichte.

  • Emil Steinberger: „Ich hab‘ einfach so viel Glück im Leben“

    Über seinen „Emil“ haben viele Millionen seit den 70er-Jahren Tränen gelacht. In diesem Jahr wurde der Schweizer Kabarettist Emil Steinberger 90, war auf Tournee mit neuem Programm und schreibt seine Autobiografie. Seit 2014 lebt der Luzerner mit seiner Frau Niccel in Basel, mit der er auch immer wieder zusammen Kunst macht. Er erzählt von seiner langen Kabarettkarriere, seiner Zeit in New York, aber auch wie er es schafft, mit 90 noch voller Energie und Neugier zu sein.

  • Mirna Funk: „Porsche ist für Frauen gemacht“

    Mirna Funk polarisiert: Sie schreibt über Sex, über ihr Leben als glückliche Single-Mutter, sie klärt über das moderne Judentum auf und studiert nebenbei Philosophie an der Humboldt-Universität. Zudem ist sie Autorin zweier Romane und zahlreicher Artikel. Mirna Funk wuchs als eine der wenigen Jüdinnen in der DDR auf. In Berlin lebt sie noch heute mit ihrer kleinen Tochter, doch auch Tel Aviv ist für sie Heimat. Für ihre Art zu leben, erfährt sie viel Anfeindungen, auch von linken Feministinnen.

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