Image-Kampagne für das Steuerparadies
Jahrelang machte die Republik Malta kaum von sich reden. Doch spätestens seit dem Mord an der regierungskritischen Journalistin und Bloggerin Daphne Caruana Galizia wird der kleine Inselstaat international kritisch beäugt. Das Land steht als Steuerparadies am Pranger. Seit der Veröffentlichung der sogenannten Panama-Papers liegen Korruptionsvorwürfe in der Luft. Umso willkommener dürfte der Regierung sein, dass die Hauptstadt des Landes in den kommenden Monaten positive Schlagzeilen produzieren wird – als Europäische Kulturhauptstadt.
Zehn Jahre habe das ganze Land auf diesen Moment hingearbeitet, sagt Alexiei Dingli, der Bürgermeister von Valletta: „Diese Kulturhauptstadt ist anders als andere Kulturhauptstädte. Es geht nicht nur um Valletta, sondern um ganz Malta und auch um die Insel Gozo. Es ist eine Chance zu zeigen, was wir haben und – noch wichtiger – wohin wir gehen.“
Nur 6.000 Einwohner - aber geprägt von vielen Kulturen
Gemessen an der Bevölkerungszahl ist Valletta auch ziemlich klein für den großen Titel- mit weniger als 6.000 Bürgerinnen und Bürgern. Immerhin ist die neue Europäische Kulturhauptstadt aber der Regierungssitz einer selbstbewussten Insel-Republik, die von so vielen unterschiedlichen Kulturen geprägt wurde, dass Ausländer leicht den Überblick verlieren.
Britische Kolonie bis 1964
So fahren die Autos hier auf der linken Seite. Malta war schließlich bis 1964 britische Kolonie. Im Radio erklingt ein Mischmasch aus englisch, arabisch und italienisch. Und die Namen der Menschen in diesem Land scheinen fast willkürlich zusammengewürfelt, erzählt Luisana D’Amato, Kuratorin des größten Museums auf Malta: „Es gibt semitische Nachnamen, es gibt italienische, französische, griechische und englische. Auch nicht-europäische – wie aus Nordafrika. Wir haben z. B. den Namen Said, das ist ägyptisch, eben wie Port Said.“
Neben Englisch wird hier auch Malti gesprochen, eine semitische Sprache mit vielen englischen und italienischen Lehnwörtern. Malta liegt auf dem Schnittpunkt der wichtigsten Seewege durch das Mittelmeer: einfach mittendrin - und war deshalb über Jahrtausende hart umkämpft und fremd beherrscht – von den unterschiedlichsten Mächten.
„Wir haben den Rittern viel zu verdanken“
Valletta diente als ein wichtiges Bollwerk gegen die Osmanen, die Europa gern vom Bosporus aus regiert hätten. Um dem Sultan die Stirn zu bieten wurde Malta im 16. Jahrhundert zur stärksten Festung im gesamten Mittelmeerraum ausgebaut. Die prächtigen Bauten des Malteser-Ordens beherrschen Valletta noch heute, schwärmt Audrey Marie Bartolo. Sie lebt davon, Touristen ihre Heimat zu zeigen: „Es ist den Rittern zu verdanken, dass unsere Geschichte so stark bereichert wurde. Die Ritter brachten den Barock nach Malta. Sie waren die Söhne katholischer Adelsfamilien, die Crème de la Crème, die Söhne der wichtigsten Familien im Europa jener Zeit.“
Malta - Ein „Vorgänger der Europäischen Union“
Multi-national und auf kulturell höchstem Niveau. Was damals auf Malta geschehen sei, könne ausstrahlen auf das heutige Europa, meint Vallettas Bürgermeister Alexiei Dingli: „Ich sage gern, dass Valletta so eine Art Vorgänger der Europäischen Union war - vor 450 Jahren schon. In Malta haben wir dieses Modell schon lange, dass unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichen Kulturen mit unterschiedlichen Religionen zusammen (...) Leben, arbeiten und etwas Produktives leisten. Das ist nicht nur für Malta sehr wichtig, sondern für ganz Europa.“
Über das Jahr verteilt soll es in der neuen Kulturhauptstadt und in vielen weiteren Orten auf den beiden Hauptinseln Hunderte von Veranstaltungen geben. Die eigentliche Eröffnung wird in der Woche ab dem 14. Januar stattfinden. Zu den ersten Angeboten gehört eine große Ausstellung unter dem Titel „Malta. Land des Meeres“.