JetztMusik - Glossar

Ars Acustica

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„Alles Hörbare der ganzen Welt wird Material.“ Seine Feststellung von 1929 löste Walter Ruttmann ein Jahr später selbst ein: mit Weekend, dem Urwerk Akustischer Kunst. In dem elf Minuten dauernden Stück, das ein Wochenende in Berlin skizziert, arbeitet Ruttmann erstmals im Audiobereich mit den technischen Möglichkeiten des Schnitts und der Montage von vor Ort aufgezeichneten Originaltönen (fixiert auf belichtetem Filmband). Seine bahnbrechenden Errungenschaften gerieten bis Ende der 1970er Jahre jedoch in Vergessenheit. So konnten sich weder die Akteure der Musique concrète noch jene der jungen Ars Acustica auf Weekend berufen. Sie erfanden die Arbeitsweise von O-Ton, Schnitt, Montage, Collage, Blende, mehrstimmigen Überlagerungen neu. Diesmal allerdings zunächst mit den Möglichkeiten der Schallplatte, seit Mitte der 1950er Jahre dann mit dem Tonband und etlichen Effektgeräten.

Die Ars Acustica – bzw. Akustische Kunst, Hörkunst, radiophones Schallspiel, experimentelles oder (analog zur Neuen Musik) Neues Hörspiel – ist als ursprünglich radioeigene Kunst stark an die Institution Rundfunk gebunden. Ende der 1960er Jahre initiierte Klaus Schöning beim WDR Köln ein „Studio Akustische Kunst“, für das Literaten, Künstler, Komponisten eigene Stücke realisierten, z. B. John Cage und Mauricio Kagel. Andere Rundfunkanstalten gründeten ebenfalls spezielle Studios und Redaktionen für diese inhaltlich bemerkenswert offenen Hör-Spiele, die „weder eine literarische noch eine musikalische, sondern lediglich eine akustische Gattung unbestimmten Inhalts“ sind (Kagel). Konzeptionen der Elektronischen Musik, des experimentellen Films, des Hörspiels, der Literatur und der Bildenden Kunst haben die Ars Acustica nachhaltig beeinflusst; umgekehrt hat die Ars Acustica Spuren in der Neuen Musik hinterlassen. Mit den Möglichkeiten digitaler und mobiler Produktionsgeräte sowie denen des Internets nutzen die Ars Acustica-Macher aktuelle Produktions- und Distributionsplattformen, die sie als Medienkunst in ihren Arbeiten oft auch selbst thematisieren. Zu den bedeutendsten Auszeichnungen im Bereich der Akustischen Kunst zählt der alljährlich bei den Donaueschinger Musiktagen vom Südwestrundfunk verliehene Karl-Sczuka-Preis.

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Autor/in
SWR