“Gurbet” ist das türkische Wort für Heimweh. Im Oktober 1961 schlossen die BRD und die Türkei ein Anwerbeabkommen für türkische Arbeiter, die fortan in Westdeutschland (und West-Berlin) als Gastarbeiter tätig sein sollten. 1973, als seitens der BRD ein Anwerbestopp umgesetzt wird, lebten etwa 600.000 Türken in der BRD. In diesen zwölf Jahren sind zahllose Gastarbeiterlieder entstanden, die auf LP, Single oder MC in teils eigens dafür gegründeten Labels publiziert wurden.
In diesen Liedern besingen die nicht professionellen Singer- Songwriter die Ferne zur Heimat, die Einsamkeit, das oft schwierige Leben im neuen Land, das andere Essen, die meist harten Arbeitsbedingungen, die neuen Freunde, die Reaktionen der Deutschen auf die Gastarbeiter; aber auch die politischen Verweise auf ihr altes Heimatland sind unverkennbar. Auf Gleis 11 des Münchener Hauptbahnhofs kamen die Züge mit den Gastarbeitern aus der Türkei an. Hier stiegen sie um in Richtung Norden oder Südwesten, wo die künftigen Arbeitsstätten lagen.
Der Protagonist des Hörstücks ist das türkische Gastarbeiterlied. Die Collage strukturiert mit musikalischen und poetischen Verfahrensweisen in der Tradition der Konkreten Poesie das türkischen O-Ton-Material und dessen Übersetzung ins Deutsche. Hierdurch spiegelt es auf kritische, aber vor allem humor- wie respektvolle Weise türkisches Leben der 60er und 70er Jahre in Deutschland.
Alper Maral
Alper Maral, geboren 1969 in Istanbul, studierte Politikwissenschaft an der Universität Istanbul sowie Musikwissenschaft an der Ege-Universität in Izmir. Er lehrt als Ass. Prof. an der Technischen Universität Yildiz in Istanbul, komponiert für unterschiedlichste Besetzungen und Genres, konzertiert als Blockflötist und Bassposaunist und macht Radiosendungen für TRT Istanbul.
Stefan Fricke
Stefan Fricke, geboren 1966 in Unna, studierte Musikwissenschaft und Germanistik an der Universität des Saarlandes. Seit 2005 arbeitet er als Redakteur für Neue Musik beim Hessischen Rundfunk.
Mit: Caroline Junghanns, Florian Rummel, Christiane Weiss u. a.
Musik: Alper Maral
Regie: Stefan Fricke
Produktion: SWR 2016