Königin der Kaffeetafel
Drei Böden aus Schokoladen-Biskuit, reichlich getränkt mit Kirschwasser. Zwischen ihnen ein Kompott aus Sauerkirschen und leicht gesüßte Schlagsahne. Mit Sahne ist die Torte auch rundherum sauber eingestrichen und mit Spänen von Zartbitterschokolade ausdekoriert. Oben ziert sie ein Ring aus Sahnerosetten, jede von ihnen geschmückt mit einer einzelnen Kirsche.
Wer das Wort „Torte“ hört, der hat in aller Regel das Bild der Schwarzwälder Kirschtorte vor Augen. Und das gilt nicht nur für Deutsche: Ob in Filmen, Cartoons oder als Emoji, die Schwarzwälder ist zum Archetyp der Torte für den besonderen Anlass geworden.
Vergessen wir also Sachertorte, Frankfurter Kranz und Bienenstich: Die Schwarzwälder ist die unangefochtene Königin der Kaffeetafel. Bei keiner Familienfeier darf die kalorienreiche Köstlichkeit fehlen.
Konditor Alfred Boch, der Kirschtorten-Papst, im Interview
Ist die Torte gar keine Schwarzwälderin?
Auch wenn ihr Name etwas anderes vermuten lässt: Entstanden sein soll die Torte gar nicht im Schwarzwald, sondern in Bonn. Der aus Riedlingen stammende Konditor Josef Keller soll sie 1915 im Caféhaus Agner im Stadtteil Bad Godesberg zum ersten Mal angeboten haben.
Kirschen mit Sahne waren unter Bonner Studenten ein beliebtes Dessert. Diese kombinierte der Zuckerbäcker mit Teigböden und Schokolade zur Torte. Ab 1927 habe er die Torte unter dem bis heute gebräuchlichen Namen angeboten, behauptete Keller, der ab 1919 eine Konditorei in Radolfzell am Bodensee betrieb. Dort starb er 1981 im Alter von 94 Jahren als Lokalheld.
Doch auch in Tübingen beansprucht man die Erfindung der Schwarzwälder für sich: Dort fand 2007 der Stadtarchivar Hinweise darauf, dass die Torte in ihrer heutigen Form ab 1930 im Café Walz angeboten wurde.
Warum die Schwarzwälder dann nun Schwarzwälder heißt? Angeblich sollen die Kirschen auf der Torte an den roten Bollenhut der Schwarzwald-Tracht im Ortenaukreis erinnern. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass das im Schwarzwald gebrannte Kirschwasser der Torte neben den Umdrehungen auch ihren Namen verlieh.
Siegeszug dank moderner Technik
Spätestens in den 1930er-Jahren tritt die Schwarzwälder ihren Siegeszug in Cafés und Konditoreien in Deutschland, Österreich und der Schweiz an. Vor allem in Berlin ist die Sahne-Kirsch-Schokoladentorte populär.
Als mit dem Wirtschaftswunder der Kühlschrank in die Küchen der Bundesrepublik Einzug hält, wird es auch möglich, die leicht verderbliche Sahnetorte zu Hause anzubieten. So findet die Schwarzwälder schließlich in den 1950er-Jahren ihren Weg ins beliebte Backbuch von Dr. Oetker und damit ins deutsche Wohnzimmer.
Rezepte Echte Schwarzwälder Kirschtorte
Sie ist das Aushängeschild für eine ganze Region: die Schwarzwälder Kirschtorte. Das beste Rezepte wurde dieses Jahr auf dem Schwarzwälder Kirschtortenfestival in Todtnauberg gekürt.
Das beliebteste Dessert der Welt
Während in Deutschland die Schwarzwälder Kirschtorte heute zum Sinnbild für die Spießigkeit der Nachkriegsjahre geworden ist, ist der „Black Forest Cake“ überall auf der Welt bekannt – und beliebt.
Erst kürzlich kürte die New York Times die Schwarzwälder zum beliebtesten Dessert der Welt. Egal ob in Peru, Pakistan oder Simbabwe, überall isst man die deutsche Sahnetorte – häufig ohne zu wissen, dass der namensgebende Schwarzwald ein realer Wald in Deutschland ist.
Was die Torte so beliebt macht? Die Tatsache, dass man ihre Grundkomponenten überall in der Welt findet oder dass man sie schnell und einfach auf die Gegebenheiten vor Ort anpassen kann.
Ob mit Rum statt Kirschwasser oder mit Heidelbeergelee statt Kirschkompott: Die Schwarzwälder schmeckt auch, wenn’s mal nicht ganz so traditionell ist. Und das weltweit und immer wieder.