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Botho Strauß: Der Fortführer

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Der 'Fort-Führer', von dem Botho Strauß spricht, ist einer, der Kontinuität bewahrt ohne stehen zu bleiben: "Der Dichter führt vorangegangene Dichter fort. Der Dichter führt aber auch Leser fort, entfernt sie aus ihren Umständen, Belangen und Geschäften."

Schon oft hat Strauß eine deutsche Kulturvergessenheit beklagt. Daher ist es von subtiler Konsequenz, wenn er hier in kurzen Prosastücken, die an die Tradition des romantischen Fragments anschließen, dem dominierenden Zeitgeist widerspricht. Nicht zuletzt wendet er sich dabei gegen die verbreitete Illusion, dass alles, was sich unter dem Druck neuester Entwicklungen ändert, auch schon Fortschritt sei. Nicht grundsätzlich, aber in Nuancen verschiebt Strauß seine Haltungen und Standorte mit jedem Buch, um immer wieder andere Gedankenwege und Ideenbilder zu erproben.

Dabei folgt er dem Grundsatz: Wer sich entschließt, nicht mit der Zeit zu gehen, kann Dinge entdecken, die von den Leitmedien der aktuellen Meinungsbildung nicht vorgesehen sind. So schreibt er indirekt auch immer über sich selbst als Unzeitgemäßem. Er ist "der Sucher, der Abtrünnige der Konventionen. Lieber ein Knecht des Unfasslichen sein als ein Meister des Vorgefassten."

Zum Autor:

Botho Strauß, geboren 1944 in Naumburg/Saale, zählt zu den bedeutendsten Dramatikern und Essayisten unserer Zeit. Sein Werk wurde mit vielen Preisen gewürdigt, darunter auch mit dem Büchner-Preis. Er lebt in der Uckermark und in Berlin.

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SWR