Herr Müller, Sie haben mit dem Schulmusikstudium begonnen. Warum sind Sie dann doch nicht Lehrer geworden?
Gesang fand ich schon immer sehr reizvoll. Und eigentlich habe ich auch schon immer davon geträumt, Sänger zu werden. Ich habe mir nach dem Abitur nicht so recht zugetraut, mit dem Singen meine Brötchen zu verdienen. Während des Studiums hatte ich auch Gesangsunterricht und dabei gemerkt, dass ich durchaus mit den reinen Sängern mithalten kann. So habe ich mir im fünften Semester Schulmusik gesagt: Jetzt mache ich noch die Aufnahmeprüfung für Gesang. Und diese habe ich dann auch bestanden.
Aber Rockstar wollten Sie nie werden?
Ich wollte schon immer in die klassische Richtung. Natürlich habe ich in meiner Jugend auch Rockmusik gehört, und das möchte ich auch nicht missen. Es ist aber so, dass sich im Popbereich alles im sehr hohen Stimmbereich abspielt. Da ist es ganz selten, dass mal tief gesungen wird.
Was bedeutet Ihnen das Chorsingen?
Es bedeutet mir sehr viel. Es ist immer noch die schönste Art Musik zu machen. Außerdem ist es auch die einfachste Art, weil man kein Instrument braucht. Und wenn viele Menschen zusammen singen, ist das für mich immer noch das Erhebendste.
Sie sind auch als Solist tätig. Welche Aufführungsform sagt Ihnen mehr zu?
Das hat alles seinen Reiz. Klar, wenn man mal außerhalb als Solist unterwegs ist, dann ist man dem näher, was man mal studiert hat. Man studiert ja Arien, um sich als Solist präsentieren zu können. Ich freue mich aber immer auf die spannenden Chorprojekte. Diese Herausforderungen haben auch ihren Reiz. Es ist schwer, das gegeneinander aufzuwiegen. Zum Glück gibt es beides.
Was muss ein Sänger für das SWR Vokalensemble mitbringen?
Man muss außer der reinen Musikbegabung ein abstraktes Musikverständnis mitbringen und eine gewisse sängerische Intelligenz. Erkennt der Sänger, wie er in der Gruppe agiert, oder liefert er mit Scheuklappen einfach nur seinen eigenen Part ab? Man muss sich auf Unbekanntes und Ungewöhnliches einlassen können, da wir eben auch sehr viel Neue Musik machen. Man muss ein sehr kompletter Sänger sein.
Haben Sie noch andere Leidenschaften außer der Musik?
Ich treibe sehr viel Sport: Fußball, Tischtennis, Schwimmen, Radfahren. Seitdem ich im Rundfunkchor bin, habe ich das Laufen für mich entdeckt. Zunächst war es für mich ein Ausgleich zum Beruf, und irgendwann habe ich angefangen, bei Wettkämpfen mitzumachen. Meine Spezialdisziplin ist der Halbmarathon, und meine Bestzeit liegt bei einer Stunde und zwanzig Minuten. Jetzt nehme ich den Marathon in Angriff und bin auch in einen Triathlon-Verein eingestiegen.
Sehr sportlich! Wie wirkt sich das auf den Gesang aus?
Mir hilft der Sport besonders bei der Einstellung. Wie gehe ich an schwierige Projekte ran, für die es auch mal schwer fällt, sich zu motivieren? Ich nehme das dann eben sportlich und entwickle den Ehrgeiz: Hier hängt die Latte, hier muss ich drüber.