Donaueschinger Musiktage 1999 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 1999: "Cantos Crepusculares"

Stand
Übersetzung
Lydia Jeschke (aus dem Englischen)
Lydia Jeschke

Cergio Prudencio

Cantos Crepusculares (Gesänge der Dämmerung)

Diese Komposition, die von den Donaueschinger Musiktagen in Auftrag gegeben wurde, habe ich für ein Orchester mit 18 Musikern geschrieben, dessen Instrumentarium sich variabel aus folgenden Instrumenten zusammensetzt: 16 Waka Pinkillus (kleine Mundstück-Flöten mit drei Löchern), 6 Q'enas Pusipias (vierlöchrige, direkt geblasene Flöten im Altregister), Sikus Laqitas, 2 Toyos und 4 Sanqas (Panflöten im Bass- und Tenorregister), 2 Paar Sikus-de-11-y-12, Ch'uli Register (Panflöten im hohen Register), 6 Mohoceños: 2 im Bass-, 2 im Tenor- und 2 im Altregister (travers und revers geblasene Mundstück-Flöten), 2 Bombos de Italaki (Große Trommeln), 2 Wankaras (große Snare Drums) und 1 Caja-Chapaca (kleine Snare Drum). Alle diese Instrumente stammen aus der alten Tradition des Bolivianischen Hochlands.

Formal ist "Cantos crepusculares" ein klingendes Kontinuum, das durch eine Vielzahl von thematischen Ideen strukturiert wird. Diese Ideen erzeugen Stimmungen – manchmal aus sich selbst heraus, machmal durch freie und wechselnde Verbindungen zu ähnlichen oder auch kontrastierenden Ideen. In der Dialektik einer jeden Stimmung entsteht die nächste – als eine natürliche Konsequenz der angesammelten Energie. So fließt die Musik.

In diesem Stück gibt es zyklische Elemente, die in immer anderen Kontexten und Bedeutungen wiederkehren. Es gibt aber auch gelegentlich auftretende Elemente, Momente von ausdrucksvoller Übereinstimmung. Konstant ist dabei die reiche innere Struktur eines jeden Materials und aller Beziehungen zwischen den Materialien.

"Cantos crepusculares" erhebt nicht den Anspruch, im Sinne des Titels deskriptive Musik zu sein. Gleichwohl gibt es eine spirituelle Korrespondenz zur Dämmerung mit ihrer Magie und ihrem sich langsam ändernden Licht.