Verborgen hat Poldowski alias Régine Wieniawski ihren Namen unter einem androgynen Pseudonym, vergessen wurden die jüngste Tochter des berühmten Geigers und Komponisten Henryk Wieniawski und ihre Musik bald nach ihrem Tod 1932. Grund genug, die feinsinnigen Kompositionen der Komponistin zu spielen und zu hören.
Verborgen und vergessen
Régine Wieniawski, die spätere Lady Irène Dean Paul, veröffentlichte ihre Kompositionen unter dem Namen "Poldowski". Als jüngste Tochter des berühmten Violinisten und Komponisten Henryk Wieniawski verhalf ihr der androgyne Name zu größerer Anonymität und zollte gleichzeitig ihrer polnischen Herkunft Tribut.
Die Qualität ihrer Musik aber ist so außerordentlich, dass dieses Verbergen ihrer eigentlichen Persönlichkeit seltsam erscheint. Schließlich war sie um 1900 bis zu ihrem Tod eine sehr bekannte Komponistin, ihre Werke wurden häufig in allen musikalischen Zentren der damaligen Zeit aufgeführt.
Karriere in Paris und London
Geboren am 16. Mai 1879 in Brüssel, wurde die Komponistin bereits mit 12 Jahren im dortigen Konservatorium aufgenommen, um Komposition bei François-Auguste Gevaert zu studieren. Nach ihrer Heirat mit dem englischen Baronet Sir Aubrey Dean Paul 1901 erhielt sie britische Staatsbürgerschaft, studierte aber weiterhin in Paris unter anderem bei Vicent d'Indy an der Schola cantorum.
Zwischen 1900 und 1904 veröffentlichte sie ihre ersten Lieder mit Klavierbegleitung unter ihrem Mädchennamen Irène Wieniawska. Nach 1911 wurden viele Lieder sowohl in Paris als auch in London veröffentlicht, Poldowski wurde berühmt in ganz Europa und in New York.
Häufige Aufführungen ihrer Werke machten die Komponistin darüber hinaus bekannt und begehrt bei führenden Interpreten, so dem Tenor Gervase Elwes oder Sir Henry Wood, der sie zwei Mal einlud, ihre Werke bei den bekannten "Promenade Concerts" (Proms) in der Queen's Hall vorzustellen.
Große Leidenschaft: die Lyrik von Paul Verlaine
Poldowski wurde hauptsächlich als Lied-Komponistin bekannt; nach ihrem Tod geriet sie schnell in Vergessenheit - ein Schicksal, das sie mit vielen ihrer weiblichen Zeitgenossen verbindet. Die Wiederentdeckung ihrer Lieder rückt heute neben der Wertschätzung ihrer Werke immer mehr ihre faszinierende Persönlichkeit in den Vordergrund.
Stilistisch ist ihre Musik eindeutig französisch (Gabriel Fauré, Claude Debussy) geprägt. Den hochromantischen Stil des Fin de siècle hört man besonders in ihren frühen Liedern auf Texte von Paul Verlaine, die sie zu ihren besten Werken inspirierten.
Ihre Individualität brachte sie durch subtile Veränderungen in Harmonik, Melodik und formalen Veränderungen zum Ausdruck und bot damit eine kongeniale musikalische Lesart der einfühlsamen Lyrik des Dichters. Zu ihren hervorragenden Liedern gehören das furiose "L'heure exquise" und die leidenschaftliche Fassung von "Spleen" sowie das temperamentvolle "Dansons la Gigue".
Exklusiv beim SWR aufgenommen – fürs Radio und Internet
#Zusammenspielen heißt die Aufnahme-Reihe, für die SWR2 im Corona-Jahr 2020 freiberufliche Musiker*innen in die Studios eingeladen hat. Über 60 Musiker*innen und Ensembles unterschiedlicher Couleur waren dafür bei uns – mit Lieblingsstücken und Repertoire, das wir im Radio senden und im Netz anbieten wollen. Im Musik-Podcast #Zusammenspielen auf SWR2.de gibt’s die Aufnahmen kombiniert mit Musiker-Gesprächen; ausgewählte Stücke – wie dieses – bieten wir auch als Musikstück der Woche an.
#zusammenspielen - freie Musiker*innen für SWR2 Das Liedduo Christina Landshamer und Gerold Huber
„Wie Butter in der Kehle“ liegen die Lieder von Irene Wieniawska, findet Sopranistin Christina Landshamer. Pianist Gerold Huber und sie haben die Komponistin neu für sich entdeckt und sind begeistert von der „genialischen Einfachheit“ ihrer Musik. Dazu hat das Liedduo barocke Arien von Henry Purcell aufgenommen, die Komponist Benjamin Britten arrangiert und zu „Kunstlied-Brillanten“ umgearbeitet hat.