Musikstück der Woche

Ludwig van Beethoven: Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier B-Dur op. 11 "Gassenhauer-Trio"

Stand
Autor/in
Felix Werthschulte

Manche Wörter der deutschen Sprache sind so schrullig und gemütlich, dass man sie einfach gern haben muss: „Gassenhauer“ zum Beispiel. Das wunderbar antiquierte Wort für einen Hit, der in aller Munde ist, hätte bis heute wohl nicht in unserem Wortschatz überlebt, gäbe es da nicht dieses berühmte Werk von Ludwig van Beethoven. Die Klarinettistin Sharon Kam spielt das Gassenhauer-Trio mit Gustav und Paul Rivinius.

Auf der Straße zu singen

Nur ein einziges Mal kam Beethoven darauf, ein Stück original für Klarinette, Cello und Klavier zu komponieren. Das ist überraschend, denn anders als etwa das Streichquartett oder selbst das Klaviertrio hatte diese Kombination eines Blas-, Streich- und Tasteninstruments zu seiner Zeit noch überhaupt keine Vorgeschichte.

Die Anregung erhielt Beethoven vielleicht vom Klarinettisten Joseph Beer. Dieser war ein ausgezeichneter Virtuose und ein echter Pionier auf seinem Instrument. Verständlich, dass er stets auf der Suche nach konzerttauglicher Literatur gewesen sein wird. Musik, die brillant und gleichzeitig kunstvoll klang, komplex und doch eingängig, verspielt und dann wieder anrührend.

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Große Show und subtile Kunst

Alle diese Eigenschaften erfüllt das Trio, das Beethoven mit gerade einmal 28 Jahren im Winter 1798 vollendete, grandios. Am Beginn des würdevollen Kopfsatzes erklingt ein demonstrativ geschlossenes, nach oben strebendes und dann harsch abfallendes Unisono. Im weiteren Verlauf spielt Beethoven gekonnt mit den so unterschiedlichen Klangcharakteren der Instrumente.

Gekonnt demonstriert er, wie gesanglich und doch völlig unterschiedlich der Ton von Klarinette und Cello wirken kann, imponiert mit geläufiger Tastenkunst, donnert wuchtige Akkorde und lässt die Einzelstimmen sich umeinander ranken. Doch nicht immer wird die Virtuosität so offen herausgekehrt wie hier am Beginn. Gerade der zweite, sehr schwärmerische Satz erfordert viel Kondition und feinste Tonabstimmungen zwischen Klarinette und Cello, die oft im Einklang musizieren, während das Klavier einen wahren Berg an Noten ganz subtil als Fläche im Hintergrund zaubern muss.

Ein Feuerwerk aus Variationen

Im Finale greift Beethoven dann zu einem Kniff, der dem Trio auch seinen Namen gegeben hat. Es ist ein Thema aus der heute längst vergessenen Oper „L’Amour mariano“ von Joseph Weigl, die zu Beethovens Zeit in Wien überall bekannt war. „Pria ch’io l’impegno“ war ein Ohrwurm, der auf der Gasse gesungen und gepfiffen wurde, ein „gemein und schlächt gassenlied“, wie die Brüder Grimm später in ihrem Wörterbuch schrieben. Was faszinierte Beethoven an dieser Melodie? Vielleicht waren es ja die kecken, ja vorwitzigen Akzente, die sich auch in seiner eigenen Musik so häufig wiederfinden?

Das muntere Thema jedenfalls wird von Beethoven jedenfalls auf verschiedenste Weise beleuchtet. Mal erscheint es Basis für eine auftrumpfende Klaviervariation, dann als Kanon, als Trauermarsch, als treibender Walzer und so weiter. Und auch am Ende des Endes wartet Beethoven mit einem kleinen Coup auf: Die Opernmelodie kehrt nicht der Tradition gemäß in ihrer Grundgestalt wieder, vielmehr wirkt sie im geschwinden Sechsachteltakt wie berauscht.

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Felix Werthschulte