Cantos de Tierra (Lieder der Erde)
In der Kultur des Altiplano in den Anden sehen die Menschen ihre Vergangenheit vor sich. Nur dasjenige, was bereits geschehen ist, können die Menschen überdenken, sich selbst als Teil davon miteingeschlossen. Diesem Gedanken zufolge vergeht die Zeit nicht, sie bleibt; sie ist zirkulär (nicht linear) und statisch (nicht fließend). "Cantos de Tierra" ist eine Annäherung an dieses Konzept aus den Anden. Die Komposition ist außerdem eine Anrufung der Erde als ein organisches Element, als die Stärke der Natur und als Landschaft. Land der ockerfarbenen Tonarten, des unendlichen Horizonts, der ruhigen und großartigen Dynamik. Das Altiplano der Anden.
Zu Beginn und am Ende dieses Stückes spielt das Orchester 11- und 12röhrige Sikus im mittleren Malta-Register. Die Instrumente sind in drei Gruppen unterteilt: diejenigen, die die Obertöne spielen, diejenigen, die die reinen Grundtöne spielen und diejenigen, die Fundamentalklänge blasen. Vier Sets Wassertrommeln (die von den Eingeborenen Zentralamerikas stammen) vervollständigen die Instrumentation und unterstützen mit ihrem inneren Rhythmus aus Fortschreitungen und Pausen die Strukturierung der Sikus in modulierenden Blöcken.
Im zweiten Teil wird die vorangegangene reflexive Atmosphäre noch vertieft, indem die Mohoceños im Bass- und Tenorregister und die 11- und 12röhrigen Sikus im Toyo- (Kontrabass-) Register eine Litanei spielen. Abrupt werden sie durch das schrille Auftreten der Sikus Q'antus (im hohen Sobre Ch'uli-Register) und durch zwei Wankaros, große Snare Drums, unterbrochen. Am Ende eines schwindelerregenden Aufstiegs werden die Sikus schwächer und verschwinden, indem sie die Reprise vorbereiten.
- Festivaljahrgänge
- Donaueschinger Musiktage 1999
- Themen in diesem Beitrag
- Cergio Prudencio, CANTOS DE TIERRA für native Instrument
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