Mannheimer Nachklang
Wenn einer eine Reise tut, dann hat er was zu erzählen - sagt man so landläufig. Im Falle von Wolfgang Amadeus Mozart kann man das etwas modifizieren und sagen: der hat was zu komponieren. Denn die Sinfonien, die Mozart nach seiner berühmten Mannheim-Paris-Reise im Jahr 1777/78, als er allein fast fünf Monate im Wirkkreis der berühmten Mannheimer Hofkapelle weilte, hatten auch in seiner Art Sinfonien zu komponieren, Spuren hinterlassen.
Die Hofkapelle des Kurfürsten galt zu ihrer Zeit als das beste Orchester Europas, das stark von Johann Stamitz und seiner brillianten Orchestertechnik geprägt und geformt wurde, der auch komponierend der Sinfonie - etwa indem er sie mit vier Sätzen ausstattet - für das klassische Sinfonieformat erhebliches leistete.
Keine Klarinetten, aber viele Ideen im Reisegepäck
Und Mozart, der in Mannheim gerade seinen 22. Geburtstag feierte, nahm diese Anregungen gerne auf. Dort sah und hörte er Dinge, die er auch in seinen Sinfonien verwenden mochte - "ach, wenn wir auch nur clarinetten hätten" schreibt er an seinen Vater nach Salzburg. Zurückgekehrt nach Salzburg hatte er 1779 zwar immer noch keine Klarinetten, dafür aber von seiner Reise unglaublich viele Ideen mitgebracht, wie man auch mit der kleinen Bläserbesetzung (je zwei Oboen, Hörner und Fagotte) vielfältige Klangfarben 'zaubern' kann.
Virtuoser Stil aus Mannheim im Finale
Nach den eher kleinformatigen, kammermusikalischeren Salzburger Sinfonien und vor den späteren, großzügigen Wiener Sinfonien der 1780er Jahre steht diese B-Dur-Sinfonie als eine gelungene, dem Stil der Mannheimer Schule verpflichtete Zwischenvariante. Vor allem im Finale kommt der virtuose Stil aus Mannheim voll zum Tragen, locker geformt, durchaus heiter und gleichzeitig im marschierenden Gestus kommt der Satz daher, in dem die Bläser mit einer ausladenenden Melodie - fast wie eine vorwitzige Dorfkapelle - in den höchst kultivierten Streicherklang hereinbrechen.
Mozart komponierte in Wien für seine B-Dur-Sinfonie ein neues Menuett, und in dieser Wiener Fassung erschien die Sinfonie als einer der wenigen Mozartsinfonien auch zu Mozarts Lebzeiten in Druck.
Kurpfälzisches Kammerorchester
Seit seiner Gründung im Jahr 1952 hat sich das Kurpfälzische Kammerorchester in besonderem Maße der Wiederentdeckung und Pflege der Mannheimer Schule verpflichtet und steht damit unmittelbar in der traditionsreichen Nachfolge der berühmten Mannheimer Hofkapelle zu Zeiten von Kurfürst Carl Theodor (1724–1799).
Erst mit dem Kurpfälzischen Kammerorchester kehrte die Mannheimer Schule zurück an Rhein und Neckar und wieder in das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit. Durch seine jahrzehntelange, unermüdliche Arbeit – seien es unzählige Konzertauftritte, Rundfunk- und Tonaufnahmen oder auch Werkeditionen – fanden viele bedeutende Werke der Mannheimer Komponisten wieder Einzug in die weltweiten Konzertprogramme. Bis heute leistet das Kurpfälzische Kammerorchester somit einen unverzichtbaren Beitrag, das außerordentlich reiche musikhistorische Erbe der Region weit über die Landesgrenzen hinaus lebendig zu halten. Seit der Saison 2013/2014 setzt der Schweizer Johannes Schlaefli als neuer Chefdirigent des Kurpfälzischen Kammerorchesters die musikalischen Akzente.