1961 hielt der Philosoph und Musiktheoretiker Theodor W. Adorno bei den Darmstädter Ferienkursen unter diesem Titel einen manifestartigen Vortrag. Darin geht es ihm um eine Standortbestimmung der damaligen Avantgarde und um die Formulierung von Ideen über eine Musik von morgen, einer „musique informelle“: „Gemeint ist eine Musik, die alle ihr äußerlich, abstrakt, starr gegenüberstehenden Formen abgeworfen hat, die aber, vollkommen frei vom heteronom Auferlegten und ihr Fremden, doch objektiv zwingend im Phänomen, nicht in diesen auswendigen Gesetzmäßigkeiten sich konstituiert.“ Was Adorno genau unter „musique informelle“ vorgeschwebt hat, ist bis heute nicht geklärt: In den Kompositionsideen der Offenen Form und Aleatorik um 1960 sah er immerhin Aufbruchstimmungen; womöglich schwebte ihm als Ideal aber die Phase der freien Atonalität der Zweiten
Wiener Schule zwischen 1908 und 1923 vor. Er selbst studierte in den 1920er Jahren in Frankfurt a. M., dann in Wien bei Alban Berg Komposition. In der Musikliteratur, auch in Werkkommentaren der Komponisten geistert dieser konturenlos gebliebene Begriff immer mal wieder durch die Zeilen.