Musikstück der Woche

Ludwig van Beethoven: Quintett für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier Es-Dur op. 16

Stand
Autor/in
Felix Werthschulte

Mit gerade einmal 26 Jahren vollendete Ludwig van Beethoven sein Klavierquintett op. 16. Das Werk verrät einiges über den jungen, aufstrebenden Tastenkünstler und sein Umfeld in Wien.

Das SWR2-Musikstück der Woche wird interpretiert von Mitgliedern des Ventus Bläserquintett Salzburg, die Aufnahme entstand 2011.

Erste Erfolge in Wien

Die Wien-Reise des Jahres 1792 sollte für Ludwig van Beethoven eigentlich nur eine Episode werden. Doch dann wurde seine Heimat, das Rheinland, von den Franzosen besetzt. Beethoven blieb in Wien und begann, sich in der Donaustadt zu etablieren: als beeindruckender Virtuose und gefragter Komponist.

Doch wie ließ sich für den jungen Künstler ein öffentliches Interesse erzeugen? Beethoven beantwortete diese Frage unter anderem dadurch, dass er musikalische Trends der damaligen Wiener Gesellschaft aufnahm und auf seine Art und Weise „kommentierte“. So geschah es beim „Gassenhauer-Trio“, dessen Finale eine damals berühmte Opernmelodie aufgreift. Auch das Quintett für Klavier und Bläser op. 16, begonnen in der ersten Hälfte des Jahres 1796, wäre in seiner besonderen Besetzung ohne den damaligen Wiener Zeitgeist – und ohne das Vorbild Wolfgang Amadeus Mozart - kaum denkbar.

Der US-amerikanische Beethoven-Biograph Alexander Wheelock Thayer schrieb im 19. Jahrhundert:

„In diesem Werke tritt Beethoven ersichtlich und unmittelbar mit Mozart in Wettstreit, der ein Quintett in ganz gleicher Zusammensetzung, in derselben Tonart und in genau derselben Form schrieb.“

Ein wenig lässt Beethoven in seinem Quintett auch Mozart durchklingen, wie schon der Komponist Carl Reinecke feststellte: „…wenn der jüngere Meister im Quintett, op. 16 den Mozartschen Spuren mit Bewußtsein folgt, so sucht er dies in keiner Weise zu verbergen, sondern er wählt … lauter Motive, welche überall auf populär gewordene Melodien von Mozart hinweisen, gleichsam als wolle er der Welt zeigen, daß er die geistige Erbschaft Mozarts angetreten habe.”

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Das Prinzip Harmonie

Wenige Jahre zuvor, im April 1782, hatte Kaiser Joseph II. die Gründung eines Bläseroktetts veranlasst, das der Repräsentation der höfischen Musikkultur dienen sollte. Diese so genannte „kaiserliche Harmonie“ bestand aus je zwei Oboisten, Klarinettisten, Fagottisten und Hornisten. Das Prinzip machte von sich reden: Bald hatten viele weitere Fürstenhöfe, die musikalisch etwas auf sich hielten, ebenfalls eine eigene „Harmonie“.

Zwar sind in Beethovens Klavierquintett die Stimmen nur einzeln besetzt, dennoch wirkt das „Harmonie-Prinzip“ nach: Wie ein Orchester im Miniaturformat stehen die vier Bläser dem Klavier gegenüber. Auch wenn es für Oboe, Klarinette, Fagott und besonders Horn einige demonstrativ herausgestellte Passagen gibt, so ist besonders der Klavierpart virtuos, mit brillanten Läufen und kraftvollen Akkorden.

Eine Bühne für Virtuosenkünste

Denn es war vor allem Beethoven selbst, der mit seiner eigenen Komposition das Publikum zu beeindrucken gedachte. Und dieser Plan ging offenbar gut auf. So erinnerte sich sein Schüler Ferdinand Ries an eine Aufführung im Haus des Fürsten Lobkowitz, bei welcher sich der junge Klaviervirtuose so einige Freiheiten gegenüber seiner eigenen Partitur nahm – zur Verwirrung der Mitspieler und zum Amusement der Zuhörer: „Im letzten Allegro ist einige Mal ein Halt ehe das Thema wieder anfängt; bei einem derselben fing Beethoven auf einmal an zu phantasiren, nahm das Rondo als Thema und unterhielt sich und die andern eine geraume Zeit …“

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Felix Werthschulte