Musikstück der Woche

Tabea Zimmermann spielt Johannes Brahms: Sonate für Viola und Klavier f-Moll op. 120 Nr. 1

Stand
Autor/in
Marcus Caratelli

Brahms entschied sich 1890, das Komponieren aufzugeben. Da war er 57 Jahre alt. Dank dem Klarinettisten Richard Mühlfeld überlegte er sich’s nochmal anders.

Mühlfelds unnachahmliches Spiel soll Brahms bewogen haben, neben einem Trio und Quintett auch noch zwei Klarinettensonaten zu komponieren.

Die Fassung für Viola und Klavier zählt dabei heute zum festen Repertoire für Bratschisten.

Die Meininger Hofkapelle war nicht nur für Johannes Brahms ein ungemein wichtiger Klangkörper, unter Dirigent Hans von Bülow entwickelte sich das Orchester rasch zu einem Spitzenklangkörper in Europa.

Der Autodidakt Richard Mühlfeld (1856-1907) war im Orchester zunächst als zweiter Geiger angestellt. Bald avancierte er zum zweiten Klarinettisten und vertrat immer öfter auch seinen Kollegen am ersten Pult, dessen Platz er schließlich auch einnahm.

Mühlfeld wurde zum „Kammervirtuosen“ ernannt und 1890 zum Musikdirektor. Es begann eine rege solistische Tätigkeit. In diese Zeit fällt auch die persönliche Bekanntschaft und Freundschaft mit Johannes Brahms, der dem Orchester seit Jahren treu verbunden war.

Nach dem Klarinettentrio und -Quintett schrieb er seinem Freund 1894 in Ischl schließlich auch die beiden Klarinettensonaten auf den Leib. In gemeinsamen Konzerten begleitete er Mühlfeld fortan auch am Klavier.

„Quasi dasselbe, mit anderen Worten“

Was Umberto Eco in seinem Buch über das Übersetzen und Übertragen so kurz und knapp auf den Punkt bringt, lässt sich auch über die beiden Klarinettensonaten sagen. Denn unser Musikstück der Woche mit Tabea Zimmermann ist die Version für Bratsche und Klavier, die Brahms selbst herausgegeben hat.

Für die Frankfurter Aufführung des Jahres 1894 hatte er auch den Geiger Joseph Joachim eingeladen. Für den Fall, dass sein Klarinettist Mühlfeld verhindert sein sollte, hatte er vorsorglich auch eine Bratschenstimme vorbereitet und mitgebracht. Zwar kam sie bei dieser Gelegenheit nicht zum Einsatz – Mühlfeld spielte –, Brahms sandte sie aber später ebenso wie die Klarinettenstimme an seinen Verleger Fritz Simrock. Die Version für Bratsche existiert also spätestens seit den Monaten der ersten Aufführungen.

„Die Musik, welche uns der Meister in seinen beiden Sonaten bescheert [!] hat, verzichtet, wohl absichtlich, auf das Gefallen der grossen Menge; um so herzlicher wird sie aber von allen Denen gewürdigt werden, welche ihre vielen inneren Schönheiten und Herrlichkeiten verstehen; ihnen bietet sie eine Quelle der reinsten Freuden […].“

Zeitgenossen Tabea Zimmermann: „Oberflächliches spielt keine Rolle“

Tabea Zimmermann spielt das Instrument, über das andere immer noch gerne Witze machen, die Bratsche. Dass aber der Ruf des Instruments als Gespött des Orchesters in keiner Weise mehr gerechtfertigt ist, liegt auch an ihr. Tabea Zimmermann hat gerade das Solospiel mit der Bratsche auf ein neues Niveau gehoben.  Aufgewachsen in Lahr im Nordschwarzwald, wurde sie nach dem Studium mit 21 Jahren Deutschlands jüngste Professorin.

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Marcus Caratelli