Im Südwesten gibt es mehrere erfolgreiche Auswilderungsprojekte. Eines der spektakulärsten ist das der stark gefährdeten Waldrappen: Vor etwa 400 Jahren ausgestorben, wird der schwarze Vogel mit dem langen roten Schnabel seit zehn Jahren wieder am Bodensee angesiedelt. Unterstützt wird das Projekt von der EU. In diesem Jahr haben die großen Vögel erstmals selbstständig eine natürliche Feldnische zum Brüten angenommen und darin sieben Jungvögel großgezogen.
Erfolgreiche Aussiedlung der Waldrappen am Bodensee
Wolfgang Fiedler vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie ordnet das aufwändige Projekt in einen größeren Zusammenhang ein: "Während dieser begleiteten Flüge sind auch Messungen gemacht worden zu Energieaufwand und solchen Dingen. Das kommt natürlich der Vogelzugforschung allgemein zugute."
Wiederansiedlungsprojekt ist in Gefahr Drohne stört Waldrappe in Überlingen beim Brüten
Eine noch unbekannte Drohne stört und verängstigt derzeit die in den Kalksteinfelsen bei Überlingen wiederangesiedelten Waldrappe. Die gänsegroßen schwarzen Vögel brüten dort gerade.
Fischadler und Steinkauz brüten wieder im Südwesten
Zudem breitet sich in Baden-Württemberg gerade der Fischadler aus. Lange Zeit galt auch er als ausgerottet. Vor knapp 100 Jahren noch gejagt, bestaunten zuletzt nicht nur Natur- und Vogelschützende drei Eier in einem Horst im Landkreis Rastatt. Kunstnester, die mit viel Aufwand hoch oben angebracht wurden, haben den Fischadler wieder nach Deutschland locken können.
Durch die Auswilderung soll der Steinkauz im Kreis Karlsruhe wieder angesiedelt werden. Dazu haben Naturschützer zehn Junge ausgewildert.
Im Luchsprojekt Pfälzerwald wurden 20 Luchse in das dortige Biosphärenreservat umgesiedelt. Mittlerweile haben sich die Luchse auch in angrenzende Gebiete ausgebreitet und in diesem Jahr gabs erneut Nachwusch.
Modellregion Das Biosphärenreservat Pfälzerwald: Lebensraum für Mensch und Tier
Im Süden von Rheinland-Pfalz befindet sich das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands: der Pfälzerwald. Seit den 90ern ist er UNESCO-Biosphärenreservat.
Hoffnung für Aale – Erfolg noch unklar
Ein weiteres Projekt zur Auswilderung bedrohter Tierarten sind die Aale in Rhein, Mosel und Saar. Der Fisch steht auf der Roten Liste. Als Gründe werden vor allem veränderte Strömungsverhältnisse im Atlantik angeführt, so dass der Aal nicht mehr bis nach Deutschland kommt. Vergangenes Jahr wurden daher mehrere Hunderttausend junge Aale ausgesetzt. Wie erfolgreich das war, ist noch nicht bekannt.
Das Bundesamt für Naturschutz gibt zu Bedenken, dass in Deutschland zahlreiche Projekte zu Wiederansiedlungen in den verschiedenen Bundesländern für verschiedenste Arten durchgeführt wurden. Dabei war nicht jede Auswilderung tatsächlich sinnvoll. Der Erfolg der durchgeführten Maßnahmen lässt sich oftmals vorab nicht voraussehen, heißt es dort.
Auswilderungen sind immer ein Abenteuer
Nicht alle ausgewilderten Tiere haben eine Chance. Das hat der Fall von Luchsdame Fenja im Nordschwarzwald gezeigt. Vor Kurzem wurde sie fast tot aufgefunden und konnte nicht mehr gerettet werden. Die Gründe dafür sollen noch geklärt werden. Das Projekt sei damit aber nicht gescheitert, sagen die Verantwortlichen. Weitere Auswilderungen würden folgen. Auswilderungsprojekte brauchen oft viel Geduld.
Das Pilotprojekt zur Auswilderung von Wisenten im Rothaargebirge dagegen wurde als gescheitert erklärt. Nach Einschätzung des WWF liegt das an der mangelnden Kommunikation mit den Anwohnenden im Vorfeld.
Auswilderungen erfordern immer eine vielschichtige Vorbereitung: Es kommt auf die Tierart und die Umgebungsbedingungen an. Pflanzenfresser kämen besser klar als Tiere, die Beute jagen müssen, sagt Torsten Schmidt vom Bund gegen den Missbrauch von Tieren: "Manchmal müssen sie das erst noch richtig lernen."
Erhalt des Lebensraumes geht vor Auswilderung
Auch die Reproduktionsfähigkeit der Tiere spielt nach Einschätzung des Tierschützers eine Rolle: "Wenn Amphibien einen großen Laich absetzen, ist die Chance auf Nachkommenschaft und Arterhalt größer als bei dem Säugetier Luchs, das im Jahr nur einmal gebärt."
Auswilderungen könnten sinnvoll sein, sagt der Tierschützer, schränkt aber gleichzeitig ein: "Manche wirken jedoch auch wie Trial und Error". Die Tiere müssten sich dann unter hohem Stress durchkämpfen. Für Torsten Schmidt steht daher fest: "Der Erhalt der Natur und des Lebensraumes der Tiere hat Vorrang vor der Auswilderung."
Der WWF bereitet seine Projekte sorgfältig vor
Arnulf Köhncke, Leiter Artenschutz beim WWF, versichert, dass die Auswilderungsprojekte der Organisation alle mit viel Aufwand vorbereitet und auch wissenschaftlich begleitet würden. Zuständige Behörden würden einbezogen. Für den Arterhalt von manchen Tieren seien diese Projekte unverzichtbar. "In Deutschland haben wir einen großen Teil der Natur schon zerstört."
Gelinge eine Auswilderung in noch geeignetem Lebensraum, habe das großen Nutzen für Mensch und Natur, hebt er hervor: "Tiere erhalten unser gesundes Leben. Gelungene Auswilderung kann das Ökosystem stabilisieren", ist Arnulf Köhncke überzeugt. Lebensraum erhalten und gleichzeitig Auswildern, um Arten zu erhalten – für den WWF sei beides gleich wichtig.
Zoos spielen eine wichtige Rolle beim Arterhalt
"Gut geführte und international anerkannte Zuchtprogramme in Zoos können einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz, zu Forschung und Umweltbildung leisten", so der WWF.
Kritik kommt dagegen von Torsten Schmidt vom Bund gegen Missbrauch von Tieren: "Auf diese Weise erhaltene Tierarten sehen zwar aus wie das Original, verhalten sich aber anders aufgrund von Gefangenschaft und Hege". Er spricht dann von "lebenden Museumstücken" und "vermeintlichen Reservepopulationen", die man bewahre.
Grundsätzlich fordert der Tierschützer Zoos dazu auf, Geld für den Artenschutz vor allem in Bemühungen zu stecken, den natürlichen Lebensraum der Tiere zu bewahren. Damit sie dort von vorneherein eine Chance zum Überleben hätten.