Dieses Buch wurde diskutiert auf Platz 7 der Bestenliste Juli/August.
Ralph Tharayil wurde 1986 als Sohn südindischer Eltern in der Schweiz geboren, lebt heute in Berlin und wundert sich, dass er dort mittlerweile als eine Art von „doppelter Ausländer“ betrachtet wird – immerhin besitzt er auch einen Schweizer Pass.
Und mit diesem Land, in dem Tharayil geboren wurde, hat der Text seines Debütromans auch sehr viel zu tun; mit Enge, die ein Gemeinschaftsgefühl herstellt, aber auch ungemein ausgrenzend empfunden werden kann. Und mit dem Versuch, diese Enge sprachlich darzustellen und zugleich zu sprengen, indem man ins Poetische ausweicht.
Die Gattungsbezeichnung „Roman“ ist durchaus gewagt für diesen in Versen geschriebenen, streng parataktischen Text, dessen Erzählstimme ein zweistimmiger Chor ist. Da sind zwei Brüder, und da sind Ma und Pa. Die Eltern fühlen sich in dem Land, in das sie als Erwachsene gekommen sind, oft fremder als die Kinder, sodass die Verantwortungsverteilung zuweilen umgekehrt ist.
Es sind Szenen aus dem Alltag, die Tharayil erzählt; Szenen von Erschöpfung, Szenen von Nichtzugehörigkeit. Die Kinder gehen ins Schwimmbad mit Freunden, doch für die Pommes reicht das Geld nicht. An Sonntagen fahren sie mit dem Fahrrad an der Kirche vorbei und stellen fest, dass sie sich nichts zu sagen haben. Es gibt beklemmende Begegnungen mit der Polizei.
Und irgendwann, so hat der Autor es erzählt, hat Tharayil festgestellt, dass es auch eine Form von Rassismus sein kann, wenn die Einheimischen ihn als einen guten Ausländer bezeichnen, weil er nicht auffalle. Der Schriftsteller Senthuran Varatharajah spricht von einer „verschütteten Wunde“, die in Tharayils Buch aufbreche. Ein Bild, das auch in Tharayils Buch hätte stehen können.