Wurzeln im Township-Jazz
„Ich sehe einen besonderen Wert darin, die Musik meiner südafrikanischen Heimat zu erforschen und sie fit für die Zukunft zu machen.“ Kyle Shepherd, 29, ist der Shootingstar der ambitionierten zeitgenössischen südafrikanischen Jazz-Szene. Offensiv bezieht sich der Pianist in seinen Sounds auf die Wurzeln des Township-Jazz und des Goema-Beat seiner Heimatstadt Kapstadt. Trotzdem möchte er nicht in eine Schublade gesteckt werden. „Es ist cool, wenn man in konzeptionellen Fragen das südafrikanische Ding wählt. Aber genauso cool ist es, wenn man etwas anderes wählt.“
Kyle Shepherd ist der Kurator des diesjährigen SWR NEWJazz Meeting. Auf seinen Wunsch hin begegnen sich im Klanglabor des Südwestrundfunks vier junge Jazzer aus Südafrika und der aus Benin stammenden und seit 1990 in den USA lebenden Gitarristen Lionel Loueke. „Sound Portraits From Contemporary Africa“ nennt Shepherd das Projekt, in dem die afrikanischen Improvisatoren in den Rundfunkstudios des Südwestrundfunks ein Konzertprogramm erarbeiten. Im Anschluss daran stellen sie es im Sendegebiet auf Tour vor.
"Kreolisierung der Musik"
Shepherd nennt seine Musik „eine Kreolisierung vieler Dinge“. Aufregend virtuos erweitert er die Dimension des südafrikanischen Jazzpianos durch Elemente aus Hip-Hop und Neo-Soul, Post-Bop und Free Music. Seine Mutter ist eine Violinistin, die an Abdullah Ibrahims Schule M7 musizierte. „Ich hörte Cape-Jazz also schon, als ich nicht mal wusste, was das ist“, erzählt Kyle. Mit fünf lernte er zunächst Violine. Er studierte das Instrument und sein klassisches Repertoire, bis er 15 Jahre alt war. Als Teenager entdeckte er das Improvisieren und sein heutiges Lieblingsinstrument. „Als ich dann mit Jazz auf dem Klavier anfing, fühlte sich das alles so vertraut an – als wenn ich all diese Dinge schon kennte.“