Mitglieder des SWR Vokalensembles

Georg Gädker

Stand

"Man kann der 'Essenz des Seins' auf verschiedene musikalische Weise nahekommen"

Der aus Freiburg stammende Bariton Georg Gädker studierte Gesang und Gesangspädagogik in Freiburg, Mannheim und London. Seit seinem Studium und mehreren Gesangspreisen zwischen Berlin, Brüssel und Rom steht er als Solist auf vielen Konzert- und Opernbühnen im In- und Ausland und gründete eine eigene Liederabendserie. Seit Juli 2020 ist er festes Mitglied im SWR Vokalensemble.

Portrait Georg Gädker

Ab wann war für Sie klar, dass Sie als Konzert- und Opernsänger auf der Bühne stehen werden?

Eigentlich gab es für mich gar nie den Punkt, an dem ich mich konkret für dieses Berufsziel entschieden habe. Singen war seit meiner Kindheit Teil meines Lebens, erst im Knabenchor und auch damals schon auf Tourneen, dann am musischen Gymnasium, im Jungstudium und später Studium in Deutschland und England. Über die Jahre kamen eigentlich immer nur weitere Parameter dazu, bis ich eben irgendwann auf besagten Bühnen stand. Gut, Gedanken, was ich sonst machen würde, wenn nicht Sänger zu werden, habe ich mir allerdings auch nie gemacht. Es war ein wenig wie im Zirkus aufzuwachsen und deshalb tanzen zu können ...

Sie sind europaweit und auch darüber hinaus als Solist unterwegs. Wie führte Sie Ihr Weg zur Chormusik?

Hier ging der Weg umgekehrt: Ich kam ja aus der Chormusik und habe mich erst zum solistischen Gesang entwickelt. Und wenn auch nicht mehr regelmäßig, so habe ich auch als Solist die Kunst des Ensemblesingens nie vollständig aufgegeben, zum Beispiel in solistisch besetzten Madrigalen in der Schola Heidelberg. Insofern lag der Schritt, irgendwann wieder in die Chormusik einzusteigen, eigentlich gar nicht so weit entfernt.

Gibt es einen Moment auf der Bühne, der sich bei Ihnen besonders eingeprägt hat?

Oha! Einen einzigen nicht, vielmehr gab es da total viele, und ich würde sagen, nicht nur auf der Bühne, sondern bei allem, was dieser Beruf so mit sich gebracht hat: Da gab es besonders schöne Momente, wie mit dem Knabenchor auf dem Tafelberg in Südafrika oder in Machu Picchu in Peru gewesen zu sein. Oder auch einen Preis bei einem Wettbewerb gewinnen zu dürfen: In Rom gab es da für den zweiten Preis mal einen großen Pokal, mit dem ich anderntags schier nicht durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen gekommen bin (und der übrigens für Gelächter und Grinsen der Mitreisenden während der gesamten Reise gesorgt hat); es gab auch besonders lustige Momente wie Dernierenscherze bei Opernaufführungen, bei denen sich die Kollegen aus Anlass der allerletzten Vorstellung gegenseitig ein wenig rausbringen wollen, ohne dass das Publikum es merkt. Am lustigsten war hier eine Liebesszene mit Händen voller verriebenem Knoblauch (Gott, hat das gestunken!) ...

Aber auch tragische Momente gab es in der Tat: Einmal gab es zwei Herzinfarkte in einem einzigen Konzert, und 2018 ist während einer Matthäuspassion in Holland sogar ein Mann nach einem Infarkt noch im Konzerthaus gestorben. Man hatte noch versuchte ihn im Korridor zu reanimieren, während drinnen das Konzert weiterlief. Am Ende wurde aber angesagt, dass er es leider nicht geschafft hat. Daran muss ich bei Passionskonzerten tatsächlich oft denken.

Haben Sie ein Lieblingswerk?

Das ist eine richtig schwierige Frage! Um ehrlich zu sein, kann ich mich bei meiner Antwort immer nicht auf ein einziges Genre begrenzen, weil man der "Essenz des Seins", wie ich es immer nenne, auf ganz verschiedene musikalische Wege nahekommen kann. Ein Stück, das mich immer wieder beschäftigt hat, ist beispielsweise Giaches de Werts Renaissance-Madrigal "Vox in Rama" von 1581, das genau 400 Jahre älter ist als ich (und allein das beeindruckt mich schon sehr). Andererseits liebe ich aber auch die große Romantik, allen voran Wagners Parsifal-Ouvertüre, oder Brittens Oper Peter Grimes, die mich wirklich jedes Mal aufs Neue umhaut. Und dann ist da ja noch das Genre Lied, mit dem ich mich seit Jahren auseinandersetze und auch eine Konzertreihe dafür mitgegründet habe. Auch hier finde ich es unglaublich, wie zum Beispiel Franz Schubert es in "Du bist die Ruh" schafft, in wenigen Zeilen so viel Liebe, Reinheit und Dankbarkeit in seine Musik zu packen.

Wird die Neue Musik eine neue Herausforderung für Sie sein?

Sicherlich, aber das ist ja auch das Spannende! Auch wenn ich schon einiges "Neues" gemacht habe, das Interessante in der Neuen Musik ist ja, immer wieder aufs Neue auf der Suche nach etwas zu sein, das es noch nicht gibt. In Verbindung damit, hin und wieder ein wenig 'reguläres' Repertoire zu singen, wird das sicher spannend!

Was machen Sie, wenn sie nicht auf der Bühne stehen?

Prinzipiell bin ich gerne unterwegs an verschiedenen Orten, was sich in der Zeit als Freiberufler gut mit dem Beruf hat verbinden lassen (auch wenn ich Koffer packen gaaaar nicht ausstehen kann). Daneben wandere ich sehr gerne auf den Höhen des Hochschwarzwalds, organisiere viel für unsere Liederabendserie in meiner Heimat Freiburg oder fahre Touren mit dem Motorrad. Ach, und noch eine kleine Leidenschaft habe ich, nämlich ins Bundesliga-Stadion zu gehen. Aber ich meine damit nicht den VfB ... ;-)

Georg Gädker
Selfie: Georg Gädker
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SWR