Große Geste und Augenzwinkern zwischen den Notenzeilen - beides entlockt das Cuarteto Casals Beethovens letztem Streichquartett vom schwer gefassten Entschluss.
Muss es sein? Fürs Musikstück dieser Woche gilt, was Beethoven in seiner Musik mit Nachdruck bekräftigt: Es muss sein!
Es muss sein, es muss sein!
Des Einen Steuererklärung ist des Anderen Bügelwäsche! Es gibt sie, diese Dinge, die einem zuverlässig drei widerwillige Worte entlocken: „Muss es sein…?“
Ludwig van Beethoven hat diese drei Worte mit Tönen versehen. Zusammen mit dem Titel „Der schwer gefasste Entschluß“ stehen sie einmal als Frage und zweimal als Antwort angeordnet über dem Schlusssatz seines 16. Streichquartetts. Von Grave – „Muss es sein?“ bis Allegro - „Es muss sein!“ entspinnt Beethoven darin ein tiefgründiges und humorvolles Frage-Antwort-Spiel.
Schon vom ersten Takt an ist in diesem Quartett kammermusikalisches Feingefühl gefragt, denn die Stimmen greifen ständig ineinander und spielen sich die Bälle zu. Den allerersten Anfang macht die Bratsche. Mit ihrem dritten Anlauf bringt sie die Melodie ins Rollen; und als wäre Beethoven schon im ersten Satz um einen Entschluss verlegen gewesen, erklingt das Thema einmal angestoßen nicht in einem Instrument allein, sondern durchwandert leichtfüßig den Stimmensatz.
Warm, wärmer, Des-Dur
Im Vivace legt Beethoven den Turbogang ein. Synkopen sorgen für Drive, und im Mittelteil entlädt sich die angesammelte Bewegungsenergie vollends. Während die erste Geige übers Griffbrett hüpft, geraten die Unterstimmen in einen beinahe ruppige Begleitfigur. Das stört aber kein bisschen, denn ehe man sich‘s versieht, ist der zweite Satz auch schon vorbeigerauscht.
Von Streichquartetten wird er geliebt! „Lento assai, cantante e tranquillo“, also „langsam genug, singend und ruhig“ hat Beethoven den wunderbaren dritten Satz seines letzten Quartetts überschrieben, ein Variationssatz in Des-Dur. Das sanfte Thema fließt erst in der ersten Violine, später im Cello und ist Musik zum Seele Wärmen.
Beethovens Rätsel
Auf der Suche nach dem biographischen Anlass von Beethovens Motto-Frage im Schlusssatz haben Musikwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler schon viel Tinte vergossen. Weil es ausgerechnet der letzte Satz des letzten Quartetts ist, das Beethoven schrieb, während er sich im Herbst 1826 auf dem Land von Krankheit und der Sorge um seinen Neffen erholte, bietet die rätselhafte Überschrift reichlich Raum für Spekulation. Als wahrscheinlich gilt eine Begebenheit, nach der Beethoven beim Wiener Hofkriegsagent Dembscher auf einer stattlichen Leihgebühr für die Noten zum Quartett op.130 beharrte. Der gab lediglich ein lapidares „Wenn es sein muss!“ zurück, was Beethoven zu seinem frechen Kanon „Es muss sein! Heraus mit dem Beutel!“ und eben zum Anfang des vierten Satzes inspiriert haben soll.
Vielleicht ist der ursprüngliche Anlass der Komposition für unser Hören heute aber auch gar nicht so entscheidend. Interessanter dürfte sein, welche Fragen das spannungsvolle Wechselspiel der Stimmen in uns anklingen lässt. Muss es sein? Es muss!