Vor dem Urlaub gibt es meistens noch einiges zu erledigen – sei es zuhause oder im Büro. Spätestens nach diesem Endspurt ist man dann wirklich urlaubsreif. Auch Maurice Ravel kannte diese Problematik.
Eine ausgeklügelte Marketingstrategie
1905 wurde Maurice Ravel von Freunden auf einen Bootsurlaub eingeladen. Bevor er sich aber mit der schnittigen Luxusjacht davonmachen konnte, musste er noch ein paar Noten zu Papier bringen. Die Pariser Instrumentenbau-Firma Erard hatte ein Werk bei ihm in Auftrag gegeben, um ihre neueste Harfen-Errungenschaft zu bewerben.
Die Harfe war damals ziemlich in Mode – vor allem in Frankreich. Allerdings tüftelten die Instrumentenmacher noch immer an der perfekten Harfe. Mit der sollten alle Halbtonschritte möglichst problemlos abgedeckt werden können. Aus dem Hause Erard kam eine sogenannte Doppelpedalharfe, bei der die Saiten durch Fußpedale verschieden gestimmt werden können. Damit konnte man ganz entspannt zwischen den Tonarten hin- und herwechseln.
Die Firma Erard war mit ihrer Entwicklung aber nicht allein. Es tobte ein Konkurrenzkampf. Das Unternehmen Pleyel hatte ebenfalls eine neue Harfe auf den Markt gebracht. Um das neue Instrument zu bewerben, gab die Firma extra eine Komposition bei Claude Debussy in Auftrag – kein schlechter Einfall, fand auch das Konkurrenzunternehmen Erard.
Das kopierte einfach die Marketingstrategie und beauftragte Maurice Ravel mit einem Werk. Und damit wären wir wieder bei unserem Ausgangspunkt: Die Sache mit den lästigen Aufgaben vor Urlaubsbeginn.
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Als lästig empfand Ravel den Kompositionsauftrag tatsächlich – schließlich saß er mehr oder weniger schon auf gepackten Koffern: In einem Brief an einen Freund erklärt er, dass eine Woche Arbeit und drei schlaflose Nächte genügen müssten, um das Stück zu beenden – sei es zum Guten oder Schlechten.
Es ist offenbar zum Guten geschehen. Heraus kam die Komposition „Introduction et Allegro“ für Harfe, Flöte, Klarinette und Streichquartett – ein wahres Meisterwerk der Instrumentation.
Doch die beschauliche Besetzung täuscht. Gekonnt spielt Ravel mit den Klangfarben: Mal entsteht ein filigranes Gewebe, ein anderes Mal scheint sich das Septett zu einem ausgewachsenen Orchester auszudehnen. Auf einmal ist man umhüllt von Musik. Überall sind Töne. Es findet sich kein freier Platz mehr im Takt. Und dazwischen heißt es natürlich immer wieder: Bühne frei für die Harfe – für die wurde das Stück schließlich auch geschrieben.
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