Veranstaltungen im Risikogebiet mit strengen Hygiene-Auflagen
Manche Verlage verschicken in diesen Tagen bereits die Frühjahrskataloge, haben die Messe längst abhakt und hoffen, dass der Verlust des Corona-Jahres sich in Grenzen hält. Einige, wenige Autor*innen sind tatsächlich nach Frankfurt gereist, denn im Rahmen des abendlichen Buchfests werden, der Sperrstunde im Risikogebiet zum Trotz, zahlreiche Veranstaltungen auch mit Publikum durchgezogen, pandemiebedingt mit strengen Hygiene-Auflagen. So auch die Aufzeichnung der SWR Bestenliste.
Digitaler Ausstellerkatalog mit über 4000 Einträgen
Die Messe-Verantwortlichen sind froh, einen digitalen Ausstellerkatalog mit über 4000 Einträgen zu präsentieren. Immerhin, könnte man meinen, wohl wissend, dass es nur ein Bruchteil im Vergleich zu früheren Jahren ist. Special Edition heißt diese merkwürdige Sonderausgabe einer Buchmesse, mit der sich kein Geld verdienen lässt und die in dieser Form garantiert kein Zukunftsmodell ist.
Margaret Atwood und Edward Snowden als virtuelle Gäste
Trotzdem war es richtig, nicht alles abzublasen. So darf sich die Messeleitung durchaus freuen, 750 Sprecher*innen zu ganz unterschiedlichen Themen zu begrüßen, darunter Margaret Atwood und Edward Snowden.
Doch auch eine internationale Bestseller-Autorin oder ein sagenumwobener Polit-Aktivist im Online-Kanal werden nicht darüber hinwegtäuschen können, dass Buchmesse viel mehr als ein virtuelles Schaulaufen ist, dass alle digitale Kommunikation das Vor-Ort-Gespräch nicht ersetzen kann.
Diese Buchmesse soll ein „Signal of Hope“ aussenden
Das wissen auch Messedirektor Jürgen Boos und die Vorsteherin des Börsenvereins Karin Schmidt-Friderichs, deren Ansprachen zur Eröffnung der Minimalmesse sich ein wenig nach Predigten anhörten, mit liturgisch markanten, sich wiederholenden Mutmach-Formeln. Diese Spezialedition soll ein „Signal of Hope“ aussenden, doch die bedrückten Gesichter der Zeremonienmeister und Messdiener sprechen eine andere Sprache.
„Die Pest“ von Albert Camus - coronabedingt wieder ein Bestseller
Natürlich gibt es auch Erfolgsgeschichten: Während des Lockdowns haben Leute zum Buch gegriffen, die seit Jahren keine Seite Literatur gelesen haben. Der Romanklassiker „Die Pest“ von Albert Camus war zwischenzeitlich wieder ein Bestseller.
Die Branche ist tatsächlich krisenfester, als manch ein kulturpessimistischer Prophet meinen mag. In Zeiten von täglichen Zoom-Konferenzen sind alle, die zum Buchbetrieb gehören, etwas enger zusammengerückt.
Die Buchmesse als rauschendes Fest wird trotz allem schmerzlich vermisst
So wird die Freude voraussichtlich noch größer sein, wenn die Messehallen wieder gefüllt werden, wenn Autor*innen aus weiter Ferne wieder anreisen dürfen, statt nur im Video-Chat aufzutauchen, wenn auf Partys Buchideen entwickelt und am verkaterten Morgen die kommenden Programme der Verlage besprochen werden, wenn Literatur bejubelt oder auch live verrissen wird, wenn der Jahrmarkt der Eitelkeiten, der eine Buchmesse eben auch ist, sich zum rauschen Fest entwickeln darf.
Denn eine Buchmesse ist und bleibt eben doch die Summe dieser kulturellen und ökonomischen Vielfalt, die alle Buchmenschen in diesem Jahr schmerzlich vermissen.