Auf dem Weg zur Alltagsdroge?

Kokain - mehr Straftaten und mehr Konsum in Rheinland-Pfalz

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Autor/in
Martin Heuser
Martin Heuser ist Redakteur bei SWR Aktuell in Rheinland-Pfalz

Die Zahl der Straftaten in Zusammenhang mit Kokain ist in Rheinland-Pfalz in den vergangenen drei Jahren stetig gestiegen. Entsprechende Zahlen teilte das LKA auf SWR-Anfrage mit.

Im vergangenen Jahre registrierte das Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz 1.432 Delikte im Zusammenhang mit Kokain und Crack. Das ist eine Zunahme von 324 Fällen (+29,2 Prozent) gegenüber 2022. Im Gegensatz dazu ging im gleichen Zeitraum die Gesamtzahl der registrierten Rauschgiftdelikte im Land um ein Drittel zurück. Bei Cannabis sank die Zahl infolge der Legalisierung ab Februar 2024 sogar um mehr als die Hälfte. Und auch bei der weit verbreiteten Droge Amphetamin registrierten die LKA-Ermittler einen Rückgang um 12,7 Prozent auf 3.556 Fälle.

Bei den Zahlen handelt es sich um abgeschlossene Ermittlungsverfahren, die an die Staatsanwaltschaften übergeben wurden. Laufende Verfahren sind nicht mitgezählt.

Kokain-Straftaten nehmen stetig zu

Von 2022 bis 2024 lässt sich ein stetiger Anstieg der Kokain- und Crack-Straftaten beobachten. Bei der Mehrzahl der Fälle ging es um den unerlaubten Besitz (1.109 Fälle/+34,1 Prozent) und den Handel mit Kokain (167 Fälle/+11,3 Prozent).

Neben den Statistiken des LKA weisen auch andere Zahlen darauf hin, dass das weiße Pulver offenbar immer mehr zu einer Alltagsdroge in Rheinland-Pfalz geworden ist. So stellte die Hochschule Koblenz in einer Untersuchung im Jahr 2022 fest, dass sich im Abwasser der Städte Koblenz und Neuwied deutliche Mengen von Kokain und dessen Abbauprodukten fanden, die "auf einen beachtlichen Betäubungsmittelkonsum im Bereich Koblenz/Neuwied schließen lassen", so die Studie.

Grafik: Anstieg der Drogendelikte bei Kokain um knapp 30 Prozent
Zu- und Abnahme von Straftaten in Zusammenhang mit Kokain, Cannabis un Amphetamin in den Jahren 2022 bis 2024 in Prozent.

Keine "Schickimicki-Droge" für Reiche mehr

Das bekommt auch Can Depré, Leiter des Zentrums für ambulante Suchtkrankenhilfe der Caritas Koblenz, zu spüren. "Seit Corona bemerken wir einen deutlichen Zuwachs der Anfragen in Zusammenhang mit Kokain", sagt er im Gespräch mit dem SWR. Wie die Wissenschaftler der Koblenzer Hochschule vermutet auch er, "dass es eine hohe Verfügbarkeit von Kokain zu geben scheint". Häufig seien es Männer zwischen 25 und 40 Jahren, die die Beratungsstelle aufsuchten.

Seine Klientel kommt dabei aus allen sozialen Schichten. Kokain, das bestätigt auch Depré, ist längst keine "Schickimicki-Droge" für die Reichen mehr. Das könnte daran liegen, dass der Straßenverkaufspreis von etwa 75 Euro pro Gramm (Stand 2023) gerade für berufstätige Menschen durchaus erschwinglich ist.

Bis zu 10.000 Euro in zwei Monaten "verschnupft"

Problematisch wird es laut Depré, wenn sich der anfängliche "Probierkonsum" zu einer Sucht entwickelt. "Da werden dann in sechs bis acht Wochen schon mal mehr als 10.000 Euro für Kokain ausgegeben." Dann drohe eine immense Verschuldung. Die Abhängigen würden häufig von ihrem sozialen Umfeld wie Familie, Partnern oder Freunden gedrängt, die Beratung aufzusuchen.

Aus eigenem Antrieb kämen viele Kokain-Konsumenten seltener. Da die Droge leistungssteigernd und euphorisierend wirke und das Selbstwertgefühl steigere, falle es vielen Süchtigen sehr schwer, auf den Konsum zu verzichten, so Depré.

Mehr Arztbesuche wegen Kokainkonsum

Dass immer mehr Menschen in Rheinland-Pfalz Kokain schnupfen, belegen auch Zahlen des BARMER-Suchtatlas, die Anfang Januar veröffentlicht wurden. Danach hatten sich 2023 landesweit 1.690 Patientinnen und Patienten wegen einer Kokainsucht behandeln lassen - 28 Prozent mehr als im Jahr 2019. Die Krankenkasse geht davon aus, dass das wahre Ausmaß des Kokainmissbrauchs noch viel größer ist, da nicht alle Konsumenten zum Arzt gingen.

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