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Terézia Mora: Muna oder Die Hälfte des Lebens

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Terézia Mora kann ungeheuer viel, unter anderem Paarbeziehungen so exakt und detailgenau beschreiben, dass man als Leser plötzlich den Blick für das Große und Ganze verliert und gar nicht bemerkt, dass sich da inmitten der Intimität eigentlich etwas Katastrophales anbahnt. Das war so in ihren gefeierten Romanen „Der letzte Mann auf dem Kontinent“ und „Das Ungeheuer“. Für letzteren wurde Mora 2013 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet, und das Bestürzende daran war, dass hier die Liebe eines Mannes zu einer Frau beschrieben wurde, die er ganz offenbar gar nicht richtig gekannt hat.

Es war also kompliziert, und das wird es auch jetzt in „Muna oder Die Hälfte des Lebens“, dem neuen Roman der Büchnerpreisträgerin von 2018. Wenn auch auf andere Weise als zuvor. Ist Liebe auch immer Abhängigkeit? Und gibt es das überhaupt, eine symmetrische Beziehung? Oder sind da auch immer Machtverhältnisse im Spiel?

Muna ist 18 Jahre alt und steht kurz vor dem Abitur, als sie den Fotografen Magnus kennenlernt. Muna kennt toxische Beziehungen. Ihr Vater ist gestorben; die Mutter ist alkoholkrank. Magnus und Muna nähern sich an, dann verschwindet Magnus.

Es ist Sommer 1989; die politischen Verhältnisse in der ostdeutschen Kleinstadt, in der Muna aufwächst, geraten in Bewegung. Muna studiert, schreibt an ihrer Dissertation – bis ihr Magnus eines Tages wieder begegnet; sieben Jahre nach ihrem Kennenlernen. Die Beziehung, die die beiden nun eingehen, ist nicht berechenbar, nicht für Muna. Sie kämpft um Selbstbehauptung, doch die Gewalt schleicht sich leise ein, in den kleinen Dingen und Demütigungen. Das ist das Unheimliche.

Buchkritik | Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2023 Terézia Mora – Muna oder Die Hälfte des Lebens

Der Vater früh an Krebs gestorben, die Mutter Alkohol und Tabletten abhängig – für Muna sind Beziehungen von klein auf schmerzhaft und schwierig. Ihre erste große Liebe wird toxisch, ihr Partner demütigt und gängelt sie. Terézia Mora gelingt mit „Muna oder Die Hälfte des Lebens“ ein beeindruckend bedrückender Roman.
Rezension von Silke Arning.
Luchterhand Verlag, 448 Seiten, 25 Euro
ISBN 978-3-630-87496-8

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Diskussion über vier Bücher SWR Bestenliste November mit Büchern von Terézia Mora, Daniel Kehlmann u.a.

Die SWR Bestenliste war zu Gast bei „Open Books“, dem großen Literaturfest der Frankfurter Buchmesse. Aus der Jury der Bestenliste saßen auf dem Podium der Evangelischen Akademie: Martina Läubli (Neue Züricher Zeitung), Kirsten Voigt (WDR) und Martin Ebel (Tages-Anzeiger). Carsten Otte moderierte den Abend. Aus den vier vorgestellten Büchern der SWR Bestenliste im November las Isabelle Demey.
Zum Auftakt ging es um den bislang unbekannten Roman „Krieg“ von Skandalautor Louis-Ferdinand Céline (Platz 8), den Hinrich Schmidt-Henkel für den Rowohlt Verlag ins Deutsche übertragen hat. Es entspann sich eine kontroverse Diskussion: Martina Läubli gibt zu, dass der sehr anschauliche und auch abstoßende Text über das Kriegselend sie „gepackt“ habe. Kirsten Voigt nennt „Krieg“ ein „Wutbuch“, das auf den Effekt geschrieben wurde und ein misanthropisches und misogynes Menschenbild offenbare. Martin Ebel erklärte, das seien „bürgerliche Reaktionen auf einen Autor, der mit dem Bürgertum nichts zu tun hatte“. Für ihn ist Céline einer der Wegbereiter der literarischen Moderne in Frankreich.
Auch Daniel Kehlmanns Roman „Lichtspiel“ aus dem Rowohlt Verlag (Platz 5) hinterließ unterschiedliche Leseeindrücke in der Jury. Die literarisierte Arbeits- und Lebensgeschichte des legendären Stummfilm-Regisseurs Georg Wilhelm Pabst hält Martin Ebel für einen „ganz großen Wurf“. Kirsten Voigt gibt zu, viele starke Szenen über einen Künstler in der NS-Diktatur gelesen zu haben, die sich leider nicht zu einem „großen Bogen“ schlössen. Läubli sieht eine raffinierte literarische Vorbereitung einer Verfilmung dieser Lebensgeschichte, die aber durch den zu gedrechselten Stil an Dringlichkeit verliere.
Durchweg gelobt wurden die autofiktionalen Erzählungen der zweifachen Booker-Preisträgerin Hilary Mantel (Platz 2). „Sprechen lernen“ heißt der Band aus dem Dumont-Verlag, den Werner Löcher-Lawrence ins Deutsche übertragen hat. Das Buch enthält sieben beunruhigende und „sprachlich makellose“ Geschichten, die von einer Kindheit und Jugend im Norden Englands, und zwar in den 1950er und 1960er Jahre erzählen.
Genauso positiv reagierte die Jury auf die Spitzenreiterin der SWR Bestenliste im November: „Muna oder Die Hälfte des Lebens“ heißt der aktuelle Roman der Büchner-Preisträgerin Terézia Mora, der im Luchterhand Verlag erschienen ist. Erzählt wird die Geschichte von Muna, die als Schülerin Ende der 1980er Jahre in einer DDR-Kleinstadt den Französischlehrer Magnus kennenlernt und sich in ihn verliebt. Doch der begehrte Mann, der vor seinen eigenen Dämonen flieht, entwickelt sich in der Beziehung zu einem rücksichtslosen Schläger. Die Jury lobte insbesondere die Form der Erzählung, die nicht zuletzt auf ästhetischer Ebene die Entwicklung einer Schriftstellerin zu ihrem ersten Buch zeige.

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