Zeitgenossen

Harald Martenstein: „Man muss sich klein machen als Kolumnist“

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Marie-Christine Werner

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In Berlin ist Chaos die politische Konstante, lautet das Fazit von Harald Martenstein. Er hat gemeinsam mit Lorenz Maroldt seiner Wahlheimatstadt kürzlich ein Buch gewidmet, das den Titel trägt: „Berlin in 100 Kapiteln, von denen leider nur 13 fertig wurden“.

Der Autor lebt seit den 80er Jahren in Berlin. Hier schöpft er seine Ideen für seine wöchentlichen Kolumnen etwa im „Berliner Tagesspiegel“ und „Zeitmagazin“, sowie im Hörfunk. Auf die Frage, was es für ihn eine gelungene Kolumne sei, sagt Harald Martenstein in SWR2: „Man muss den Mut haben, man selbst zu sein, wenn man das schreibt. Man darf nicht versuchen sich klüger zu machen als man ist, versuchen sich toller zu machen, als man ist. Der Kolumne wird manchmal vorgeworfen, sie sei eitel, weil die Autoren das Ich verwenden. Ich halte dem entgegen, dass kein Mensch eine eitle Kolumne lesen will. Wenn man nicht will, dass die Kolumne verschwindet, dann spricht man besser auch über die Dinge, bei denen man Zweifel hat, über Defizite, die man hat, über Pannen, die einem passieren. Ich habe mal irgendwo den Satz gehört: „Von deinen Erfolgen wollen nur deine Eltern wissen, für deine Misserfolge interessieren sich alle.“ Das ist eine gute Devise beim Kolumnenschreiben: man darf sich nicht groß machen, sondern man muss sich klein machen.“

Harald Martenstein hat eine Fangemeinde, die seine Kolumnen Woche für Woche gerne lesen. Er ist aber auch starken Anfeindungen ausgesetzt. Kritiker fordern auch schon mal, dass die Zeitungen ihm keinen Platz mehr geben sollen. Der Ton sei zweifellos rauer geworden, konstatiert Harald Martenstein: „Woran das liegen mag? Sicherlich hat sich einiges dadurch geändert, dass man mailen kann und sich nicht mehr die Mühe machen muss zu Hause was aufzuschreiben, ein Briefkuvert zu suchen, eine Briefmarke, eine Adresse herauszusuchen. All diese zeitaufwendigen Prozeduren haben doch dazu geführt, dass die Leute entweder davon abgesehen haben, ihre Wut abzusondern, oder dass der Zorn verraucht war. Aber es ist nicht mehr so selbstverständlich, dass andere Leute anders ticken als man selbst, obwohl man es doch im Grunde weiß, dass es so ist, weil viele Leute ihr Milieu nicht mehr verlassen, das durchmischt sich nicht mehr so.“ So dass viele Menschen gar nicht mehr die Erfahrung machten, dass jemand mit einer anderen Meinung, trotzdem auch ein paar nette Eigenschaften haben könne.

Geboren und aufgewachsen ist Harald Martenstein in Mainz. In SWR2 Zeitgenossen erzählt er von seiner Kindheit in ärmlichen Verhältnissen, in einer Stadt, der man die Schäden des Zweiten Weltkriegs noch ansah, sowie von seinen Erfahrungen als Erntehelfer bei der Weinlese in Rheinhessen.

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