Musikstück der Woche

Das SWR2 New Talent Duo Esther Valentin und Anastasia Grishutina mit Robert Schumann: Frauenliebe und Leben op. 42

Stand
Autor/in
Felix Werthschulte

„Frauenliebe und Leben“ ist einer der bekanntesten Liederzyklen der Romantik. Unser SWR2-Musikstück der Woche wird interpretiert vom Lied-Duo Esther Valentin und Anastasia Grishutina.

Beide Musikerinnen werden seit diesem September für drei Jahre als SWR2 New Talent gefördert. Felix Werthschulte hat die beiden New Talents interviewt.

Frau Valentin, Frau Grishutina, warum haben Sie sich entschieden, Schumanns „Frauenliebe und -leben“ einzustudieren?

Esther Valentin: Es gehört zu den Repertoire-Stücken jeder Liedsängerin, außerdem ist es traumhafte Musik! Schumann ist einer meiner Lieblingskomponisten, und wenn er schon einen Zyklus für eine Frauenstimme geschrieben hat, muss ich ihn einfach singen.

Anastasia Grishutina: Dieser Zyklus ist eines der Lieblingsstücke meiner ehemaligen Lehrerin für Liedgestaltung in Moskau. Ich habe gehört, wie sie dieses Werk erarbeitet hat. Seitdem liebe ich es sehr, und es ist für mich etwas ganz Besonderes.

Der vertonte Text stammt von Adelbert von Chamisso. Wie und was wird darin geschildert?

Esther Valentin: Es wird eine Geschichte aus dem Leben erzählt, die jedem widerfahren kann. Man findet einen Menschen, den man über alles liebt, heiratet und mit ihm eine Familie gründet ...

Anastasia Grishutina: … eine Geschichte der ersten und einzigen innigen Liebe einer Frau, deren Leben zunächst mit dem ersten Blick auf den Geliebten und danach mit dessen Tod verändert wird. Schumann wiederholt am Ende fast jeden Liedes dessen erste Zeilen. Das letzte Lied endet mit dem Motiv des ersten Liedes – nur im Klavier, weil sie jetzt allein mit ihren Erinnerungen ist. So entsteht ein Kreis.

Das Entstehungsjahr 1840 ist das Jahr, in dem Robert und Clara Schumann heiraten konnten. Robert Schumann musste sich dafür mit harten, juristischen Bandagen gegen seinen Schwiegervater durchsetzen. Inwiefern sind solche Lebenserfahrungen des Komponisten auch für Ihre Interpretation dieser Musik wichtig?

Esther Valentin: Es ist super spannend, sich mit den Hintergründen der Kompositionen zu beschäftigen. Das inspiriert und verfeinert eine Interpretation. Aber man darf auch nicht vergessen, dass Gedichte und Musik von uns Künstlern interpretiert werden müssen: Wir nehmen ein Stückchen Vergangenheit und holen es in unsere heutige Zeit.

Anastasia Grishutina: Es ist wichtig, den Kontext zu kennen. Ich bin auch der Meinung, dass Leid manchmal produktiver für Künstler sein kann, als wenn alles in ihrem Leben gut geht und problemlos läuft. Aber es ist auch sehr wichtig für uns als Interpreten, unsere persönlichen Erfahrungen und Gefühle mitzubringen. Dann spürt das Publikum unsere Empathie und glaubt, was wir auf der Bühne erzählen.

Fortsetzung des Gesprächs mit Esther Valentin und Anastasia Grishutina

Das weibliche lyrische Ich ist gefügig, ganz auf den Liebhaber und späteren Ehegatten bezogen. Als sein Leben endet, endet praktisch auch ihres. Verstehen Sie die Kritik, das seien völlig verstaubte Rollenklischees aus einer vergangenen Zeit? Warum lohnt es sich, den Zyklus heute trotzdem aufzuführen?

Esther Valentin: Ich verstehe die Kritik überhaupt nicht. Kann man sich heutzutage nicht auch in einen Mann verlieben und würde alles für ihn tun? Jeder kennt diese bedingungslose „jugendliche“ Liebe. Auch heute gibt es junge Frauen, die gerne heiraten. Und dass ein Mensch das Gefühl hat, sein Leben würde enden, wenn der Partner stirbt, ist für mich nachvollziehbar.

Anastasia Grishutina: Es ist sehr schön selbständig und erfolgreich im Beruf zu sein, aber die Möglichkeit zu haben, im Privatleben zu lieben und geliebt zu sein, ist für alle wichtig. Wir suchen nach unserer zweiten Hälfte. Wenn wir sie finden, ist es hoffentlich sehr glücklich und harmonisch. Und wenn die zweite Hälfte stirbt, dann stirbt auch ein Teil von uns, obwohl das Leben weiter geht. Das ist für mich die Botschaft dieses Zyklus.

Als SWR2 New Talent werden Sie in den kommenden knapp drei Jahren besonders gefördert. Verraten Sie uns, was diese Förderung für Sie künstlerisch bedeutet?

Esther Valentin: Es ist eine große Chance und Ehre für uns. Wir haben nun die Möglichkeit, uns Projekte auszudenken und sie wirklich in die Tat umzusetzen. Das ist gerade als Berufsanfänger etwas Besonderes.

Anastasia Grishutina: Die Möglichkeit, unsere Ideen und Projekte zu realisieren und diese mit einem noch breiteren Publikum zu teilen. Dafür sind wir sehr dankbar!

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Autor/in
Felix Werthschulte