Als Musiker auf Spotify zu sein, ist in der Regel kein ertragreiches Geschäft. Wessen Song 1000 mal gehört wird, bekommt dafür rund 3,40 €. Also ein Einzelfahrschein im Nahverkehr, eine Handvoll Süßigkeiten oder ein gebrauchtes Buch. Wer künftig weniger als 1000 mal gehört wird, bekommt gar nichts mehr ausbezahlt.
Die Sängerin und Aktivistin Balbina ist eine der wenigen in der Branche, die kaum ein Blatt vor den Mund nimmt und Spotify für sein Ausschüttungssystem öffentlich kritisiert.
Für die ARD Doku „Dirty Little Secrets“ hatte sie es erstmals geschafft, mehrere Musikerinnen und Musiker um einen Tisch zu versammeln, die sich ihr anschlossen. Unter den neun waren unter anderem Peter Maffay, Maeckes, Jennifer Weist und Rocko Schamoni.
„Dirty Little Secrets“ bietet in drei Episoden einen tiefen Einblick in die dunklen Seiten der Musikindustrie, offenbart Geistermusiker bei Spotify und geheime Deals mit den Labels.
Blick hinter die Kulissen der Musikwelt „Dirty Little Secrets“ in der ARD Mediathek
Jeder hütet ein Geheimnis. Manche dürfen geheim bleiben. Andere gehen uns alle an. "Dirty Little Secrets” blickt in drei Folgen hinter die Kulissen der glitzernden Musikwelt und erzählt von Deals und schmutzigen Tricks der Mächtigen.
Popstars in Dauerschleife schöpfen Millionen ab
Auf Spotify bemisst sich der Anteil der auszuzahlenden Tantieme am Streamshare, also am Gesamttopf der Einnahmen. Es zählt, wie häufig ein Song länger als eine halbe Minute gespielt wird.
Popstars in Dauerschleife schöpfen Millionen ab. Taylor Swift verdiente so im vergangenen Jahr über 100 Millionen US-Dollar. Für kleinere Künstler bleibt bei etwa 0,3 Cent pro Stream nicht viel zum Leben übrig.
SWR2-Podcast „Was geht - was bleibt?“ zum Thema:
Dabei steckt im Musikmarkt so viel Geld wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr. 2,3 Milliarden Euro wurden im letzten Jahr umgesetzt, allein knapp Dreiviertel davon durchs Streaming. Die Labels haben die Tage der Raubkopierer und illegaler Downloads nicht nur überstanden, mittlerweile geht es ihnen so gut wie in den „Goldenen Zeiten“. Dies gilt jedoch nicht für Musiker*innen.
Musikerinnen verdienen 24 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen
Vom professionellen Musizieren zu leben, gelingt laut einer Studie des Deutschen Musikinformationszentrums (miz) den wenigsten. 70 Prozent der Berufsmusiker*innen gehen zusätzlich zu ihrer musikalisch-künstlerischen Tätigkeit musikpädagogischen Aufgaben oder anderen Tätigkeiten nach, die nichts mit Musik zu tun haben.
Lange haben repräsentative Daten zur Arbeitsrealität und Einkommenssituation von Berufsmusizierenden gefehlt. Nun ist zudem klar: Berufsmusikerinnen verdienen im Durchschnitt rund 700 Euro beziehungsweise 24 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.
Für viele Musiker ist Spotify nur noch ein Marketingkanal
Auch bei der Mannheimer Indie-Newcomerband Engin reichen die Einnahmen durch Spotify bei weitem nicht aus. „Es ist nicht mehr als ein Minijobgehalt, das da monatlich hereinkommt“, sagen sie. Als Live-Band setzen sie auf Konzerte.
Diese Abende sind zudem der einzige funktionierende Geschäftszweig. Dort verkaufen sie neben Tickets ihre Platten und ihren Merch. Vom einstigen Spotify-Versprechen, ein Streamingsystem zu etablieren, bei dem alle Interpreten fair am Gewinn beteiligt werden, ist nicht viel übrig. Für viele ist Spotify nur noch ein Marketingkanal, um Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit zu generieren.
Was ist uns Musik wert?
Vielfältige Finanzierungskonzepte müssen künftig Musikern und Musikerinnen das berufliche Überleben sichern. Alternative Plattformen wie Bandcamp oder Bezahlmodelle über die eigenen Websites, bei denen die Künstler*innen ihre Musik direkt an Fans verkaufen, werden so immer wichtiger.
Ebenso der Verkauf von Merch über Plattformen wie Shopify oder Etsy oder Crowdfunding und Patreon, bei denen Musiker eine treue Fangemeinde aufbauen, die sie durch monatliche Beiträge oder Spenden für spezielle Projekte unterstützt. In Zukunft wird allgemein noch stärker verhandelt werden müssen, was uns als Gesellschaft die Musik eigentlich wert ist.