Die Journalistin Christiane Schlötzer arbeitet als Auslandskorrespondentin der Süddeutschen Zeitung in Istanbul. Ihr neues Buch trägt den Untertitel „Ein Porträt der Stadt in 24 Begegnungen“. Die Idee dahinter ist tatsächlich so einfach wie effektiv: Im Laufe eines Tages trifft Schlötzer 24 Menschen und entfaltet so ein Kaleidoskop von Eindrücken und Erlebnissen, sozialen und politischen Perspektiven.
So beginnt der Tag mit einer Tasse Tee bei der Frau eines Imams, setzt sich fort bei einer Begegnung mit dem „Director of Marine Services“, der zuständig ist für die Sauberkeit der Gewässer der Stadt, geht mit einem Gespräch mit einem Stadtplaner und Architekten weiter und pausiert beim Mittagessen in der Küche eines kleinen Lokals, eröffnet vor zwei Jahren vom Enkel eines Mannes, der nach dem Zweiten Weltkrieg mitgeholfen hat, die Stadt Pforzheim wiederaufzubauen.
Anwälte, Psychotherapeuten, eine Aktivistin der Proteste im Gezi-Park, ein Galerist und ein deutsches Lehrer-Ehepaar – die Auswahl der Gesprächspartner, die Christiane Schlötzer ausgesucht hat, ist nicht repräsentativ, aber vielfältig und jederzeit interessant.
Hinzu kommt, dass Christiane Schlötzer den Blick der erfahrenen Journalistin für Details mit einem klaren Stil und einem Wissen um die großen Zusammenhänge im Hintergrund zu verbinden weiß. Dabei geht Schlötzer auch unbequemen Wahrheiten nicht aus dem Weg. Einer der letzten Gänge des Tages führt sie um vier Uhr morgens in eine Gefängniszelle zu einem inhaftierten Dichter.