Der Mond hat die Fantasie der Menschen schon lange beflügelt, doch was der Astronom Sir John Herschel laut einer Artikelserie der New York Sun von 1835 mit seinem neuen Superteleskop auf der Oberfläche des Trabanten entdeckt haben sollte, das war wahrlich fantastisch.
Unbekannte Pflanzen, Urwälder, Mond-Bisons und sogar menschenartigen Mondwesen soll John Herschel mit seinem Superteleskop auf dem Mond entdeckt haben, und jeden Tag wurden die Berichte abenteuerlicher, erklärt Alex Boese, der die Artikel der New York Sun von 1835 in seinem digitalen „Museum of Hoaxes“ veröffentlicht und aufgearbeitet hat:
Vier Fuß große menschenartige Mondwesen
Doch den Höhepunkt der Berichterstattung bildete der vierte der sechs Artikel der New York Sun, der in nüchternem wissenschaftlichen Ton von menschenartigen Mondwesen erzählte.
Wissenschaftliche Namen sorgten für Glaubwürdigkeit
Die Glaubwürdigkeit dieser Entdeckung sollte noch durch einen wissenschaftlichen Namen belegt werden, denn Herschel sollte ihnen den Namen „Vespertilio homo“ gegeben haben. Und die Reaktionen auf diese Entdeckungen?
Es dauerte drei Wochen, bis der Schwindel aufflog
Die „New York Sun“, ein eigentlich recht kleines Käseblatt, verkaufte sich wie geschnitten Brot – die vermeintliche Entdeckung war in aller Munde. Doch gab es natürlich auch Zweifel an der Geschichte.
Alex Boese: „Man konnte damals nicht mal eben nach Europa zu John Herschel telefonieren und die Geschichte bestätigen lassen. Das gab der New York Sun ein Zeitfenster von drei Wochen, um an der Geschichte festzuhalten. Denn so lange dauerte es, bis man per Schiff bei Herschel nachgefragt und eine Antwort erhalten hatte“.
Am 16. September 1835 war alles plötzlich nur ein „Scherz“
Am 16. September 1835 gab die Zeitung dann zu, dass alles nur ein Scherz gewesen war. Der große Mond-Schwindel ging damit als erste große Zeitungsente in die Geschichte ein. Die Autorenschaft des Artikels ist nicht zweifelsfrei geklärt.
Vermutlich aber kann sie einem der zwei Herausgeber der Zeitung, Richard Adams Locke, zugewiesen werden, so Alex Boese: „Er kam aus einer recht reichen britischen Familie als Immigrant in die USA; musste hier aber sein Geld verdienen und hatte es wohl lange Zeit recht schwer. Zumindest kann man annehmen, dass sein akademischer Hintergrund so gut war, dass er diese doch recht sprachlich anspruchsvollen Artikel schreiben konnte“.
Auch 6000 fantasievolle Illustrationen zum „Mond-Schwindel“ verkauft
Geld brachte der große Mond-Schwindel auf jeden Fall ein, denn neben den Artikeln verkaufte die Zeitung auch noch die fantasievollen Illustrationen in einer Auflage von etwa 6000 Stück, was damals enorm war.
Schließlich fingen die Zeitungen gerade an, Dampfdruckmaschinen einzusetzen. Sie konnten größere Auflagen denn je generieren – und der Great Moon Hoax wirkte wie ein zweiter Motor dafür.
Meilenstein in der Entwicklung der Massenmedien
Alex Boese: „Der Mond-Scherz demonstrierte die Macht der Massenmedien. Zeitungsmacher sahen, dass man die absurdesten Geschichten erfinden konnte. Es markiert einen Punkt in der Zeitungsgeschichte, denn auf einmal sah man ein Geschäftsmodell, mit dem man einfach unheimlich viele Zeitungen verkaufen konnte. Der Scherz öffnete den Weg in den Sensationsjournalismus, in dem sich die Leute mit den absurdesten Geschichten überbieten sollten.“
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