Angefangen mit Hildegard von Bingen, die von der katholischen Kirche als Heilige verehrt wird, bis hin zu Özlem Türeci, die mit Impfstoffen erst gegen Corona und jetzt wieder gegen Krebs kämpft: Rheinland-Pfalz ist ein Land, in dem Frauen Geschichte geschrieben haben. Zum Weltfrauentag zeigt SWR Aktuell eine Auswahl der einflussreichsten Frauen des Landes.
Hildegard von Bingen: Die Heilige
Wenn es um bedeutende Frauen aus Rheinland-Pfalz geht, kommt man an Hildegard von Bingen nicht vorbei. Immerhin beeinflusste die Gelehrte im 12. Jahrhundert nicht nur die Kirche, sondern auch Politik, Medizin und sogar die Musik. Nach ihrem Tod wurde Hildegard von der katholischen Kirche nicht nur heilig gesprochen, seit 2016 ist auch ein Mondkrater nach ihr benannt.
Martha Saalfeld: Die Märchenhafte
Die Schriftstellerin wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Landau geboren. Vor dem Zweiten Weltkrieg veröffentlichte sie eine erste Sammlung von Gedichten, bevor die Nationalsozialisten ein Publikationsverbot gegen sie verhängten. Nach Kriegsende erschienen in kurzen Abständen Erzählungen, Gedichte und Romane von ihr. Unter anderem Hermann Hesse würdigte Saalfelds Werke für das Märchenhafte und Magische, das von ihnen ausgeht.
Anna Seghers: Die Realistin
Zwar erblickte Anna Seghers am 19. November 1900 in Mainz das Licht der Welt, den Großteil ihres Lebens verbrachte die Schriftstellerin allerdings in Berlin. Weltweiten Erfolg erlangte Seghers mit ihrem Roman "Das siebte Kreuz", der von der Flucht einiger Häftlinge aus einem Konzentrationslager handelt. 26 Jahre lang war sie Präsidentin des Schriftstellerverbandes der DDR. Zwei Jahre vor ihrem Tod wurde Seghers 1981 zur Ehrenbürgerin der Stadt Mainz ernannt.
Lea Ackermann: Die Freiheitskämpferin
Der Kampf für mehr Frauenrechte war das Lebenswerk von Lea Ackermann. Mehr als 30 Jahre lang setzte sie sich für Frauen ein, befreite Hunderte aus der Zwangsprostitution. 1985 gründete sie in Boppard den Verein SOLWODI in Deutschland. Die Abkürzung steht für "Solidarity with Women in Distress". Ackermann lebte zuletzt in einem Seniorenzentrum in Trier und starb im vergangenen Oktober im Alter von 86 Jahren nach einer Operation.
Joy Fleming: Die Kurpfälzerin
Untrennbar mit der Stadt Mannheim verbunden, aber doch in der Pfalz geboren. Als Erna Raad kam Sängerin Joy Fleming 1944 in Rockenhausen zur Welt. In Mannheim gilt sie als Ikone. Ihr ESC-Song "Ein Lied kann eine Brücke sein" wurde zum deutschen Kulturgut und inzwischen trägt mit dem "Joy-Fleming-Ring" sogar eine Straße in Mannheim ihren Namen.
Jeanette Rott-Otte: Die Belächelte
Der damalige Ministerpräsident Rudolf Scharping machte Jeanette Rott-Otte (beide SPD) 1991 zur ersten Frauenministerin des Landes Rheinland-Pfalz - oder vielmehr zur Ministerin für die Gleichstellung von Frau und Mann, so der korrekte Titel. Doch der sei damals sehr ins Lächerliche gezogen worden: "Da brauchen wir jetzt auch noch ein reines Männerministerium", sei die Reaktion vieler gewesen, so Rott-Otte in einem früheren Interview mit dem SWR.
Ursula Krechel: Die Vielseitige
Sie ist Ehrenpräsidentin des deutschen Schriftstellerverbandes PEN und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande: die gebürtige Triererin Ursula Krechel. Die Schriftstellerin hat zahlreiche Gedichte, Romane, aber auch Hörspiele und Theaterstücke geschrieben. Ein häufiges Thema ihrer Werke: Emanzipation. Krechel lebt und arbeitet heute in Berlin.
Mary Roos: Die Valente vom Mäuseturm
Am 9. Januar feierte Schlagersängerin Mary Roos ihren 75. Geburtstag. Auch wenn sie sich seit 2019 im Schlager-Ruhestand befindet, hat die Bühne sie noch nicht losgelassen. Gemeinsam mit Kabarettist Wolfgang Trepper tourt sie mit dem Programm "Nutten, Koks und frische Erdbeeren" durch Deutschland. Die "Valente vom Mäuseturm", wie Roos aufgrund ihres Geburtsortes genannt wird, gilt als eine der bekanntesten Schlagersängerinnen des Landes.
Birgit Collin-Langen: Die Kommunalpionierin
1956 in Trier geboren, 1984 in Bingen heimisch geworden und 1996 zur ersten Frau ins Amt der Oberbürgermeisterin einer rheinland-pfälzischen Stadt gewählt worden. Birgit Collin-Langen (CDU) war eine Pionierin der Kommunalpolitik und leitete 16 Jahre lang das Binger Rathaus. Danach legte sie ihr Amt nieder und wechselte ins Europäische Parlament, wo sie bis 2019 die CDU als Abgeordnete vertrat.
Julia Neigel: Die Außerirdische
In Sibirien geboren zog die Familie von Julia Neigel 1971 nach Ludwigshafen. Die Sängerin war damals fünf Jahre alt. Musikalisch hieß es erst Blockflöte, später Punk-Band. Außerdem gehörte Neigel zur Aufstiegsmannschaft der Ludwigshafener Handballerinnen, die es 1981 in die Bundesliga schaffte. Mit der Jule Neigel Band feierte sie als Pop-/Rock-Sängerin große Erfolge. Udo Lindenberg bezeichnete sie wegen ihrer Performance als "außerirdische Erscheinung". Seit dem Beginn ihrer Karriere setzt sich Neigel für soziale Zwecke ein. Zuletzt machte sie aufgrund eines Verfahrens gegen die Corona-Schutzverordnung Schlagzeilen.
Özlem Türeci: Die Wissenschaftlerin
Als das Biotechnologieunternehmen BioNTech 2008 in Mainz gegründet wurde, kannten wohl nur Experten den Namen der gebürtigen Siegenerin Türeci. Inzwischen ist die 57-Jährige eine Art Wissenschafts-Star, nachdem es ihrer Firma gelang, einen Impfstoff gegen Covid-19 zu entwickeln. Türeci ist zwar nicht in Mainz geboren, sagt aber über sich selbst und ihren Mann: "Wir können als Meenzer gelten. Denn wenn man von seinem Zuhause den Dom sieht, dann ist man Meenzer, egal ob man hier geboren wurde oder nicht."
Sabine Schmitz: Die Königin des Nürburgrings
Der Motorsport wurde Sabine Schmitz in die Wiege gelegt: Das elterliche Hotel stand innerhalb des Nürburgrings und so wuchs Schmitz zu den Klängen röhrender Motoren und quietschender Reifen auf. 1996 war sie die erste Frau, die das 24-Stunden-Rennen auf der legendären Nordschleife gewinnen konnte. Nach eigenen Angaben drehte sie mehr als 20.000 Runden über die "Grüne Hölle". Schmitz erlag 2021 einem Krebsleiden. Seitdem trägt eine Kurve auf der Nordschleife ihren Namen.
Andrea Nahles: Die Bundesministerin
Andrea Nahles war nicht nur die erste Frau, die zur SPD-Parteivorsitzenden gewählt wurde, sondern auch die erste weibliche Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Zuvor war sie von 2013 bis 2017 Bundesarbeitsministerin in der Großen Koalition unter Angela Merkel. Nachdem der Druck auf Nahles aufgrund von schlechten Wahlergebnissen immer größer wurde, zog sie sich aus der Politik zurück. Seit August 2022 ist sie Vorstandsvorsitzende der Agentur für Arbeit.
Miriam Welte: Die Olympiasiegerin I
Ein Olympiasieg (2012 in London), fünf Weltmeistertitel, vier gewonnene Europameisterschaften und zahlreiche deutsche Meistertitel: Die Pfälzerin Miriam Welte hat so ziemlich alles gewonnen, was es im Bahnradsport zu gewinnen gibt. Nach ihrer aktiven Karriere wurde sie zur Vizepräsidentin des Deutschen Olympischen Sportbundes gewählt und war als Olympia-Expertin für SWR1 am Mikrofon.
Ricarda Funk: Die Olympiasiegerin II
Ricarda Funk ist die zweite Olympiasiegerin in dieser Liste. Sie gewann ihre Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Tokio 2020 im Einer-Kajak im Slalom. Vier Weltmeistertitel, drei Europameistertitel und zahlreiche weitere Medaillen sprechen für sich. Funk gelang dabei Historisches: Da die Olympischen Spiele wegen der Corona-Pandemie auf das Jahr 2021 verschoben wurden, war Funk die erste und bislang einzige Kanuslalom-Fahrerin, die in einem Jahr Olympia und die Weltmeisterschaft gewinnen konnte.