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Mit Materialien, die aus Klängen, Stimmen und Geräuschen bestehen, wird eine akustische Dialektik der Dekonstruktion in Gang gesetzt. Die 'Art Music', die dabei entsteht, könnte vielleicht am Ende einen – wenn auch noch so bescheidenen – Bezug zu den universellen Themen der Macht, der Herrschaft und der Verachtung menschlichen Lebens herstellen.
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Das Werk reflektiert ein Gefühl der Niedergeschlagenheit und des Ausharrens vor einer überwältigenden Macht. Es reflektiert also Beschränkungen der Entfaltung und der menschlichen Erfüllung, auf die – in friedlichen Grenzen – jeder ein Recht und einen Anspruch hat.
Dieses Werk ist ein Organismus, der aus der Störung der natürlichen Entwicklung hervorwächst, aus Unterdrückung und Terror. Es ist eine akustische Invasion: die Unterjochung von Einzelstimmen durch eine Masse, die über Macht verfügt.
Die Thematik ist schwierig. Wegen ihrer traurigen Gültigkeit nähert man sich ihr mit Zurückhaltung, aber zugleich mit der Überzeugung, sie ans Licht bringen zu müssen, und vielleicht den allgemeinen Lauf der Dinge unterbrechen zu können, indem man ihn in der Sprache der eigenen Kunst bloßstellt.
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Das Leiden und der menschliche Widerstand gegen Aggression, die in der Kunst dargestellt werden, stammen aus düsteren Jahrhunderten voller Krieg und Knechtschaft. Aus Jahrhunderten, in denen das Blut der Schwachen durch die Grausamkeiten der Stärkeren vergossen wurde, und in denen sich zugleich der Wille des menschlichen Organismus zeigt, auch den größten Vernichtungsdruck zu überleben.Beim Komponieren von Topophonia tauchte diese anthropologische Einsicht wieder auf, die ein Licht auf das Problem wirft, aber zugleich die Perspektive verdunkelt, indem sie darauf hinweist, wie unumkehrbar das menschliche Leiden ist, dem wir alle ausgesetzt sind, aber dem wir uns, so lange wir atmen können, widersetzen müssen.
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Die Strukturen von Topophonia haben sich Schritt für Schritt durch komplexe technische Prozesse in einer teils festgelegten, teils aleatorischen Vorgehensweise entwickelt.
Es ist im Grunde ein Werk der Stille. Einer Stille ohne Modulation, die durch Lärm ohne Begrenzung unterbrochen wird, bis wieder Stille eintritt.
Die impulsiven Abläufe von Behauptung, Erwiderung und Wiederholung erinnern an die menschliche Physiologie eines absterbenden Herzens mit organischen Veränderungen und atemlosen Pausen zwischen den Schlägen.
Der Organismus des Werks entstand in einer langen Folge von Schnitten aus gefundenen und zusammengesetzten Materialien. Sie tragen noch die Spuren einer Herkunft, die seit der Einfügung in den neuen akustischen Zusammenhang verdeckt ist.
Mein Material – gefunden, dekonstruiert, zusammengesetzt und wieder zerlegt – reflektiert und bekundet seine allgemeine Thematik durch die Ausdrucksmittel meiner eher persönlichen Unruhe, die durch Belastung, Sorgen um andere, Angst, Ärger und Hoffnung angestachelt wird.
Deshalb ist Topophonia ein Werk aus tausend Schnitten: Einschnitten meines Bewusstseins als Zeitgenosse, weil ich täglich zum Zeugen vom Leiden schutzloser Menschen in Kriegsgebieten werde, deren abstrahierte Schreie meine Collage strukturieren. Einschnitte durch meine eigenen Verluste und die Verluste anderer, durch Krankheiten, Unfälle, und den Tod geliebter Menschen, Freunde und Kollegen. Verletzungen, Schnitte, die ich mit einer Klinge dem analogen Tonband zufüge, auf dem ich mein Werk von Hand, Sekunde für Sekunde, Geräusch für Geräusch, Stille für Stille aus der Masse und den Trümmern gefundener und komponierter Materialien aufbaue.
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Topophonia ist als eine akustische Spielform komponiert, in der Stille die tonangebende Stimme hat.
Stille ist das Allerschrecklichste. Stille ohne Modulation. Die Stille eines Lebens ohne Impulse, das den Tod bedeutet.
Das Thema von Topophonia - Klang als Mittel von Unterdrückung und Terror - entfaltet sich in einer akustischen Topographie, in der die Stille gleichbleibend die Spannung hält zwischen Widerstand und potentieller Bedrohung.
Aus dieser Stille heraus entwickle ich durch die Spiegelung wiederholter Strukturen das musikalische Profil des Werks und gleichzeitig ein Profil meiner selbst.
- Festivaljahrgänge
- Donaueschinger Musiktage 1999
- Themen in diesem Beitrag
- Barry Bermange, Topophonia. Komposition Nr. 19