Widerstand in der Kulturszene

Österreichs Künstler*innen gegen FPÖ-Kurs

Stand
Autor/in
Günter Kaindlstorfer

Die Beauftragung von FPÖ-Chef Herbert Kickl mit den Regierungsverhandlungen sorgt für Widerstand in der Kulturszene. Künstlerinnen und Künstler warnen vor drastischen Einsparungen und einem illiberalen Klima, das an Ungarn oder die Slowakei erinnert.

Noch ist es nicht sicher, dass sich Herbert Kickl mit der konservativen ÖVP tatsächlich auf die Bildung einer Koalitionsregierung einigt, aber in der österreichischen Kulturszene herrscht jetzt schon helle Aufregung.

Franzobel mahnt zur Wachsamkeit

Der Schriftsteller Franzobel etwa hält den FPÖ-Chef für einen autoritären Scharfmacher und die FPÖ, 1956 von einem ehemaligen SS-Brigadeführer mitbegründet für eine lupenrein rechtsradikale Partei: 

 „Diese FPÖ ist doch ein Konglomerat an teilweise verurteilten Wiederbetätigern, an Russlandfreunden, Islamhassern und Impfschwurblern. Es gibt eine verdächtige Nähe zu den Identitären, die von einer „Remigration“ träumen. Also man muss da schon sehr wachsam sein, denke ich.“ 

 Düstere Stimmungslage bei Nikolaus Habjan

Der Theaterregisseur Nikolaus Habjan ist derzeit mit den Proben für eine Monteverdi-Produktion in Salzburg beschäftigt. Er befürchtet das Schlimmste für Österreichs politische Zukunft. Seine Stimmungslage im Moment sei düster, so Habjan: 

„Wenn man wissen will, was Herbert Kickl tun wird als Kanzler, dann braucht man sich nur anschzuauen, wie er in der Opposition agiert hat. Er hat gespalten statt vereint. Er hat ein sehr enges Weltbild propagiert, hat Misstrauen gesät und hat unabhängige Medien angegriffen. Es gibt eigentlich nicht wirklich einen Grund anzunehmen, dass er als Kanzler anders handeln würde.“ 

 FPÖ setzt auf Forderung von Brauchtum und Volkskultur

Herbert Kickls FPÖ hat immer wieder mit Attacken gegen Künstlerinnen und Künstler das sogenannte „gesunde Volksempfinden“ mobilisiert.

Ob es Kickls Vorgänger Jörg Haider war, der in den 90er-Jahren auf Plakaten gegen die Schriftstellerin Elfriede Jelinek oder den Theatermacher Claus Peymann hetzte, oder Kickl selbst, der seinen Anhängern versprach, mit „Fahndungslisten“ gegen angebliche „Volksverräter“ vorzugehen.

Kulturpolitisch setzt die FPÖ seit jeher auf die Förderung von Brauchtum und Volkskultur – alles andere, von den „Salzburger Festspielen“ abwärts, wird als überteuertes Elitenprojekt denunziert, als Spielwiese für sogenannte Staatskünstler*innen die sich, nach Auffassung der FPÖ, auf Steuerzahler-Kosten bereicherten. 

 Überheblichkeit der Kulturszene?

„Ich finde, die österreichische Kulturszene soll sich auch einmal vor Augen führen, was für die anderen politischen Parteien in Österreich auch gilt: dass wir nämlich alle miteinander schuld sind an dieser Situation, wie wir sie jetzt haben.“ 

So der Befund der Schriftstellerin Birgit Birnbacher. Die Kulturszene habe in den letzten Jahren überheblich agiert, habe die Wählerinnen und Wähler der „Blauen“, also der FPÖ, als faschistoide Ignoranten abgetan. Ein verhängnisvoller Fehler, so Birnbacher weiter.

 „Eines der großen Probleme an dieser sogenannten kulturellen Elite, sehe ich eigentlich schon in der Sprache. Denn irgendwie haben die Blauen es geschafft, dass sie von den Menschen gehört werden und dass die Menschen das Gefühl haben, die verstehen ihre Sorgen und Nöte. Und irgendwie haben die Blauen es geschafft, da anzusetzen, wo sich die Menschen berührt fühlen.“ 

 Bereit aufzustehen

Noch ist es nicht sicher, dass Herbert Kickl als Hausherr ins Wiener Bundeskanzleramt einzieht. Aber wahrscheinlich ist es schon. Der Schauspieler Cornelius Obonya, bis 2016 der Salzburger „Jedermann“, wird das Wirken Herbert Kickls genau beobachten: 

„Und dann wird man wahrscheinlich aufstehen müssen gegen die Dinge, die geändert werden sollen.“  

Er sei dazu bereit, so Cornelius Obonya. Und da ist der beliebte Schauspieler nicht der Einzige in der österreichischen Kulturszene. 

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