Musikstück der Woche vom 3.12. bis 9.12.2012

Don Giovanni "auf die harmonie gesetzt"

Stand
Autor/in
Kerstin Unseld

Heute würde man sie "Opern-Mobil" nennen. Früher hieß sie Harmoniemusik: Bläseroktetts transportieren seit der Klassik eingängige Opernmelodien durch's Land.

Das Amphion Bläseroktett hat als ein erfolgreiches junges Ensemble die Bearbeitungen mit Gassenhauer-Qualitäten überzeugend und neu eingespielt.

Taschenoper

Zugegeben: Josef Triebensee, geboren 1772 in Böhmen, war nicht gerade ein Erfolgskomponist. Wer kennt heute schon seine Opern "Liebe macht kurzen Prozeß oder Die Heirat auf gewisse Art" oder "Der (rote) Geist im Donnergebirge". Beide wurden kurz nach Mozarts Tod im Wiener "Theater an der Wieden" uraufgeführt – und völlig vergessen. Aber in Erinnerung geblieben ist der Komponist Triebensee weil er als Oboist sich am erfolgreichen Geschäft des "auf die harmonie"-Setzens beteiligte.  

Die Harmoniemusik ist das, was in Wiens feiner Gesellschaft zum 'guten Ton' gehörte. Vor allem wenn diese feine Herrschaft zu Tisch bat oder wenn sie im Freien feierte, lies sie sich seit etwa 1770 gerne das Ambiente beschallen. Und hierfür wurden je zwei Oboen, Klarinetten, Hörner und Fagotte sowie meist zusätzlich noch ein Kontrabass angeheuert, um zeitgenössische Ohrwürmer zu spielen. Bearbeitungen aus Opern standen hoch im Kurs, aber auch eigens Komponiertes, das nach Promenadenmusik klang, das eine flotte Militärmusik-Geste hatte oder das singend wie ein Ständchen daher kam erfreute sich großer Beliebtheit.

Meistens waren es nicht die Komponisten selbst, die ihre Opern arrangierten. So sind es auffällig oft begabte Oboisten gewesen, die sich an ans Werk machten, um Opern ins Taschenformat zu bringen. Johann Nepomuk Wendt war einer von ihnen, aber auch der Oboist Josef Triebensee, von dem die 17-minütige, bläsergerechte Kurzfassung des "Don Giovanni" stammt. Im Falle von Mozarts Opern gibt es aber eine Ausnahme, denn "Die Entführung aus dem Serail" bearbeitete der Komponist höchst selbst. "Bis Sonntag acht tag muß meine Opera auf die harmonie gesetzt seyn - sonst kommt mir einer bevor - und hat anstatt meiner den Profit davon", schrieb W. A. Mozart 1782 aus Wien an seinen Vater nach Salzburg. Das Arrangieren war schließlich ein einträgliches Geschäft. Sogar am Wiener Hof leistet man sich – neben einem eigenen Orchester - eine kaiserliche und königliche Harmonie, die von 1782 bis 1837 bestand und für die über 170 Opern bearbeitet und insgesamt 22 eigene Werke geschrieben wurden. Ein Glücksfall für Bläseroktette!

Amphion Bläseroktett

Es geschieht eher selten, dass ein Bläserensemble in die internationale Kammermusikelite aufsteigt. Dem Amphion Bläseroktett ist es gelungen. Als Gewinner des selten vergebenen ersten Preises beim "Van Wassenaer Concours", einem Wettbewerb für Alte Musik, 1998 in Den Haag, sorgte das Ensemble schon kurz nach seiner Gründung für internationale Aufmerksamkeit. Es folgten Engagements zu Festivals und etablierten Konzertreihen in ganz Europa.

Als Absolventen der Schola Cantorum in Basel, dem Mekka für historische Aufführungspraxis, standen den Mitgliedern des Amphion Bläseroktetts auch die Türen zu den international renommierten Barockorchestern weit offen. Sie arbeiteten unter Dirigenten wie William Christie, John Eliot Gardiner, Gustav Leonhardt, Jordi Savall und anderen im Ensemble oder auch solistisch.

Das Repertoire des Ensembles reicht von den bekannten Originalkompositionen Mozarts und Beethovens über Wiederentdeckungen heute vergessener böhmischer und Wiener Meister bis hin zu typischen Bearbeitungen von Opern und Sinfonien des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Die Bläser des Amphion Oktetts spielen auf Instrumenten aus der Zeit um 1800 oder deren originalgetreuen Kopien.

Das Amphion Bläseroktett spielt in der Besetzung: Xenia Löffler und Michael Bosch (Oboen), Christian Leitherer und Daniel Beyer (Klarinetten), Erwin Wieringa und Miroslav Rovenský (Horn) Eckhard Lenzing und Adrian Rovatkay (Fagott), Roberto Fernandez di Larrinoa (Kontrabaß).

Stand
Autor/in
Kerstin Unseld