50. SWR NEWJazz Meeting: Live-Videomitschnitt

Legendäres Klanglabor mit brasilianischem Gitarristen

Stand
Autor/in
Günther Huesmann
Onlinefassung
Jennifer Gruppenbacher

Ende November fand das SWR NEWJazz Meeting zum 50. Mal statt. Kurator des Jubiläumsjahrganges war der 24-jährige brasilianische Gitarrist Pedro Martins. Vom 24. bis 26. November präsentierte das Sextett Spider's Egg die Ergebnisse des SWR NEWJazz Meetings in Mannheim, Tübingen und Karlsruhe.

Live-Videomitschnitt: Pedro Martins' "Spider's Egg" am 26.11.2017 im Karlsruher Tollhaus

Dokumentation im SWR Fernsehen

Das SWR NEWJazz Meeting ist das legendäre Klanglabor des Südwestrundfunks in Sachen improvisierter Musik. Für den Jubiläumsjahrgang konnte der Gitarrist Pedro Martins als Kurator gewonnen werden. Er stammt aus der brasilianischen Bundeshauptstadt Brasilia und zählt zu den großen Jazzstimmen Südamerikas.

„Jazz ist für mich weniger ein Genre als eine Haltung“, erklärt Pedro Martins. „Es ist mehr eine bestimmte Art zu denken, eine besondere Weise, sich mit dem Spontanen und Intuitivem zu verbinden, einem natürlichen Aspekt der Musik.“ 2015 hat der junge Brasilianer den Gitarrenwettbewerb des Montreux Jazz Festivals gewonnen. In der Jury saßen John McLaughlin und Kurt Rosenwinkel. Seitdem ist Martins musikalisch eng mit Rosenwinkel verbunden – er arbeitet auf dessen Heartcore-Label an seinem neuen Album, und er tourte mit Rosenwinkels Band „Caipi“ durch Asien, Amerika und Europa.

„Es ist komisch“, erzählt Pedro Martins. „Ein oder zwei Tage bevor ich den Anruf von der SWR Jazzredaktion bekam, hatte ich das Duo Knower mit der Sängerin Genevieve Artadi gehört. Ihre unglaublich offene und originelle Weise des Musizierens hat mich derart begeistert, dass in mir der Wunsch entstand, mit ihr zu arbeiten. Dass dies nun so schnell Wirklichkeit wird, ist wie ein kleines Wunder.“

Das SWR NEWJazz Meeting 2017 mit dem Sextett Spider’s Egg

„Spider’s Egg“ nannte Martins sein betont kosmopolitisch aufgespanntes Projekt fürs SWR NEWJazz Meeting 2017: ein Sextett, das in dieser Form noch nie zusammen gearbeitet hat und in dem sich der brasilianische Jazzmusiker mit Spielern aus Los Angeles, New York und Köln austauschte. Bereichert wurde diese Band durch die Sängerin Genevieve Artadi (bekannt durch das populäre kalifornische Duo Knower).

Weitere Gäste des SWR NEWJazz Meetings waren der New Yorker Altsaxofonist David Binney, der in Köln lebende Tenorsaxofonist Sebastian Gille sowie zwei weitere Shooting-Stars der jungen brasilianischen Jazzszene: der Bassist Frederico Heliodoro und der Perkussionist Antonio Loureiro.

Pedro Martins: „Gelernt habe ich durch Nachahmen“

Das Gitarrenspiel hat Pedro gelernt, indem er seinem Vater beim Spielen des Instruments zuschaute. Mit vier Jahren bekam er eine Kindergitarre (in normaler Stimmung), ein Jahr später ein elektrisches Instrument, ein Schlagzeug und ein Keyboard. „Ich habe nie regulären Unterricht bei meinem Vater gehabt, gelernt habe ich durch Nachahmen.“

Die Beatles (die Lieblingsmusik seiner Mutter) waren seine ersten Helden. Dann hörte er Supertramp, Pink Floyd, Classic Rock, Queen. Ein Freund brachte ihn über das Hören von Chick Corea und Herbie Hancock zum Jazz. Mit zwölf entdeckte er Bebop, Modern Jazz und zeitgenössische Improvisation. „Dann hatte ich eine Phase, in der ich wieder stärker auf brasilianische Stile zurückschaute: auf Pagode, Forro, Bossa, Choro, Maxixe, Caetano Veloso und Gilberto Gil. Danach hatte ich das Gefühl: Ich bin frei. Ich kann alles spielen, was ich will.“

Er war 14, da nahmen ihn der Gitarrist und Produzent Daniel Santiago und der Mandolinenspieler Hamilton de Holanda (zwei weitere, ältere Musiker, die der Jazzszene der Hauptstadt Brasilia ein unverkennbares Gesicht geben) unter ihre Fittiche. Santiago produzierte auch Martins erstes Album unter eigenem Namen, als er es aufnahm war er gerade mal 16 Jahre alt. Das Album schlug in Brasilien wie eine Bombe ein. Hier war ein Musiker, der sich auf allerhöchstem harmonischen und melodischen Niveau im zeitgenössischen Jazz ausdrücken kann.

„Ich sehe mich weniger als ein Gitarrist, sondern als ein Musiker, der die Träume, die ich in meinem Kopf habe, mithilfe meines Instruments verwirklicht“, meint Martins. „Meine Gitarre ist wie ein Hammer und ein Meißel, mit denen ich die Formen rausbringe, die ich in meinem Kopf imaginiere.“

Das SWR NewJazz Meeting: eine Idee von 1966 wird zum Erfolg

Das SWR NEWJazz Meeting wurde 1966 von dem damaligen Jazzredakteur Joachim-Ernst Berendt gegründet. Ziel ist seit jeher, Künstlerinnen und Künstlern dabei zu helfen, spannende Projekte zu entwickeln, die unter herkömmlichen Bedingungen nur schwer zu realisieren sind. Die Idee: der Rundfunk gibt Improvisatoren einen Raum, in dem sie unabhängig von den Zwängen des Business ihre Ideen unter rein musikalischen Gesichtspunkten austauschen und entwickeln können – in den verschiedensten Besetzungen, vom Solo bis zur Big Band.

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Autor/in
Günther Huesmann
Onlinefassung
Jennifer Gruppenbacher