Wagners romantische Oper „Lohengrin“ erzählt die schicksalhafte Geschichte der Elsa von Brabant und ihres „Schwanenritters“ Lohengrin. Jetzt ist das Libretto in einer Neu-Edition beim Verlag C. H. Beck erschienen – eindrucksvoll und poetisch illustriert von den Arbeiten des Künstlerehepaares Neo Rauch und Rosa Loy. Für Eva Hofem „ein Buch zum Staunen“.
Man könne ja meinen, es handele sich bei dieser Neuerscheinung von Richard Wagners Romantischer Oper „Lohengrin“ einfach nur um alte Worte im neuen Gewand. Doch weit gefehlt! Denn der altehrwürdige Librettotext ist so geschmackvoll und bezaubernd illustriert, dass sogar Wagners detailreiche, aber zuweilen langatmig werdende Szenenanweisungen mit ein bisschen blauer Farbe zu einer Märchenwelt erwachen.
Doch es handelt sich hier nicht um ein bebildertes Märchenbuch, sondern um die Bühnenbild- und Kostümskizzen der aktuellen Bayreuther Lohengrin-Inszenierung. Premiere hatte sie 2018. Da sind durch die Fachpresse Fotos gewandert, die eine Bühne komplett in Blau zeigen: Blaues Licht, blauer Samt, blaue Perücken. Angelehnt sei dies an den Ausspruch von Friedrich Nietzsche, der im Lohengrin narkotische Wirkungen erkannt haben will und diese mit der Farbe Blau gleichsetzt. Auch wenn die Kritik an dem Konzept von Regisseur Yuval Sharon gespalten bis gelangweilt reagierte, tut das den großformatigen Bühnenbildern vom Leipziger Star-Maler Neo Rauch keinen Abbruch. Und genau darum geht’s in diesem, fast möchte man sagen „Bildband“: Bühnenbildrückwände als eigenständige Kunstwerke. Über den Zusammenhang zwischen Bühnenraum und Bildender Kunst äußert sich auch der Lohengrin-Dirigent Christian Thielemann in einer Einführung, die im Buch abgedruckt ist:
Thielemann gibt in dieser Einführung aus seinem Buch „Mein Leben mit Wagner“ unter anderem Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Oper, in musikalisch wichtige Themen und in seine bevorzugten Referenzaufnahmen. Das liest sich alles vergleichsweise persönlich und zugewandt.
Der lockere Schreibstil macht es leicht, Thielemanns Ausführungen zu folgen, auch wenn es nichts an den gelegentlich etwas unverständlichen politischen Wirren der Uraufführung ändert.
Die Abbildungen der Bühnenbilder sind in bester Qualität und ganzseitig gedruckt, was die Acryl- und Ölgemälde auch im kleinen Format fast schon haptisch zur Geltung kommen lässt. Ebenso wie die Kostümentwürfe von Rosa Loy: Keine einfachen Bleistiftzeichnungen, sondern wahre Kunstwerke in Aquarelltechnik sind das, bis ins kleinste Rocksaumdetail. Und dennoch tut es dem Betrachter gut, den doch recht zeit- und inszenierungslosen Begleittext von Thielemann für ein besseres Lohengrin-Verständnis zu Rate zu ziehen.
Auch wenn es „nur“ ein Libretto ist – durch die emotionalen, melancholischen, aber dennoch schimmernden Bilder von Neo Rauch und Rosa Loy wird Wagners Text aufgebrochen. Aus einem reinen Dramentext wird ein Buch zum Staunen und Anfassen. Der hochwertige Leineneinband und die dicken Papierseiten tun gemeinsam mit den beruhigenden Blautönen ihr Übriges. Ein Buch zum Schmökern und Gernhaben eben.