Mitglieder des SWR Vokalensembles

Philip Niederberger

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"Wir versuchen stellenweise Dinge umzusetzen, die 'unerhört' sind."

Der Bariton Philip Niederberger wurde in Landau/Pfalz geboren. Er studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim bei Rudolf Piernay und Jutta Gleue und sang unter anderem im Kammerchor Stuttgart unter Frieder Bernius. Er wohnt mit seiner Frau und seinen drei Söhnen in Landau, ist dort Chorleiter und Organist und seit 2007 beim SWR Vokalensemble.

Vokalensemble Philip Niederberger (Bass)
Philip Niederberger singt Bass im SWR Vokalensemble.

Herr Niederberger, wie sind Sie zum SWR Vokalensemble gekommen?

Ich kam während des Studiums bei einem Konzert in Worms mit Frank Bossert vom Vokalensemble ins Gespräch. Der meinte, es gäbe eine Bass-Vakanz und dafür ein Vorsingen. Ich konnte dann tatsächlich vorsingen und habe die Stelle bekommen. Das war wie ein Sechser im Lotto. Ich war 26 Jahre alt, und es war mein erstes Vorsingen für eine Arbeitsstelle überhaupt. Ich habe nicht damit gerechnet, dass das sofort klappt.

Was bedeutet es für Sie heute, im SWR Vokalensemble zu singen?

Ich empfinde es als totales Privileg. Die Anforderungen speziell im Bereich der Neuen Musik sind riesig, da ist oft nicht nur Stimme, sondern auch viel Hirn gefragt. Aber natürlich will die Stimme am liebsten schöne Musik singen, und diese Mischung bietet das SWR Vokalensemble, was die alltägliche Arbeit für mich zu etwas besonderen macht. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, wie wichtig es ist, sich gut um seine Stimme zu kümmern. Was wir hier leisten müssen, kann keine Hochschule lehren, das muss man sich selbst erschließen. Trotzdem ist die Festanstellung gerade auch, wenn man seine Lebensarbeitszeit betrachtet, ein Segen. Diesen Horizont hat man als junger Mensch einfach noch nicht. Aber immer öfter treffe ich auf freischaffende Kollegen, denen ein bisschen bange vor der Zukunft ist. Davon sind wir hier nicht völlig ausgenommen, aber die Sicherheit des Angestelltenverhältnisses ist schon die Basis dafür, dass wir Dinge auf künstlerischer Ebene leisten können, die auf dem freien Markt nicht realisierbar sind, und das für die Dauer der gesamten Karriere.

Erinnern Sie sich an einen besonderen Moment in Ihrer Zeit beim SWR Vokalensemble?

Das war das Konzert beim RheinVokal-Festival mit den Mahler-Transkriptionen von Clytus Gottwald. Das ist Musik, die wir lieben. Clytus Gottwald war selbst Mitglied des Ensembles, er weiß genau, wie er für uns die Stimmen schreiben muss. Da hat alles gepasst: Die wahnsinnig dichte Musik von Mahler, alle Chormitglieder waren fit, und St. Kastor in Koblenz ist ein Raum, der für diese klanggewaltige Musik großartig ist. Das sind alles Faktoren, die zusätzlich nochmal etwas rauskitzeln.

Gab es schon Kompositionen, bei denen Sie dachten: Das kann man unmöglich singen?

Ja, die gibt es relativ oft (lacht). Wir versuchen stellenweise Dinge umzusetzen, die 'unerhört' sind, und Komponisten reizen das aus. Man denkt dann oft: Wie soll das denn gehen? Dann wirft man sich rein und stellt fest, dass das menschliche Gehirn ein Wunderwerk ist und man ziemlich viel kann. Das erfordert eine gewisse Gelassenheit, die ehrlich gesagt nicht immer vorhanden ist. Aber ein neues Stück lässt sich immer erst nach der Uraufführung beurteilen, und wir sind auch schon einige Male sehr skeptisch an Partituren rangegangen, haben viel geschimpft und gestöhnt, und am Ende hat sich die viele Mühe doch ausgezahlt!

Sie pendeln jeden Tag fast zwei Stunden zwischen Landau und Stuttgart. Warum tun Sie sich das an?

Landau bedeutet Heimat für mich. Ich bin dort geboren, ich bin dort aufgewachsen. Es ist sogar so, dass ich im Urlaub nach Dänemark fahre und es dort auch total schön finde. Trotzdem schaue ich mir am dritten Tag Bilder von der Südpfalz im Internet an, weil ich sie vermisse. Ich bin Pfälzer durch und durch und kann mir nicht vorstellen, woanders zu leben.

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