2024 ist fast vorbei – endlich! Es war kein einfaches Jahr: Krisenherde weltweit, über Monate quälten uns Minister im Ampelstreit, Stefan Raab verlor einmal mehr gegen Regina Halmich. Und Thomas Gottschalk… ach, lassen wir das lieber.
Zwischen den Jahren sei daher ein kleines bisschen Ruhe und Eintracht gegönnt. Und wenn es eine Sache gibt, auf die man sich im Kreis von Freunden und Familie einigen kann, dann ja wohl: Alles wird besser, wenn man es mit Käse überbackt.
Deshalb werden dieser Tage überall in der Bundesrepublik die Raclette-Öfen aus dem Keller oder den hintersten Winkeln der Küchenschränke gekramt. Während in kleinen Pfännchen Champignons, Schinken und Dosenmais unter einer dicken Käseschicht vor sich hinbrutzeln, sind für einen Moment alle Pein und Leid dieser Welt wie weggeblasen.
Ein Favorit zu Weihnachten
Raclette gehört zu den unschlagbaren Hits der Weihnachtssaison, verriet unlängst eine Umfrage von Statista. Neben Würstchen mit Kartoffelsalat und gebratenem Geflügel isst man hierzulande am liebsten geschmolzenen Käse: 23 Prozent der Deutschen sind erklärte Raclettisten.
Vor dem Raclettegerät sind alle gleich, jeder ist Herr oder Herrin des eigenen Pfännchens. Und während dessen Inhalt unter der Spirale bräunt, zischt oben auf dem heißen Gusseisen nach Belieben Fleisch oder Gemüse. Hinzu kommen Salate, Soßen, Wurstwaren und Eingelegtes sowie Kartoffeln oder Baguette zur Sättigung. Käse allein macht vielleicht glücklich, aber ist leider auch alles andere als magenschonend.
SWR Treffpunkt dem Käse an der Mosel auf der Spur
Das Schweizer Original braucht keine Pfännchen
Doch Vorsicht! Auch das Raclette birgt einiges an Zündstoff – zumindest falls in die liebe Verwandtschaft jemand aus der Schweiz eingeheiratet haben sollte. In seiner alpenländischen Heimat genießt man das Raclette nämlich traditionell anders als bei uns.
Das fängt schon bei der richtigen Gerätschaft an. Ein waschechter Schweizer Racletteofen kommt ohne Pfännchen aus. Stattdessen wird ein halber Käselaib in eine Halterung eingespannt und an der Schnittkante erhitzt.
Ist der Käse oben knusprig braun und darunter zartschmelzend, schabt man ihn mit einem Messer langsam auf den Teller. Daher auch der Name: Das französische Verb „racler“ heißt auf Deutsch nichts anderes als „abschaben“.
In dieser Variante existierte das Raclette schon lange vor der Elektrifizierung des Haushalts. In Schweizer Klostertexten aus dem 13. Jahrhundert ist bereits von einem „Bratchäs“ die Rede. Historisch ist das Raclette im Kanton Wallis verortet. 1574 beschrieb der Sittener Arzt Gaspard Ambuel, wie dort Käse am offenen Feuer geröstet wird, im Geschmack sei er „vollmundig, fett, lieblich und sanft“.
Authentisch wird‘s mit Käse aus dem Wallis
Wer in diesem Jahr also doch einmal das originale Raclette versuchen will, sollte beim Käsehändler Ausschau nach Walliser Raclettekäse aus Rohmilch halten. Er ist zwar teurer, dafür aber auch deutlich aromatischer als die Sorten, die man in der Vorweihnachtszeit in jedem Kühlregal findet.
Sparen kann man dafür bei den Beilagen, denn mehr als Cornichons, Silberzwiebeln und Pellkartoffeln benötigt der Schweizer zur Komplettierung seines Käseglücks nicht.
Oder man wagt einen kleinen Abstecher ins benachbarte französische Savoyen. Neben dem Raclette de Savoie kommen hier auch gut schmelzende Käsesorten wie Reblochon, Morbier oder Tomme in Frage. In Frankreich reicht man neben Kartoffeln gerne Blattsalat, Aufschnitt und eine Joghurt-Kräuter-Stippe zum Käse. Und natürlich darf ein trockener, frischer Weißwein nicht fehlen.
Ob nun authentisch wie im Wallis oder doch klassisch deutsch: Egal, wie man sein Raclette genießen will, erlaubt ist, was schmeckt. Der Alltag holt uns schließlich schnell genug wieder ein. Bis es so weit ist, sollte man einfach dran denken: Alles ist nur halb so schlimm, wenn man es mit Käse überbackt.