Ein beziehungsreicher Aufbau sowie der erfrischende Umgang mit historischen Formen zeichnet das Musikstück dieser Woche aus.
Etwas Neues wagen
Was die Violinsonate so besonders macht, ist ihr beziehungsreicher Aufbau sowie der erfrischende Umgang mit historischen Formen. Francks Schüler, der Komponist Vincent d’Indy, konstatierte, sie sei „[…] das erste und reinste Model einer Sonatenform mit zyklischen Themen.“ Die idee cyclique besteht darin, durch eine wiederholende Struktur der Themen eine Verbindung durch alle Sätze hinweg zu schaffen, wie ein roter Faden also, der sich durch das Werk zieht.
Eine Idee, die auf Francks Freund Franz Liszt zurückgeht. Nachdem Gabriel Fauré 15 Jahre vor Franck bereits einen Meilenstein der französischen Violinsonaten-Literatur geschaffen hatte, führt Franck diesen Weg in seiner Sonate mit reicher Harmonik und großem Bogen nun weiter.
Das eröffnende Allegretto ben moderato mit seiner wechselhaften Heiterkeit steht im starken Kontrast zum folgenden Allegro, das gespenstisch romantisch daherkommt. Die Wirkung im von Dämmerung verdunkelten Saal am Abend der Uraufführung muss beeindruckend gewesen sein.
Der Erneuerer Franck, auch ein Meister der Orgel, beweist im dritten Satz, wie spielerisch er mit bekannten Formmodellen umgeht: Das Recitativo kommt fast improvisiert daher.
Der letzte Satz, ein kanonisch gearbeitetes Rondo, stößt die Tür zu den großen Meistern der Vergangenheit wieder auf. In schimmernden Farben reflektiert Franck gekonnt das reichhaltige musikalische Erbe. Ein Streben nach harmonischer Perfektion wie in der von ihm verehrten Bachschen Instrumentalmusik und eine nicht geringe Portion italienischer Meister des 18. Jahrhunderts scheinen durch. Das alles gelingt ihm mit großer Sensibilität und Verve.
Antje Weithaas ist Allrounderin auf der Geige: Sie spielt als Solistin, unterrichtet als Professorin, leitet Orchester als Konzertmeisterin und macht leidenschaftlich Kammermusik. Diese Woche ist sie redend zu Gast in SWR2 Zeitgenossen und spielend in unserem Musikstück der Woche.
Zeitgenossen Die Geigerin Antje Weithaas: „Einer muss den Hut aufhaben beim Musikmachen“
Antje Weithaas interessiert sich für „alles, was man mit der Geige machen kann”. In SWR2 Zeitgenossen erzählt sie über ihre Kindheit und Jugend in der DDR und natürlich über ihr wichtigstes Ausdrucksmittel, die Insel und den Ankerpunkt in ihrem Leben: ihre Geige.
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So viel Humor hätte man dem meist grimmig dreinblickenden Beethoven kaum zugetraut: Zwischen zwei aufgewühlt-ernsthaften Sätzen platziert er in dieser Sonate ein beinahe kabarettistisches Kabinettstückchen. Antje Weithaas und Silke Avenhaus spielen.