Die Ampel muss weg! Die Kürzungen bei den Bauern müssen weg! Die Ungerechtigkeit bei den Löhnen im öffentlichen Dienst muss weg! Und weil so viel weg muss, sind in den vergangenen Wochen hunderttausende auf die Straßen gegangen – aber eben aus ganz verschiedenen Gründen: Zuerst die wütenden Bauern und mit ihnen einige, die früher schonmal gerufen haben „Merkel muss weg“.
Die Kolumne von Gerhard Leitner können Sie hier auch als Audio hören:
Unzufriedenheit entlädt sich in Protesten
Und dann waren zum Glück auch noch viele dabei, die sowieso alles - Menschen und Parteien -verhindern wollen, die von ganz rechts außen versuchen, unsere Demokratie zu zerstören – verbunden mit dem Ruf: Die AfD muss weg. Wieviel sich derzeit an Unzufriedenheit in Form von Demos ballt, ist schon bemerkenswert. Dazu kommen noch gleich mehrere Streiks. Zum Beispiel die der Lokführergewerkschaft, oder von ver.di, die es auf ihre Weise schaffen, Öffentlichkeit herzustellen.
In den 80er Jahren ging es mehr zur Sache
Fragt sich der interessierte Beobachter: Was tut sich da gerade? Spitzt sich da was zu? Werden da Räume gefüllt, wo die Politik Lücken hinterlässt? Und warum alles gleichzeitig? Erstaunlicherweise größtenteils friedlich. Da gab es schon ganz andere Proteste: Wackersdorf, 1986 gegen die Wiederaufbereitungsanlage für Brennstäbe mit hunderten Verletzten und Sachschäden in Millionenhöhe. Ähnliche Szenen davor in Brokdorf und Gorleben. Oder 1983 in Mutlangen: Sitzblockaden gegen den NATO-Doppelbeschluss und die Stationierung von Pershing-Raketen. Da ging es ganz anders zur Sache – da hat die Polizei noch geknüppelt. Von den Studentenprotesten Ende der 60er Jahre ganz zu schweigen. Selbst wenn heute auch einiges auf dem Spiel steht: Die meisten Protestierenden scheinen doch bereit, die Spielregeln einzuhalten. Bislang ist noch keine große Demo in Gewalt umgeschlagen.
Heftige Proteste auch in Frankreich
Ganz im Gegensatz zu Frankreich, wo schnell mal in Paris oder Marseille Mülltonnen und Autoreifen brennen, wenn die Bauern wütend sind oder die Bürger, wegen der Rentenreform. Aber das kann man nicht vergleichen. Die Franzosen haben ja immer noch eine Art Monarchie, da ist das Aufbegehren in vielen Generationen eingeübt. Und wir: haben einen…Bundeskanzler? Und weil viele schon vergessen haben, wie der heißt, hat Olaf Scholz in der Haushaltsdebatte in dieser Woche mal richtig laut auf die Opposition eingedroschen, sogar in freier Rede. Da hat er die richtigen Akzente gesetzt und gezeigt, dass die Regierung tatsächlich eine Spitze hat.
Und die nächsten Straßenumzüge sind schon geplant
Aber die nächsten großen Straßen-Versammlungen, bei denen die Politik – und nicht nur die der Regierung - wieder massiv ihr Fett abbekommen wird, zeichnen sich schon ab. In einer guten Woche: in Köln, Mainz und allen anderen Faschings- und Karnevalshochburgen – wenn Politik auf Pappmaschee trifft.